Ungerechtigkeit

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Wir rannten so schnell wir konnten in die Richtung des Schreis. Vor uns durchschnitt ein Fluss die Felsen. Für Rost stellte er kein Problem da, für mich allerdings... Das Wasser schwappte mir bis zu den Knien, versuchte mich mit sich zu reißen. Eine Gänsehaut breitete sich über meinen gesamten Körper aus, als das eiskalte Wasser meine Kleidung durchnässte. Doch ich schleppte mich tapfer weiter.
Kaum war ich dem Fluss entkommen, stieß ich auf harten brüchigen Fels.
Als wir den nächsten großen Felsen umrundet hatten, blieb ich außer Atem neben Rost stehen. Vor uns erstreckte sich ein kleines Tal, mit viel Vegetation. Hier und dort wuchsen Bäume, Felsbrocken lagen verstreut herum und ein kleiner -wirklich keiner- Fluss schlängelte sich durch grüne Wiesen. Eine Herde von Läufern grasten dort und vereinzelte Wächter hielten Ausschau nach Feinden.

Von einer der hohen Felswände uns gegenüber kamen verzweifelte Laute. Sie stammten von dem Jungen. Dieser hing nur noch mit einem Arm an einer schmalen Felskante.
Plötzlich rutschten seine Finger ab. Mit einem panischen Schrei stürzte er ab. Einer Seits konnte man von Glück sagen, dass der Berg mit Bäumen, Sträuchern und Ranken bewachsen waren, welche den Fall abbremsten, allerdings wurden die Maschinen direkt aufmerksam.
Erschrocken holte ich Luft.
Entschuldigend legte Rost seine Hand auf meine Schulter: "Ich kann nichts tun, Aloy. Er hat sich wahrscheinlich etwas gebrochen. Ich könnte ihn nicht schnell genug in Sicherheit bringen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Maschinen den Jungen sehen und töten. Wenn ich schieße, würde ich sie aufschrecken und sie würden ihn zertrampeln."
Geistesgegenwärtig aktivierte ich meinen Focus. Sofort leuchteten zwölf Maschinen in der Umgebung auf. Allerdings sah ich nicht nur ihre Schwachpunkte sondern auch ihre Wege. Das musste es sein!

"Aber ich weiß, wo sie hinlaufen!", rief ich flehend.
"Erzähl keine Märchen."
"Es stimmt! Ich schleiche mich durch." 
Vorsichtig krabbelte ich nach vorne, doch plötzlich packte mich Rost von hinten: "Das wirst du nicht."
Aber ich muss dem Jungen helfen. Wenn nicht stirbt er. Das kann ich nicht zu lassen, nicht wenn ich es verhindern kann! Mit diesen Gedanken riß ich mich von Rost los. Dieser versuchte mich noch zu fassen, allerdings verlor ich nur mein Gleichgewicht und viel über die kleine Kante.
"Aloy!", rief er gepresst. Jedoch blieb er zurück.
Ein Wächter war genau bei unserer Position stehen geblieben. Er zog aber weiter.
Vertrau mir, Rost. Ich schaffe das.
Ich tauchte in das rote Gras ab. Wieder scannte der Wächter seine Umgebung, doch lief er seinen Weg wie gewohnt weiter.
Ich muss das langsam machen und leise. Sie dürfen mich nicht sehen.
Kaum hatte der Wächter mir den Rücken zu gedreht, schlich ich mich rüber ins nächste Grasversteck.
Auch den nächsten Wächter konnte ich ohne größere Schwierigkeiten umgehen. Nun war ich an dem kleinen Fluss angelangt. Auf der anderen Uferseite lief ein weiterer Wächter seine Bahnen. Doch dieses Mal musste ich noch vorsichtiger sein, denn er bewachte zwei Läufer. Diese grasten auf der Wiese und waren völlig entspannt. Aber wie ich gelernt hatte, konnte sich das schnell ändern.

Ich wartete also. Kaum war die Situation günstig genug, versuchte ich ungesehen über den Fluss zu kommen und im nächsten Gras zu verschwinden.
Geschafft! Da vorne ist der Junge!
Er lag gut versteckt hinter einer kaputten Steinwand. Vermutlich Überreste der Alten.
Ich tippte den Jungen an seiner Schulter an: "Hey."
"Au....ah-was...?", gab er von sich, als er sich mühsam versucht aufzurichten. Anscheinend hatte er sich nur den Arm verletzt.
"Psssst! Folge mir!"
Komentarlos folgte er mir. Jetzt mussten wir nur noch ungesehen zurück gelangen.
"Wie gehst du ihnen aus dem Weg?"
Ich antwortete nicht. Ich musste mich hier verdammt nochmal konzentrieren...
Und weiter ins nächste Gras.
"Wie machst du das?", er ließ nicht locker. Wieder antwortete ich nicht. Wir passierten den nächsten Wächter.
"Wie ist das möglich?", mitlerweile sprach er anscheinend mit sich selbst.
Geschafft. Ich krabbelte auf Rost zu, welcher auf uns wartete. Er half mir auf. Ich hatte ein schlechtes Gewissen. Nicht sauer sein. Ich habe es doch geschafft...
Plötzlich reichte er mir meinen Bogen und deutete auf meinen Focus: "Also... Ist das kein Spielzeug."
Ich nickte kaum merklich. Wir erhoben uns.
"Warte... Urmutter beschütze sie. Beschütze euch beide", kam es von Tep hinter uns.
Schützend stellte Rost sich vor mich.
"Sie-"
Plötzlich rief eine gehässige Stimme: "Junge!"
" -rettete mich. Ich-"
"Junge!" Ein älterer Mann kam angelaufen und schrie Teb an: "Sei jetzt ruhig!"
Dieser zog schützend seinen Kopf ein. Hinter ihm kamen zwei weitere angelaufen.
In unsere Richtung meinte der Mann: "Sie sind Ausgestoßene, beide. Und sie... ist mutterlos." Verängstigt schaute ich hinter Rosts Umhang hervor.
Der Mann drehte sich wieder um.
"Komm jetzt. Zurück nach Mutterherz." Er schlug Teb auf den Hinterkopf. Sie liefen davon.
Warum hat Rost nichts gemacht? Warum hat er sich, mich nicht verteidigen? Er hat es einfach so hingenommen...
Ein Träne rann mir über die Wange. Wieso sind alle so gemein zu uns?

"Der Junge hätte nicht mit uns reden dürfen, das ist gegen das Gesetz", ich wandte mich ab, "Gehen wir nach Hause. Komm mit."
Wütend rannte ich voraus: "Ich kenn den Weg!" 

Warum? Warum? Ich hatte ihm das Leben gerettet! Und er durfte sich nicht einmal bedanken! Was war das für ein Gesetz? Was für ein Leben? Sollte ich immer ignoriert werden? Nur wegen einem blöden Gesetz?!
"Halt den Mund, Junge...halt bitte den Mund, Junge. Junge... halt bitte den Mund, Junge. Bitte", äffte ich den unfreundlichen Mann nach.

Plötzlich bekam ich einen Stein an den Kopf geworfen. Vor Schreck ließ ich meinen Bogen fallen und hielt mir die Stirn. Als ich auf meine Hand sah, war sie rot gefärbt. Ich blutete.
"Bleib weg!", schrie der Junge von gestern. Bast. Er stand auf einem Hügel und grinste gemein. Er hatte den Stein geworfen.
Sogleich schmiss er noch einen nach mir. Doch dieses Mal fing ich ihn nur mit einer Hand aus der Luft. Die anderen Kinder hinter Bast machten erstaunte Gesichter.

Ich ließ meine Hand sinken. Ich könnte ihn jetzt ebenfalls abwerfen, aber dann wäre ich nicht besser als er. Ich ließ meinen Stein fallen.

Wütend schaute ich zu Bast rauf. Sein Gesicht drückte Verachtung aus. Er holte erneut mit seinem Arm aus, um den nächsten Stein nach mir zu werfen.
Doch plötzlich packte ein Mädchen sein Handgelenk und hielt ihn zurück: "Stopp!"
Sie hilft mir?
Wütend ließ Bast den Stein fallen.
Aus der Ferne erklang die Stimme einer Frau: "Kiner, weg von dort! Weiter Beeren pflücken!" Sofort verschwanden sie in die Richtung.

Alle Anspannung verließ meinen Körper. Erst jetzt merkte ich wie weh mir tatsächlich meine Stirn tat.
"Du blutet. Lass mich mal sehen", Rost war nun auch bei mir angekommen.
Besorgt beugte er sich zu mir runter. Aus seinem Medizinbeutel nahm er ein Tuch, es war mit irgendetwas getränkt, denn es brannte, als er es an meine Stirn drückte.
"Hier, halt still-", ich unterbrach ihn.
"Warum?" Rost ging nicht auf meine Frage ein.
"Warum bin ich ausgestoßen?"
"Aloy, jetzt ist nicht die Zeit-"
"Wer war meine Mutter?", fragte ich verzweifelt.
"Aloy... Ich hab's dir schon gesagt, das dürfen wir nicht wissen. Du warst noch ein Säugling, als die Stammmütter dich zu mir brachten", versuchte er mich zu beschwichtigen.
Doch jetzt war ich hellhörig geworden: "Und die Stammmütter wissen es?"
"Ach... So einfach ist das nicht."
"Aber sie wissen es?"
Rost wandte sich ab: "Aloy, wir sind Ausgestoßene-"
"Aber wie werden sie damit rausrücken?"

"Die Stammmütter? Das könnte vielleicht möglich sein-"
"Also wie denn?"
"Es wird gefährlich..."
"Wie?!", meine Stimme überschlug sich.
"Du müsstest viele Jahre üben."
"Ist mir doch egal!" Jetzt sag schon!
Ich griff nach seiner Hand:"Wie funktioniert es? Sag es mir!"
Er entriss sie mir wieder, wandte sich wieder ab.
"Die Erprobung, der Initiationsritus jedes Jahr. Die ihn bestehen, werden zu Kriegern, aber wer auch immer gewinnt, dem erfüllen die Stammmütter einen Wunsch."
Meine Mine hellte sich auf, jedoch fragte ich:"Einen Wunsch?"

"Ja, was immer der Sieger sich wünscht."
"Dann mach ich es! Egal wie schwierig. Ich werde gewinnen."
"Verstehe, dann lass uns anfangen. Dein Training wird sehr hart, und es wird viele Jahre dauern."

"Trainieren? Ja. Komm!"

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Huhu! Da bin ich schon wieder! 🙈
Ich denke das nächste Kapitel wird ein extra Kapitel, da es ja im Spiel zu dem Training  nur kurze Szenen gibt. Mal sehen wie ich es umsetzen kann.

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⏰ Letzte Aktualisierung: May 26, 2017 ⏰

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