Er trottete lustlos hinter seinen Freunden her und kein einziges Wort verlies seine Lippen auf dem gesamten Weg. Luca fragte ihn, ob alles okay sei und Sinan nickte nur und sagte: "Ich bin nur sehr müde." Ich glaubte ihm nicht wirklich, da war noch etwas, das ihn bedrückte. Die Dame hatte wohl Gefühle in ihm hochkommen lassen, die er nicht verdauen konnte. Vielleicht erinnerte ihn der Verrat an seine Mutter, die ihm nicht das gab, von dem sie eigentlich genug haben sollte. Liebe für ihren Sohn.
Während sich die anderen erfreut unterhielten und dabei in seine grünen Augen schauten, grinste er erzwungen, doch wenn sie wegsahen, verschwand das sympathische Lächeln sofort und er blickte bedrückt auf den Boden. Warum verstellt sich Sinan so sehr?
Ein schrilles Hupen durchbrach den Gedankenwall, der mich quälte. Ein Auto raste in Höchstgeschwindigkeit auf meinen Braunhaarigen und ich hatte kurz Angst, dass es schon zu spät war. Doch ich schaffte es noch rechtzeitig mich vor Sinan zu stellen und das Auto mit einem grellen Licht zu blenden, sodass es knapp auf die rechte Seite ausweichen musste. Seine Locken flogen ihm um die Ohren und er drehte sich aus Schreck um die eigene Achse.
Sofort packte Fabian ihn am Arm und zog Sinan von der nicht länger befahren Straße. Er schrie ihn direkt aufgebracht an: "Pass doch auf, Sinan!" Ich sah ihm an, dass er irgendwie traurig darüber war, dass er nicht überfahren wurde. Wieso wollte er das? Mochte er meinen Schutz nicht? Er nickte abwesend und lächelte verzweifelt.
Fabian half Sinan über die Straße und er hielt sich kurz an der Straßenlaterne fest, damit er nicht den Halt unter den Füßen verlor. Er hatte sich wohl doch mehr betrunken, als ich anfangs dachte, denn er lief schwankend neben seinen Freunden her und rempelte beinahe Leute an, wenn ich diese nicht ausweichen gelassen hätte. Er achtete gar nicht auf seine Umgebung, reagierte so, als wäre es selbstverständlich, dass ihm nichts passiert. Er merkte, dass ihm nichts passieren kann, wenn ich da bin, aber ihn interessierte das nicht. Er nahm es nicht einfach hin, sondern provozierte es sogar regelrecht. So unachtsam, wie er momentan war, konnte kein Mensch sein.
Ich wünschte, ich könnte ihm zeigen, dass ich wirklich da war.
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dandelion
Random»Mein Schutzengel war alles was ich je hatte. Ich hatte keine Freunde, ich hatte keine Glücklichkeit, doch vor allem hatte ich keinen Respekt vor dir.« Eine kurze Geschichte über einen Jungen, der sich im Leben verliert und einen Jungen, der diesen...