Erwachen

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Kyle.

Er ist alles was mir noch geblieben ist, von meiner Familie.

Er ist für mich eine Mischung aus großer Bruder, guter Freund und Vater.

Wir sehen uns nur noch sehr selten, denn mittlerweile hat er eine eigene Familie und ist deswegen kürzer getreten.

Er ist eigentlich derjenige, der das Projekt, mein Projekt, mich und meine Familie begleitet.

Er ist mein Pate.

Jedes neue Leben aus dem Labor bekommt einen Paten oder eine Patin, der einen ein Lebenlang zur Seite steht, auch wenn sich der Kontakt mit der Zeit immer verringert und man sich nur noch trifft um die alljährliche Untersuchung hinter sich zu bringen.

Kyle und ich haben uns versprochen das es bei uns anders wird, dass wir regelmäßig in Kontakt bleiben und ich mich immer an ihn wenden kann.

Es ist uns zwar in letzter Zeit nicht gut geglückt, wir haben uns schon sicher ein halbes bis dreiviertel Jahr nicht mehr gesehen, aber jedes Mal, wenn ich ihn wieder sehe ist es so, als wäre er nie weg gewesen.

Auch jetzt ist es so, aber auch nicht, denn er hat meine mir selbst  auferlegte Barriere der Leere, um mich vor meiner Angst vor dem Geschehenen zu schützen, durchbrochen.

Alles kam in dem Moment zurück in dem ich ihn erblickte, alles was passiert ist, ich hatte das Gefühl alles noch einmal zu erleben.

Ich weinte und weinte, die schlimmsten Bilder trieben sich in meinem Kopf herum, Leichenteile und Flammen ich hatte so gar den Geruch der Verbrennung wieder in der Nase, hörte die Schreie der Sterbenden, die darauf folgende Stille und diese Melodie, sie ist unerträglich, weil sie so ruhig, verheißungsvoll und wunderschön über all das Schreien hinweg erklang, immer und immer wieder spielte es sich ab.

Nach dem ich in Kyles Armen zusamm geklappt bin, hat er mich zurück zu den Sitzen gebracht und als ich nicht aufhörte zu weinen ließ er einen Arzt rufen, der mir ein Beruhigungsmittel gab, doch von all dem bekam ich kaum was mit, denn ich befand mich in meinem persönlichen Albtraum.

Ich weiß nicht wo ich bin, ich liege auf einem dunklen Sofa und bin in eine bunte Decke gehüllt.

Gebannt starre ich weiterhin an die weiße Decke.

Ich bin total fertig, obwohl ich ausgeschlafen bin und auf die Toilette müsste ich auch mal, habe aber eigentlich keine Lust aufzustehen und sie zu suchen.

Zum ersten mal wende ich meinen Blick zur Seite, keinen halben Meter entfernt steht ein Wohnzimmertischchen mit einem Wasserglas, das noch ganz gefüllt ist.

Mir gegenüber steht noch ein Sofa und am rechten Tischende sitzt Kyle schlafend in einem braunen Ledersessel.

Möglichst leise, um Kyle nicht zu wecken, stehe ich vom Sofa auf und mache mich auf die Suche nach einem Badezimmer.

Die Tür vom Wohnzimmer, in dem ich mich befinde, ist nur angelehnt, weshalb ich ziemlich geräuschlos aus dem Zimmer komme.

Nun befinde ich mich in einem Flur, an dem mehrere Türen abgehen.

Ich versuche mich einfach an der ersten Tür, die direkt gegenüber liegt, in dem ich sie leise und vorsichtig öffne.

Ich werfe einen Blick durch den Spalt und blicke in das Innere einer Küche, in der Mitte steht ein großer Tisch und an genau diesem sitzt eine Frau, welche mich jetzt neugierig betrachtet.

"Komm ruhig rein und setzt dich zu mir." sagt sie auf Deutsch und lächelt.

Ich bin im ersten Moment zu erschrocken, als dass ich reagieren kann und starre sie nur erstaunt an, ich hatte nicht erwartet jemanden der wach ist zu begegnen, da es noch sehr früh ist.

Elementary - Was bei ein Fehler im Labor passieren kannWo Geschichten leben. Entdecke jetzt