Endlich kam die Truppe am Waldstück an.
Die riesigen Bäume mit dichtem, dunkelgrünem Laub, welches auch den Boden in einer dicken Schicht bedeckte, schienen uralt.
Hier im Schutz der Bäume war es allerdings noch kälter und fast jeder Soldat zitterte nun und sehnte sich nach den warmen Temperaturen ihrer Heimat Cantaleens.
Victoan sandte einige Kundschafter aus, dessen Aufgabe es war, die Umgebung zu erkunden.
Zur Sicherheit wurde jedem der losgeschickten Männer noch ein Soldat hinterhergeschickt, der im Notfall zurückkehren und berichten konnte.
Entgegen der Befehle fingen die Männer schon an ihre Lager aufzubauen.
Eigentlich wäre es besser, erst auf die Rückkehr der Kundschafter zu warten, da Feinde in der Nähe sein könnten. Vermutlich wären sie in diesem Fall schon entdeckt worden, ein Heer, oder besser ein Teil davon, war selbst
Ihr Befehlshaber quittierte dies nur mit einem Stirnrunzeln, denn auch er fühle sich in seiner nassen Feldkleidung und der Anstrengung nicht besonders gut, dazu kam noch, dass er die ganze Nacht nicht geschlafen hatte.
Seine Arme schmerzten immer noch vom Halten des Steuerrades und mit seinem linken Knie hatte er in letzter Zeit immer wieder Probleme.
Aber all dies merkte man ihm nicht an, er gab sich alle Mühe unnahbar stark zu wirken.
Soldaten folgten eher ihrem Anführer, wenn sich dieser nicht nur in einer Sänfte transportieren ließ.Währenddessen sich Ferrya ungeachtet der möglichen Gefahren etwas tiefer in den Wald hinein, auf der Suche nach einer kleinen Lichtung oder einem Platz, wo sie in Ruhe verschnaufen konnten.
Das Laub unter ihren Füßen federte bei jedem ihrer Schritte und auf einem Ast in der Nähe stimmte ein Vogel sein Lied an.
Fast vergaß Ferrya, in welcher Situation sie sich befanden, hier wirkte alles so friedlich und natürlich.
Doch der Schein trügt, dachte sie und blickte um sich, in der Erwartung, jeden Moment von kreischenden, halbnackten Wilden überwältigt zu werden.
Sie ignorierte die Stimme in ihrem Kopf, die ihr zuflüsterte, sie solle gefälligst in der Nähe der Soldaten bleiben und bahnte sich ihren Weg zwischen den dicken Baumstämmen hindurch.
Viel Gestrüpp wuchs hier zum Glück nicht, zum Einen drang zu wenig Licht durch die Blätterkronen hinab, zum Anderen nahmen die knorrigen Wurzeln der größeren Bäume den Keimen jegliches Wasser weg.
Plötzlich bemerkte sie einen großen Stein, der inmitten des Laubes und der Wurzeln etwas fehl am Platz wirkte.
War dieser Stein auf natürlichem Wege an diese Stelle gelangt?
Neugierig stieg die junge Frau über eine große Wurzel, um ihn näher zu betrachten.
Jetzt fielen ihr auch seltsame Muster und Gravuren, die in den Stein eingemeißelt waren, auf.
Von nur einer Seite war der Stein mit Flechten und Moos bewachsen, in einem Buch im Schlafgemach ihres Vaters hatte sie gelesen, dass man daraus die Himmelsrichtungen ablesen konnte, denn im Norden schien niemals die Sonne und schuf so ein perfektes Klima für feuchtigkeitsliebende Pflanzen.
Der Stein musste also schon eine Weile dort liegen.
Aber wer hatte ihn dort hingelegt? schoss es ihr durch den Kopf.
Die Muster zeigten zum Teil auch ganze Bilder. Ferrya erkannte eine Schlange, Schwerter sowie Bäume, alles von merkwürdigem Zeichen umgeben. Und mittendrin war ein großes Auge eingraviert, das sie förmlich zu beobachten schien.
Vielleicht ist das ein Grenzstein des Reviers der Wilden und wir alle sind mittendrin!
So langsam wurde ihr unwohl und Ferrya wollte nur noch weg von hier.
Schnell wandte sie sich um und spürte auf dem ganzen Rückweg den Blick des Auges schwer auf ihrem Rücken lasten.Ferrya war froh, sich den Rückweg gut gemerkt zu haben, sie erreichte die Gruppe der Soldaten ohne Zweifel an der Richtung gehabt zu haben.
Auf den Fußballen Wippen stand sie da, überlegte ob sie ihrem Vater von dem Stein erzählen.
Vielleicht wusste er ein wenig mehr über Territorien der Wilden. Dass diese ihr Revier mit erhobenem Bein, wie Hunde markierten, war auszuschließen, aber mehr Wissen über die Einwohner Venthaks hatte Ferrya nicht.
Zögerlich schlug sie den Weg zu einer Versammlung aller wichtigeren Offiziere ein, erkennbar an den bronzenen Schulterplatten sowie den bordeauxroten Schärpen über den Brustpanzern.
Mit Sicherheit stand Victoan mittendrin und beratschlagte über ihr weiteres Vorgehen.
Schon beim Näherkommen konnte sie die raue Stimme ihres Vaters heraushören.
Doch als sie sich durch die sehr beschäftigten, herumliegenden Soldaten einen Weg gebahnt, dabei auf sämtliche Hände getreten war und provisorisch errichtete Zelte umgestoßen hatte, zerstreuten sich die Offiziere allmählich."Wo warst du denn?" Victoan hatte sie früher entdeckt, als sie ihn.
"Hab einen Spaziergang gemacht" antwortete sie und schob schnell hinterher: "bevor du fragst, ohne Bewachung."
Seine missbilligende Mine war Reaktion genug, damit sie der Standpauke entging, redete sie schnell weiter.
"Und ich habe einen Stein gesehen."
Sie machte eine Kunstpause.
Anscheinend hatte er doch nicht ganz so schlechte Laune, denn es schlich sich ein Lächeln auf seine Lippen, wenn auch nur ein dünnes.
"Unglaublich, ich habe noch nie einen Stein gesehen!"
Ferryas überraschtem Gesichtsausdruck war abzulesen, dass sie keinen Scherz von ihm erwartet hätte.
"Schön wär's, wenn es ein normaler Stein wäre, aber er hat Gravuren und Bilder drauf."
Komischerweise nahm Victoan die Entdeckung relativ gelassen, wenn auch sein Lächeln verschwand.
"Naja, diese Insel wird von wilden Eingeborenen bewohnt, da kann es vorkommen, dass sie ihre Spuren hinterlassen."
"Aber wenn der Stein ihr Revier markiert?"
Das Bild von einem Hund schlich sich wieder in ihre Gedanken.
"Die Kundschafter sind zurückgekehrt und haben keine Zivilisation in der Nähe entdeckt.
Dafür aber ein Feld mit getreideählichen Pflanzen, die höchstwahrscheinlich essbar sind. Hungern müssen wir also nicht mehr."
Deswegen hat er also so gute Laune.
Das war aber wirklich eine gute Nachricht, über die sich auch Ferrya freuen konnte, obwohl die Aussicht auf Getreidebrei morgens, mittags und abends, nicht grade Euphorie bei ihr auslöste.
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Zwischen den Fronten
AventuraEs gibt Zeiten, in denen man kämpfen muss. Aber es kommt auch die Zeit, in der man -so weh es auch tut- einsehen muss, dass es leichter ist, aufzugeben und loszulassen, als daran kaputt zu gehen. Durch eine unerwartete Springflut wird der größte Te...