1. Kapitel

499 35 11
                                    

Am nächsten Tag wache ich durch den abscheulichen Klang der Klingel auf. Verwirrt blicke ich um mich. Statt der gemusterten Tapete meines Zimmers sehe ich die Couch und anstatt in meinem Bett zu liegen, befinde ich mich auf dem Boden vor meiner Fensterbank. Das leere Weinglas steht immer noch auf dieser und meine Krücken sind auch verschollen.
Anstatt dass das Klingeln aufhört, ist es nun zu einem lauten Klopfen geworden. Mühsam stehe ich auf und hinke zur Tür. Youngbae steht vor dieser und wollte grade wieder klopfen. "Du musst meine Tür nicht einschlagen. Ich habe genug zu tun und Kopfschmerzen dazu!". Erstaunt starrt er mich an. Schmerzen durchzucktem meinen Rücken und qualvoll lehne ich mich an die Wand. Sofort ist Youngbae bei mir und stützt mich. Ohne große Mühen trägt er mich zu der Couch. "Was machst du bloß immer, Jiyongi?", seufzend setzt er sich neben mich.

Demonstrativ lasse ich meine Augen geschlossen. Ein erneutes Seufzen von meinem Freund und dann spüre ich, wie er aufsteht. Soll er mich doch auch noch alleine lassen... Meine Kopfschmerzen werden langsam wirklich schmerzhaft. Kurz darauf hörte ich wie Youngbae etwas auf dem Tisch abstellt. "Jiyongi? Mach die Augen auf!" Er kann mich mal. Die ganze Welt kann mich mal. Darauf spüre ich seine warme Hand, die mir meine Haare aus dem Gesicht streicht. "Jiyongiiii", sein Atem kitzelt und ich muss etwas lächeln "Mach die Augen auf... Frühstück ist fertig." Er hat Frühstück gemacht? Erstaunt öffne ich die Augen und sehe ein Glas Wasser, Tee und eine sehr große Schüssel mit Ramen und Gemüse. Grinsend sitzt der kleinere vor mir und hält mir das Glas hin, dazu reicht er mir eine Schmerztablette. Dankbar nehme ich diese. Danach fällt mein Blick auf die Schüssel. Alleine bei dem Gedanken an Essen könnte ich mich übergeben. "Du musst was essen. Es bringt nichts, wenn du jetzt 24 Monate nichts isst. Außer dass du das nicht überleben würdest. Und das hilft auch keinem!", wie ermutigend. "Dann wäret ihr mich Idioten wenigstens los", erwidere ich daher trocken. Als ich seinen geschockten Gesichtsausdruck sehe, bereue ich meine Aussage sofort.

Mit immer noch geschocktem Gesichtsausdruck nähert er sich mir und legt seine Hände an meine Wange, sodass ich gezwungen bin ihn anzusehen. "Kwon Jiyong! Hör mir mal genau zu! Du bist einer der liebenswertesten, nettesten, süßesten, fürsorglichsten, attraktivsten, hilfsbereitesten und schüchternsten Menschen, die ich kenne. Du bist ein talentierter Musiker und Produzent, ein Modegenie und guter Freund! Jeder hat Macken und Probleme, aber das macht keinen schlechten Menschen aus dir! Und nur, weil Seunghyun Hyung im Militär ist und ihr vielleicht Streit habt, ist das noch lange kein Grund sich aufzugeben! Verdammt Jiyong, ich bin hier, weil du mir unglaublich viel bedeutest und ich mir Sorgen mache. Ich lasse nicht zu, dass du hierbleibst und dein Leben an dir vorbeiziehen lässt. Glaub mir, ich werde jeden Tag kommen oder hierbleiben, wenn das nötig ist, und dafür sorgen, dass du isst, zur Physiotherapie gehst damit du diese blöden Krücken nicht mehr brauchst und wieder lächelst. Wenn es nötig ist, fahre ich mit dir nach Nonsan damit du dich mit Top Hyung aussprichst...".

Er legt seine Stirn an meine und holt Luft. Nun wieder ganz ruhig sieht er mich eindringlich an "Aber tu mir den Gefallen und mach weiter. Gib dich nicht auf Jiyong. Das würde ich nicht ertragen!". Damit steht er auf und lässt mich verwirrt zurück. So habe ich ihn noch nie erlebt. Ich höre den Schlüssel der Badezimmertür und dann Stille.

Ohne wirklich zu registrieren was ich mache, fange ich an das Frühstück zu essen. Ich wusste gar nicht, dass YB so gut kochen kann. Nach einer Zeit höre ich wieder das Klicken und Schritte. "Ich weiß, dass ich nicht der motivierendste bin. Diese Gabe wurde Daesung gegeben, aber bitte iss..." als er wohl hinter mir steht und die halbleere Schüssel sieht, verstummt er. Ich drehe mich zu ihm und sehe dunkle Augenringe und stark gerötete Augen. Sah er eben auch schon so schlimm aus?

Ich rücke etwas und er setzt sich neben mich. Wortlos halte ich ihm die Schüssel hin. Auch er nimmt die Stäbchen und isst dann. "Hast du das eben ernst gemeint, YB?", er starrt seine Schüssel an. Interessiert warte ich ab. "Was soll ich ernst gemeint haben?" "Was du zu mir gesagt hast", nun auch leicht lächelnd mustere ich ihn. Sieh mal einer an, ich lächle sogar wieder. "Klar..." er nickt langsam und stellt die leere Schüssel ab. "Jedes einzelne Wort!". Das ist lieb. So gute Freunde habe ich gar nicht verdient. Ich versuche über seine Worte von eben nachzudenken. "So schüchtern bin ich gar nicht!". Er lächelt mich an "Doch, bist du. Und verrückt dazu." "Natürlich bin ich verrückt, Sol. Du bist es doch auch!" "Als ob! Yah, Pabo! Ich bin nicht verrückt...", schmollend rutscht er von mir ab. Aber in seinen Augen erkenne ich, dass er versucht nicht zu lachen. Was hätte er denn sonst noch gesagt? Ich fange an zu grinsen. "Du findest mich also süß und attraktiv?", frage ich neckend. "Natürlich! Hast du mal in den Spiegel gesehen?". Ich werde rot und sehe zu ihm. Wo bleibt sein Lachen? Das mir klar macht, dass diese Aussage nur ein Witz war?

Stattdessen steht er auf und räumt die Schüssel weg. Ich höre auch noch das Scheppern anderer Gegenstände. "YB? Was machst du da?", nochmal das Scheppern. "Huh? Ich räume auf." Er räumt auf? Verdammt, das kann ich doch selber! "Warte ich helfe dir!". Wenn ich meine Krücken gefunden habe... "Du, Jiyong, bleibst schön sitzen! Die Nacht auf dem Boden hat dir gereicht!". Woher weiß er, dass ich auf dem Boden geschlafen habe?

Langsam stehe ich auf und versuche in die Küche zu gelangen. Verfluchte Krücken! "Jiyongi? Was versuchst du da?". Oh my... als ob ich ein Pflegefall bin. "Ich komme zurecht, danke!". Seufzend bleibe ich stehen und warte. Als ich die Augen öffne steht Youngbae vor mir. Erschrocken wiche ich zurück, stolpere über eine Flasche von gestern Abend und taumle. YB's Hand packt mich und zieht sich zu sich. "Du kommst ja ganz hervorragend zurecht." Er grinst. "Ja, wenn du dich nicht so lautlos angeschlichen hättest!". Er lacht wieder und hebt mich erneut einfach hoch.
"Lass mich runter. Ich bin viel zu schwer für dich!" "Wie viel wiegst du? Sicher weniger als 60 kg?", er ist stehen geblieben und hält mich weiter. "Hmmm..." Fragend sieht er mich an... meine Güte! "58 kg. Zufrieden? Und jetzt lass mich runter!". Er grinst und geht weiter. "Vergiss es! Im Verhältnis wiegst du genau so viel wie ich." Seufzend lasse ich mich von ihm tragen. Er setzt mich in der Küche auf die Anrichte.
"Möchtest du heute was unternehmen?", fragt Sol hoffnungsvoll. Als er mich so ansieht, muss ich einfach lächeln. "Meinetwegen...", als er mich umarmt, weiß ich, dass ich das Richtige getan habe. "Wo möchtest du denn hin, Jiyongi?". Ich überlege kurz, viel kann ich ja nicht machen. "Wir könnten Essen gehen, oder?". Essen gehen. So wie Seunghyun früher? Niemals! Das war unser Ritual.

Youngbae muss wohl meinen Gesichtsausdruck gesehen haben "Wir können auch irgendwo hinfahren...", ich nicke leicht. Ich vermisse Tabi. Warum musste ich auch so dumm sein und ihn so behandeln? Grade bevor er ins Militär geht? Grade dann, wenn ich ihn so lange nicht mehr sehe. Eigentlich bin ich es selber schuld. Warum kann er nicht einfach hier bei mir sein? Oder meinetwegen bei sich zuhause? Von mir aus auch mit Daesung. Die Katze macht sich immer Sorgen um jeden von uns. Es wundert mich, dass er nicht hier ist. Oder der Panda, wobei, er wirkte in letzter Zeit sehr beschäftigt. Unser jüngster halt.

"Jiyongi? Bitte weine nicht!", Youngbae steht verzweifelt vor mir. Ich weine? YB wischt mir meine Tränen weg und zieht mich an sich. "Komm, ich zeige dir was." Damit steht er auf, bringt mir meine Krücken und lächelt einfach. Wieso kann er so lächeln? Wieso kann er so positiv sein? "Ich geh mich nur eben umziehen", murmle ich und verschwinde. Aber zu mehr als Hose und ein einfaches Shirt bin ich heute nicht in der Lage. Meine Blicke schweifen durch meine Wohnung. Ich muss hier dringend aufräumen... Aber wozu? Es kommt eh niemand mehr, weil Seunghyun weg ist.

Youngbae steht schon an der Tür und wartet.

Because I love you! // Gtop // BigBangWo Geschichten leben. Entdecke jetzt