2. Goodbyes.

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"Ich fasse nicht, dass du das wirklich tust." 

Ich warf meiner besten Freundin einen genervten Blick zu. "Daisy, das war deine Idee."

"Ich dachte nur nicht, dass du echt so dämlich sein wirst und es wirklich tust", echauffierte sie sich. Daisy stellte den Rucksack, auf den sie bestand zu tragen, neben mich auf den Boden der Flughafenhalle. Mit in die Seiten gestemmten Armen, schaute sie mich traurig an. "Ich werde dich vermissen, Lou"

"Ich dich auch", lächelte ich sie an. Ihre blauen Augen glitzerten und ich befürchtete, dass sie gleich anfangen würde zu weinen, also schloss ich sie schnell in meine Arme und drückte ihr noch einen Kuss an die Schläfe.

"Noch dreihundert fünfundsechzig Mal schlafen, Days. Dann bin ich wieder da."

"Ha ha", lachte sie trocken. Außerdem klang ihre Stimme extrem dünn, also lockerte ich meine Umarmung etwas, bis ich sie schließlich komplett löste.

"Wann geht dein Flieger nochmal?", fragte sie und fing an an die Haut an ihren Fingernägeln abzureißen. Etwas was sie immer tat, wenn sie entweder gelangweilt oder nervös war.

Zum hundertsten Mal schaute ich auf den Plan, den ich mir heute morgen ausgedruckt hatte. "In etwa einer Stunden, aber die Einführung ist schon früher."

Sie nickte. Daisy wusste die Uhrzeit genauso gut wie ich, aber zu sagen, dass es nur noch eine Stunde war bis ich sie für ein Jahr lang nicht mehr sehen würde, machte alles nur noch realer.

"Haben sich deine Eltern gemeldet?"

Ohne auf mein Handy zu schauen, schüttelte ich den Kopf. Ich befürchtete tausend verpasste Nachrichten und Anrufe vorzufinden, denn meine Art Tschüss zu sagen, war... sagen wir mal, anders. 

Okay, ja ich gebe es ja zu. Ich habe ihnen einen popeligen Zettel auf den Küchentisch gelegt. Macht mich das zu der schlimmsten Tochter überhaupt? Die Antwort war wohl ziemlich klar.

Ich habe dieses Internetformular vor genau zwei Tagen ausgefüllt. Gestern waren Daisy und ich den ganzen Tag unterwegs, haben tonnenweise Insektenschutzmittel und Sonnencreme gekauft, Millionen YouTube Videos angeschaut in denen mir erklärt wurde, was ich unter keinen Umständen vergessen durfte und mir einen Fettmantel aus Pizza angefuttert, weil die Chance irgendwo in der Pampa ohne Pizzaservice zu landen gar nicht mal so gering war. 

Versteht mich nicht falsch, ich hatte das schlechteste Gewissen des Jahrhunderts, aber ich wusste nicht wie ich meinen Eltern ins Gesicht sagen sollte, dass ich ihr Geschenk einfach gegen eine Überraschungsreise ohne Wiedersehensgarantie umgetauscht hatte. Jeder der jetzt denkt, dass das absolut feige von mir war, hatte recht. Zu hundert Prozent.

"Es tut mir unglaublich leid, dass du dich dann meinen Eltern stellen musst, aber du weißt ich werde dir dafür bis an mein Lebensende dankbar sein", meinte ich, doch Daisy schaute eiskalt an mir vorbei. "Hallo? Erde an Daisy? Ich weiß ja, dass ich bald gehe aber noch bin ich hier, also hör auf mich zu ignorie..."

"Jetzt halt doch mal die Klappe", sagte sie und schaute wieder zu mir. Dann verzog sie entschuldigend ihr Gesicht und als in meinem nur ein fettes Fragezeichen stand, hörte ich eine bekannte Stimme hinter mir, die mich unglaublich erschreckte.

  "Louise."  

Ich fluchte leise, drehte mich langsam, sehr langsam um, nur um in das ausdruckslose Gesicht meiner Mom zu blicken.

"Hey Mommy", lächelte ich. Ich hoffte so sehr, dass sie mich nicht vor all diesen Fremden anfangen würde zu schlagen oder sonst was mit mir anzustellen.

"Erkläre es mir. Jetzt. Keine Lügen mehr, denn ich habe es satt." Brach da etwa ihre Stimme oder hatte ich mich verhört. Normalerweise hätte ich darüber Witze gemacht und meine Mom zur Weißglut getrieben, aber gerade war mir alles andere als zu lachen zu Mute.

The journey of my life (PAUSIERT!)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt