Eine Chance

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Die Prisoner war auf dem Weg. Mit geschlossenen Augen und zusammengepressten Lippen saß Clarke verkrampft in ihrem Sitz. Ihr Herz raste. Weniger die enorme Schubkraft und die hohe Geschwindigkeit des Space Shuttles brachten es dazu. Vielmehr war es ihre eigene Anspannung und die innerliche Unruhe die sie erbeben ließ. 2199 Tage ohne Lebenszeichen von ihren Freunden und jetzt würde sie endlich Gewissheit bekommen.

War das Satellitensignal damals ausreichend? Hatte Bellamy, Raven und die anderen die Ark rechtzeitig erreicht? Waren sie noch am Leben? Das waren die brennenden Fragen, die sie in den letzten 6 Jahren bis hinein in ihre Träume verfolgt hatten. Nur noch wenige Minuten und sie würde endlich Antworten finden. Ihre Nerven waren zum zerreißen gespannt und sie wusste nicht so recht ob sie sich in diesem Moment freuen oder ob sie sich vor der Wahrheit fürchten sollte. Mit festem Griff umklammerte Clarke die Armlehne ihres Sitzplatzes. Ein letzter mächtiger Ruck und dann waren sie der Erdatmosphäre entkommen. Das Space Shuttle schwebte nun ruhig und leise durch das All.

Als Clarke das zufriedenen Lächeln auf den Lippen ihres Piloten bemerkte, entspannte auch sie sich wieder etwas. Er hieß Noah und er war der Anführer der Eligius Rebellen. Von ihm hatte Clarke erfahren was es mit der Eligius Corporation auf sich hatte und warum er und 48 weitere junge Menschen sich dazu entschlossen hatten der Minen Kolonie am inneren Ring des Asteroidengürtels zu entkommen. Sie hatten die Prisoner gekapert und sich auf den Weg zurück zur Erde gemacht um hier Unterstützung und Schutz zu finden. Jetzt fürchteten sie die Rache Eligius und sie waren sich sicher dass es nur eine Frage der Zeit war bis sie sie hier finden würden. Womit Noah und seine Crew jedoch in keinem Fall gerechnet hatten, war die leere ihres Heimatplaneten. Sie hatten keine Ahnung davon, was sich vor über 103 Jahren hier abgespielt hatte. Niemand hatte sie darauf vorbereitet. Sie hatten bei ihrem Aufbruch die Vorstellung einer hochentwickelten Zivilisation, die sich und die Rebellen gegen Eligius zu verteidigen wusste und nun waren sie hier schutz- und wehrlos ihren Feinden ausgeliefert.

Deren Misere jedoch hatte Clarke zu ihrem Vorteil nutzen können. Die Rebellen brauchten Verbündete im Kampf gegen die Eligius Corporation und Clarke wusste wo sie eine 1200 Mann starke Armee finden konnten. Sie würde ihnen Helfen eine Allianz zu bilden wenn sie ihr vorher diesen Flug zur Ark gewährten. Dass Clarke nicht wusste wie es derzeit im Bunker aussah und ob dort überhaupt noch irgendjemand unter dem ganzen Schutt und Geröll am Leben war, hatte sie sicherheitshalber verschwiegen.

Darüber würde sie sich jedoch später Gedanken machen. Jetzt musste sie sich zunächst um ihr eigenes, wichtigeres Problem kümmern. Clarkes Gedanken überschlugen sich. Sie wusste nicht was sie mit ihren Nerven anstellen sollte. Sie war hin und her gerissen zwischen Freude und Angst. Ihre Hände zitterten und auf ihrer Stirn bildete sich kalter Schweiß. „kalter Schweiß." Ein Lächeln huschte über ihre Lippen bei der Erinnerung an dieses Oxymoron. An diesen letzten Moment in Zweisamkeit. Wie Bellamy ihr sanft die Haare aus der Stirn gestrichen hatte. Himmel. Würde sie es verkraften wenn sie sich doch schlussendlich eingestehen müsste, dass er nicht mehr am Leben war? Clarke platzte schier vor Ungeduld. „Die Ark sollte gleich in Sichtweite sein" Noahs Worte rissen sie ruckartig aus ihren Gedanken. Das war ihr Stichwort. Nichts hielt sie mehr auf ihrem Sitz. Hastig löste Clarke ihren Gurt und schwebte in der Schwerelosigkeit hinüber zur Fensterluke. Wie gebannt starrte sie in die Dunkelheit. Die Zeit schien Still zu stehen. Ihr Herz klopfte wild vor Aufregung. Wie eine Ewigkeit erschien ihr das warten, doch dann tauchte sie plötzlich vor ihr auf.

Ihren aufflammenden Gefühlen wahllos ausgeliefert, schossen Clarke unwillkürlich die Tränen in die Augen.

Dieser Anblick erfüllte ihr innerstes mit tiefem entsetzen. Die Ark lag dunkel und gespenstisch vor ihr. Bis zuletzt hatte sie die Hoffnung nicht verloren gehabt, doch in diesem Moment lösten sich all ihre Erwartung und Wünsche unwillkürlich in Rauch auf. Clarke schlug die Hände vor ihren Mund und begann bitterlich zu schluchzen.

Noah, dem ihre Reaktion und auch die verlassen wirkende Ark nicht entgangen war, löste nun ebenfalls seinen Gurt und schwebte zu ihr hinüber. Obwohl sie sich erst wenige Stunden kannten, vertraute Clarke ihm. Er war ein netter Mensch mit guten Charakterzügen. Er war ehrlich und gutmütig. Er hatte sein Herz am richtigen Fleck. Das hatte sie sofort erkannt und so hatte sie auch nichts dagegen, dass er sie tröstend in seine Arme zog und sie aufrichtig zu beruhigen versuchte. „Hey, komm schon. Kopf hoch, Clarke." Sanft schob er seine Finger unter ihr Kinn und zwang sie damit ihm in seine smaragdgrünen, freundlich blickenden Augen zu sehen. „Hattest du nicht gesagt, deine Freunde seinen mit einer Rakete hier her geflogen? Ich kann sie nirgends entdecken. Wenn dein Signal damals nicht ausgereicht hätte und sie keine Chance hatten den Hangar zu öffnen, müsste sie dann nicht irgendwo hier herum schweben? Wir sollten keine voreiligen Schlüsse ziehen. Lass uns versuchen auf die Ark zukommen. Zumindest wissen wir dann mehr."

Seine Worte beruhigten sie etwas. Noah hatte recht. Sie musste sich zusammen reißen. Clarke löste sich aus seiner Umarmung und wischte sich die letzten Tränen aus den Augen. Wie gebannt verfolgte sie die schwebenden Tropfen. Ihr Blick schweifte noch einmal hinüber zur Ark und dann kehrte ihr klarer Verstand wieder zu ihr zurück. Noch würde sie nicht aufgeben. Sie atmete einmal tief ein und mit neu entflammter Zuversicht machte sie sich, gemeinsam mit Noah, daran ihr weiteres Vorgehen zu planen. Vielleicht würde sie nun am eigenen Leib erfahren was Raven immer so begeistert hatte. Clarke war jedenfalls bereit für ihren ersten Spacewalk.





The 100 // I see you // BellarkeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt