Die ersten Wörter meiner Kollegin, nachdem ich aus dem Krankenhauszimmer gekommen bin, waren etwa so:"Ah du heilige Scheiße, er hat dich nicht angezeigt?!" Voll erstaunt mit sehr sehr großen grünen Augen (fast schon niedlich, aber nur fast) schaut sie mich an als ich ihr meine Geschichte zu ende erzähle.
"Und hat er dich angeschrien?", fragt sie mich neugierig. "Nein", mit gerunzelter Stirn schaue ich sie fragend an, als sie mein fragenden Blick sieht, begreift sie, dass ich keine Ahnung habe wovon sie redet und beginnt mir einiges zu erklären. "Alle fünf Studenten die hier wegen Mrs.Marx war wurden regelrecht wie du in dieses Zimmer herreingestoßen um den Multi Millionärs Sohn die Hand zu nähen.... kannst du dir das vorstellen .. die Hand nähen?? Wie schwer soll das bitte sein, anscheinend sehr schwer denn alle sind herausströmt regelrecht nach Mr. Marx geschrien. Und weiß du was das abgefahrene war?!"
"Was?"
"Lenina ist weinend raus gelaufen."
Stille. Ich weiß nicht was ich sagen soll. Lenina war immer die Nummer eins bei den Patienten, sie konnte alles was der Professor von ihm verlangte, es schockt mich einfach, dass sie so was leichtest nicht in die Reihe bekommen hat. Und wieso wurde ich eigentlich nicht angeschrien. Ich habe sogar falsch genäht. Voll in Gedanken versunken bemerke ich nicht das Mrs. Marx gerade gekommen ist und mich mit großen Augen anstarrt. Mit jedem Schritt den er mir näher kommt werden seine zusammengewachsenen Augenbrauen schärfer. In die Augen starren Rose, ermahne ich mich selber. Sein ernster Blick verharrt sich und er schaut mich mit seinen Eis blauen Augen an. "Ich weiß nicht wie du das hinbekommen hast, aber passable Arbeit. Ich sehe, dass du dich bemühst mach weiter so vielleicht wird es ja noch was, und jetzt gehe weiter schlichten." Er holt sich seine Brille aus der Jackentasche und setzt es auf um danach ein letztes mal mich und dann noch Julia mit einem kalten Blick anzusehen darauf geht der kleine Mann durch das lange Korridor bis er an einer Ecke abbiegt.
Und ich mache mich an die Arbeit. Blatt 1874, 1875 und 1876 und mein Leben geht weiter in vollen Zügen.
Um 17 Uhr ist immer Schluss für die Studentinnen die im berühmten New York-Presbyteian Hospital ein Praktikum haben. Und da bin ich, in der Straßenbahn mit einem Sackerl mit der Aufschrift "Subway". Ich lehne mein Kopf an die Fensterscheibe und schließe meine Augen. Neben mir Geräusche die ich versuche auszublenden. Dann steige ich aus um eine andere Bahn zu erwischen. Dann beginnt die längere fahrt 30 Minuten und 32 Sekunden lang und in diesem Zeitraum höre ich wie jedes mal Musik, breche den Kontakt mit der Welt ab um meine Playlist zu hören. Um alles im Leben zu vergessen höre ich dieselben Lieder immer wieder und es langweilt mich nie ich liebe es, ich liebe es jedes der Zeilen auswendig zu können, besser als jedes Medizin Buch was ich Nächte lang versucht habe auswendig zu lernen, besser als alles auf der Welt.
"Home sweet Home", konnte man die Gegend in dem ich lebe nicht nennen. Was erwartet man sich von kleinen Studentenwohnungen? Vielleicht das der ganze Müll den jeder hier macht nicht einfach auf den Korridoren rumliegen sollte? Okay diese Wohnungen sind echt klein, 25 Quadratmeter jedes einzelne doch wenn du Müll hast kannst du auch ein paar Treppen runter zu der Müllhalle gehen, daran stirbt man ja wohl nicht. Und zudem stinkt es in den Korridoren nach Schweiß, Pisse und Bier. Die drei meist entsprechenden Dinge der Studenten.
"Joww babbyyy ", lallt mir jemand ins Ohr und ich knirsche meine Zähne zusammen. "Fahre in die Hölle Jack", zische ich zähneknirschend. Jack ist Jack, ihn kann man nicht beschreiben, er ist einfach ein asoziale Stück Scheiße, der einem nur in die Hose will.
"Wenn du in der Hölle bist gerne Baby", und schon stolpert er über ein Plastickbecher und liegt am Boden, ohne zurück zu schauen gehe ich die Treppen hinauf bis ich vor meinem Apartment stehe. Frustrierend suche ich meine Hausschlüssel in meiner Tasche bis ich sie finde und die Tür aufsperre. Meine Tasche hänge ich anschließend auf den Hacken vor der Tür und schließe die Tür zu doch lasse den Schlüssel am Loch ruhen. Als ich meine Schuhe ausziehen will bemerke ich, dass am Boden ein Zettel liegt. Quadratisch und in der Mitte einmal zerknittert. Ich lasse meine Subway Tüte fallen und nehme das Stück Papier in die Hand und checke die hinter und Rückseite nach einem Namen ab, aber nichts ist drauf und ich öffne sie. Ein Zeitungsabschnitt ist drauf gebildet, ich würde lügen wenn ich behaupten würde, ich kenne dieses Artikel nicht. Nein ich kenne es, ich kenne es allzu gut. Jeder kennt es. Schülerin nimmt sich das Leben steht groß und fett als Titelüberschrift. Mit zitternden Händen setzte ich mich auf den Boden. Wieso tut man so was? Wer war das? Viele Fragen schüren in meinem Kopf doch ich habe keine Antwort. Ich sitze da mein Herz hämmert mir in die Brust während ich will dass es nicht mehr schlägt. Ich bin schon am Boden, wieso will man mich noch mehr zerstören? Was habe ich denjenigen angetan? Ich habe doch immer mein eigenes Ding gemacht, nie habe ich mich mit anderen gestritten. Immer still versucht unsichtbar zu sein. Doch es hilft wohl nichts, es wird auch nie was helfen.
Heiße Tränen, die ein Weg finden über mein Gesicht auf den Boden zu fallen brennen auf der Haut wie hunderte von Kerzen, die auf der Haut brennen würden. Sie brennen so wie mein Herz. "Es tut mir leid, es tut mir leid, es tut mir leid", wimmere ich immer wieder vor mich hin und dabei halte ich mit meinen Händen mein Kopf und ziehe meine Knie fest an mich. Meine Nase beginnt zu rinnen und ich wische sie an meinem T-Shirt ab, dabei schluchze ich leise vor mich hin und als plötzlich mein Handy beginnt zu klingeln zucke ich zusammen.
Ich lass es klingeln, wie soll ich jetzt abheben? Ich lehne mein Kopf an die Wand und schaue hinauf auf die Decke. Das Klingeln hört auf und ich will gerade noch eine Runde weinen doch schon wieder beginnt es, als ich den Anrufer aber sehe mache ich große Augen und springe wie von einer Biene gestochen, auf meine Beine, hebe mein Handy auf und spreche wie von der Kugel geschossen ins Sprecher "Rose Woods an Apparat."
"Ich wusste dass sie untalentiert in Medizin sind Ms Woods, doch verdammt schaffen sie doch etwas in die Reihe zu bekommen?! Kommen sie sofort her, wenn sie in den nächsten 10 Minuten nicht hier im Zimmer 306 sind dann werde ich Sie nicht zu der nächsten Prüfung antreten lassen!", zischt er ins Hörer' "Aber ich brauche doch mehr als-!", versuche ich ihm mitzuteilen doch er hat schon aufgelegt. Ich schnappe mir wieder meine Tasche und ströme aus meiner Wohnung.
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Wenn es dir Gefallen hat lass es mich wissen. Möchtet ihr eigentlich Roses Playlist? Lasst mich das in den Kommentaren wissen.:) Ciao bis Samstag 😘
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Ricardo || #Lichteraward2017
ChickLit"Während du hier bist", flüstert er gegen meine Lippen, das Neonlicht wirft Schatten auf sein markantes Gesicht und seine raue, Eis kalte Stimme grabt sich tief in meine Seele bis sie mein Herz findet "Was bist du? Sag es mir!" "Deins nur deins", f...