Die sieben Königreiche

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Wie wir beschlossen hatten, waren Edmund, Lucy und ich unmittelbar gemeinsam mit Philippa, zwei Zentauren, zwei Telmarern und einem Wolf in Richtung Berge aufgebrochen. Ich gab auf dem Weg ein paar Lieder von Ed Sheeran zum besten, die außer mir natürlich niemand kannte, aber immerhin sorgte ich damit für gute Laune. Die Sonne war bereits am Versinken, als wir Wintertal erreichten, doch die Königin des Reiches war nirgends zu sehen. Ich hatte sie sonst auch noch nie gesehen, deshalb war ich sehr gespannt darauf, sie bei der anstehenden Versammlung zu sehen. Edmund hielt meine Flocke an den Zügeln, während ich abstieg, wofür ich ihm dankbar war, denn manchmal hatte Flocke etwas anderes im Sinn, als stehen zu bleiben. ,,Wirklich eindrucksvoll sieht das hier aber nicht aus", stellte Edmund fest. ,,Die Schönheit des Tals liegt hinter der verbrannten Stadt", erklärte ich, ,,Ich war selbst noch nie dort drinnen, doch es wird so erzählt." ,,Majestät", meldete sich einer der Zentauren, Kiron, zu Wort, ,,Worauf warten wir hier?" ,,Wir warten darauf, dass die Tore geöffnet werden", antwortete ich, ,,Denn wer ohne Bitte eintritt, soll den Überlieferungen nach zu Staub zerfallen. Und das kommt mir irgendwie vor, wie in einem Horrorfilm. Nebenbei, Horrorfilme bestehen aus bewegten, aneinander gehängten Bildern, die den Zuschauern Angst machen sollen. Also sie sollen nicht die Flucht ergreifen oder ähnliches, aber sie sollen sich gruseln." War gar nicht mal so einfach, zu erklären, was Horrorfilme sind, denn weder Edmund, noch die übrigen Narnianen waren wirklich vertraut mit der Technik in meiner Zeit. In Narnia gab es ja auch kein elektrisches Licht. Lebte sich ein Bisschen so, wie im Mittelalter. Dann endlich tat sich etwas: Es knarzte und quietschte, dann öffnete sich das Tor. ,,Die sollten das Teil mal ölen", murmelte ich vor mich hin, während wir durch das Tor schritten. In der einen Hand die Zügel von Flocke, in der anderen Hand Edmunds Hand. Auf der anderen Seite des Tors empfing uns keine graue, winterliche Einöde, sondern glitzernder Schnee und strahlender Sonnenschein. Und im Sonnenschein funkelte nicht nur der Schnee, sondern auch ein gigantischer Palast, der entweder aus Eis oder aus Glas sein musste.   Uns wurden die Pferde abgenommen und in Richtung eines Stalles geführt. Vor den Toren des Palastes angekommen staunte ich nicht schlecht: Die Tore bestanden aus einer großen Doppeltür, dessen Flügel mit verschiedenen Mustern verziert waren und die Fassade ragte gute 150 Meter in die Höhe. Die Spitzen des Palastes waren kaum noch zu erkennen und überall waren die selben Muster eingearbeitet, wie auf den Toren. Uns wurden allen die Tore geöffnet und die Wache ging voran und bedeutete uns, zu folgen. Als wir endlich den Palast betraten, haute es mich fast wortwörtlich um, wie schön alles war. Wirklich alles war aus Glas, alles glänzte im Schein der einfallenden Sonne. Die Decke war flach und nicht wie eine Kuppel. Dazu rankten sich über die gesamte Decke gezeichnete Feuerblumen, die wie aus Eis aussahen. Die Wache hatte Philippa bereits in ein Zimmer geleitet. ,,Wow", hörte ich Lucy neben mir ehrfürchtig flüstern. ,,Ja, Oberwow", flüsterte ich zurück. ,,Königin Lucy von Narnia", sprach die Wache dann. Er oder sie hielt Lucy eine Tür auf, Lucy drückte Edmund und mich noch kurz und murmelte: ,,Bis morgen und schlaft gut." ,,Du auch", murmelten Ed und ich gleichzeitig zurück. Dann verschwand auch Lucy in ihrem Zimmer. Unsere übrigen Begleiter mussten wohl schon untergebracht worden sein, denn sie waren irgendwie nicht mehr da. Wir gingen an noch einigen ins Glas gravierten Bildern vorbei, die alle ein Mädchen in einem schneeweißen Kleid zeigten. ,,König Edmund und Königin Emberly von Narnia", sprach uns dann die Wache an und hielt uns eine Tür zu einem Schlafzimmer auf. Ich zog Edmund fast schon hinter mir her, als ich rein eilte. Das Zimmer war ähnlich eingerichtet, wie meines in Cair Paravel: Ein großes Himmelbett, ein gigantischer Kleiderschrank und eine Kommode, alles in weiß. ,,Wow, ich glaub, ich muss die Königin morgen mal nach ihrem Innenausstatter fragen!", murmelte ich vor mich hin und ich hörte Edmund leise lachen. Er drehte mich zu sich um und küsste mich sanft. 

Am nächsten Morgen wurde ich von den Strahlen der einbrechenden Sonne geweckt. Also stand ich auf und ging zum Kleiderschrank, aus dem ich ein himmelblaues Kleid aus fließendem Wolkenstoff raus nahm. Dazu zog ich silberne Riemensandalen an und setzte (da es ein offizielles Treffen sein würde) meine Königskrone auf. ,,Du siehst wunderschön aus, wie immer", murmelte Edmund plötzlich hinter mir und küsste mich sanft in den Nacken. Ich hatte gar nicht bemerkt gehabt, dass er sich bereits angekleidet hatte mit einem blauen Hemd aus Samt, auf dem ein silberner Baum abgebildet war. Seine Hose war aus Silberner Seide und die Stiefel aus braunem Leder. Auch er trug seine Königskrone. Hand in Hand gingen wir dann los, um den Raum zu finden, in dem die Versammlung stattfinden würde. Doch wir fanden nur einige andere Könige, Königinnen und Prinzessinnen. Zum Beispiel Prinzessin Aliana von Archenfeld und Prinzessin Corale von Kuran. Also schon mal zwei von sieben. Gut, mit Edmund und mir drei. ,,Prinzessin Corale und Prinzessin Aliana, richtig?", fragte ich an die beiden gewandt, während Edmund einen Plausch mit dem jungen König Turian von Kandor anfing. ,,Richtig", gab Corale zurück, während Aliana sich unauffällig aus dem Staub machte, ,,Und ihr seid Königin Emberly aus Narnia, stimmt das?" ,,Ja, richtig", gab ich daraufhin zurück, ,,Wisst ihr vielleicht, wo die Versammlung genau stattfindet?" ,,Nein", antwortete die Prinzessin, ,,Das weiß keiner." Sie trug ein wunderschönes rosanes Kleid, dessen Stoff so zart aussah, wie eine Rosenblüte. ,,Habt ihr die Königin schon einmal gesehen?", fragte sie mich neugierig. ,,Nein, keiner hat sie je gesehen. Sie hat diese Berge noch nie verlassen. So steht es zumindest in den Büchern. Und ich hatte schon viele Jahre Zeit, zu lesen", antwortete ich, als plötzlich eine Tür aufging, und eine kindliche Stimme zu uns allen sagte: ,,Tretet doch ein!" Und als wir dann eingetreten waren und ich die Königin an einem Kopfende des Tisches genauer betrachten konnte, rief ich erschrocken aus: ,,Jessie?!?!?!" ,,Ja, du musst nicht so erschrocken gucken Cousinchen", meinte die kleine nur grinsend. ,,Ja, du ja hier wohl eher die mit dem chen", gab ich immer noch baff zurück, ,,Wie kommst du hier her?" ,,Aslan hat gesagt, ich sei durch meinen Tod hierher gekommen", antwortete sie ganz locker, während meine Augen bereits auf die Größe von Mühlrädern gewachsen waren, ,,Ich bin offenbar beim verstecken spielen aus einem Fenster gefallen." ,,Alles klar, krasser Tag heut!", gab ich darauf nur zurück und ließ mich komplett mit meinem Verstand am Ende auf den Stuhl neben ihr fallen. ,,Ihr fragt euch sicherlich alle schon, weshalb ich euch alle gerufen habe", fing Jessie dann an, zu erzählen, ,,Nun, es geht um den Geist des Nordens. Er, beziehungsweise sie, wurde von einer Hexe in einen Schlaf gebettet, aus dem sie erst nach 100 Jahren erweckt werden kann. Und diese 100 Jahre sind genau morgen um diese Zeit vorüber. Ich will euch alle hiermit vorwarnen, denn wenn der Geist des Nordens erwacht..." ,,Kommt der Winter an die Macht", führte ich das Gedicht fort, was ich bereits an den ersten Worten erkannte, ,,Wisse dein Herz in Sicherheit, denn Liebe ist das wertvollste der Zeit. Verlierst du die Liebe, hast du alles verloren, dann hat das Schicksal sich gegen dich verschworen. Denn nur die wahre Liebe bringt ewig Licht, sie ist das einzige was den Bann des Winters bricht." ,,Genau Emberly", meinte Jessie dann. ,,Aber was haben diese Worte zu bedeuten?", fragte Königin Lithia von Lilith. ,,Es soll wohl bedeuten, dass wenn dieser Geist erwacht, dass dann ein ewiger Winter oder ähnliches über Narnia herein bricht", beantwortete König Lucien von Orias. Mit einem mal wurde die Tür zum Saal aufgestoßen und Lucy schnaufte außer Atem: ,,Entschuldigt bitte mein spätes Erscheinen, ich fürchte, ich habe etwas zu lange geschlafen." Ich grinste und Jessie kicherte, dann meinte sie: ,,Ist doch nicht weiter schlimm. Setzt euch Lucy." Und schon ließ Lucy sich neben mich fallen. ,,Was habe ich bisher verpasst?", fragte Lucy dann. ,,Lediglich ein Gedicht, über den Geist des Nordens", antwortete Jessie. ,,Also was die ersten beiden Zeilen zu bedeuten haben, dürfte nun klar sein, doch was ist zum Beispiel mit den letzten beiden Strophen?", fragte König Luan von Tausendtal. ,,Also die letzte Strophe ist eigentlich recht simpel", antwortete Edmund, ,,Wenn dieser Geist erwachen sollte, kann der dadurch ausgelöste Winter nur von wahrer Liebe beendet werden, doch wie das gehen soll, ist mir schleierhaft." ,,Also wie in dem Film Die Eiskönigin wird das wohl nicht laufen", meinte ich darauf grübelnd, ,,Da hat ja schon eine einzige Umarmung gereicht, um die Welt zu retten." Das brachte alle Anwesenden zum lachen. Und ich lachte herzlich mit.

Wir hatten alle noch ewig da gesessen und diskutiert, wie wir jetzt alle vorgehen würden. Irgendwann hatte König Luan ernsthaft vorgeschlagen, einfach nach Hause zu gehen und nichts zu tun, weil der Geist eh nie erwachen würde! Er hatte es natürlich förmlicher formuliert, aber so hatte er es gemeint! Jedenfalls fiel ich nach diesem Treffen total platt ins Bett und nuschelte ins Kissen: ,,Ich kann nicht mehr!" Ich hörte Edmunds Lachen neben mir, dann spürte ich, wie er mich ganz sanft in den Nacken küsste. Ich genoss es sehr, deshalb blieb ich einfach regungslos liegen. Dazu ruhte seine eine Hand ganz sanft auf meinem Rücken. Irgendwann hatte ich dann keine Lust mehr, so regungslos da zu liegen, drehte mich zu meinem Freund um und küsste ihn auf die Lippen, was ihn triumphierend grinsen ließ. Ich küsste ihn wieder, lang und innig. Ich hatte mich inzwischen halb auf ihn gewälzt. Und wie es dann weiterging, könnt ihr euch bestimmt denken...

Die Chroniken von Narnia   SpiritWo Geschichten leben. Entdecke jetzt