Ich stand neben Flocke und strich ihr über ihren weichen Rücken. Sie schnaubte zu Frieden und stupste mich sanft mit ihren weichen Nüstern an. Sie hatte ein gutes Gespür dafür, was ich fühlte. ,,Wenn wir zurück in Cair Paravel sind, dann musst du mit Jessie und den anderen zurück nach London gehen", sagte ich leise, wohl wissend, dass Edmund hinter mir stand. Zusammen mit Lucy. ,,Und was ist mit dir?", fragten beide gleichzeitig. ,,Ich werde hier bleiben", gab ich leise zurück, ,,Ich werde mit Narnia sterben. Und ich will jetzt kein Wort von euch beiden hören." Als ich mich umdrehte, fiel Lucy mir um den Hals und drückte mich fest. Ich drückte sie zurück, während mir die Tränen kamen. ,,Ich weiß, dass du ein verfluchter Sturkopf bist Emberly", flüsterte sie mir ins Ohr, ,,Aber bitte überleg es dir anders! Und wenn du bleibst, dann werden wir alle mit Narnia gemeinsam sterben." Ich konnte die Tränen unmöglich noch aufhalten, sie flossen mir in Sturzbächen aus den Augen. Lucy ließ mich wieder los und kaum das sie gegangen war, küsste Edmund mich stürmisch und dennoch sanft auf die Lippen. Ich küsste ihn ebenso stürmisch zurück. Manchmal braucht es eben keine Worte, um etwas zu sagen. Ich hab keine Ahnung, wie lange dieser Kuss dauert, doch auch die Ewigkeit wäre mir nicht lang genug gewesen. Als wir uns voneinander lösten, hätte ich ihn am liebsten sofort wieder zurück in meine Arme gezogen und ihn erneut geküsst. Er ging ohne ein weiteres Wort aus der Box. Und er hatte die Hände zu Fäusten geballt. Ich wusste, dass er versuchte, seine Tränen zurück zu halten. Ich wollte ihm schon nachgehen, aber wahrscheinlich würde ich mir dann nur selbst das Herz brechen. Ich legte Flocke ihren Sattel auf den Rücken und wischte mir so gut es ging die Tränen aus den Augen. Ich lehnte meine Stirn an die Sitzfläche des Sattels und ließ den Tränen, die noch immer in meinen Augen brannten, freien Lauf. Auf der Stallgasse hörte ich das Klappern von Hufen. Ich zog Flocke schnell das Zaumzeug über den Kopf und den Sattelgurt fest, dann führte ich sie auf die Stallgasse. Draußen angekommen hielt ich sie neben Jessies Rappen an und schwang mich in den Sattel. ,,Hey", sagte Jessie dann, ,,Wird schon alles gut gehen." ,,Der Geist des Nordens macht mir gerade die wenigsten Sorgen", gab ich zurück und sah zu Edmund, der sich in den Sattel seiner Apfelschimmelstute schwang. ,,Wo sind die anderen Vertreter der Königreiche?", fragte ich, da ich sonst niemanden mehr sah. ,,Sie alle sind bereits in der vergangenen Nacht weg, während du das Buch übersetzt hast. Sie hatten bereits die Hoffnung aufgegeben, dass sich Narnia retten lässt', erklärte Jessie kurz und knapp und trieb ihren Rappen an, loszulaufen. Ich blieb noch eine Weile zurück, doch als auch Lucy auf ihrem Fuchswallach an mir vorbeijagte, lenkte ich Flocke in die Richtung der anderen und klopfte mit meinen Schenkeln sanft aber bestimmt gegen ihren Bauch. Sie galoppierte in ihrem ruhigen Galopp an und flogte wie von selbst den anderen. Schon bald hatten wir Jessie an der Spitze wieder eingeholt. Flocke war vielleicht groß, aber sehr schnell und ausdauernd. Ich beugte mich dicht über ihren Hals und ging etwas in den leichten Sitz, um sie nicht zu stören. Nach nur kurzer Zeit hatte ich die Führung übernommen und wir jagten über die Wiesen Richtung Cair Paravel. Meine Gedanken schossen zurück zu Philippa. Sie würde sterben. Wie wir alle. Ich hörte beinahe meinen eigenen Herzschlag. Mein Herz raste. Wie auch meine Gedanken. Das Herz. Das war die Lösung für alles. Ich hielt Flocke ruckartig an, sodass sie auf die Hinterbeine stieg, um nicht zu stolpern, dann riss ich sie zugegeben unsanft herum und preschte mit ihr zurück nach Wintertal zurück, Richtung Philippa und Geist. Ich ignorierte Edmunds Rufe und versuchte einfach, Flock nicht zu stören. Ich kannte den Weg nicht, doch ich folgte einfach meinem Instinkt. Als ich die beiden erreichte sprang ich noch mitten im Galopp von Flockes Rücken, schmiss mich zwischen den Geist und Philippa und rammte dem erschrockenen Geistermädchen meine Hand in ihre Brust. Sie bekam meine Schläfen zu fassen, während ich ihr eiskaltes Herz zu fassen bekam. ,,Der Schnee... Tote... verbirgt", presste ich mühsam hervor, während ich spürte, wie mein Herz immer langsamer schlug, ,,Und... so auch... den... G-eist." Das letzte Wort konnte ich nur noch flüstern. Ich sah aus dem Augenwinkel, wie der Geist des Nordens sich in einer silbrigen Schneewolke auflöste. Ich spürte, wie mein Herz immer langsamer schlug. Ich spürte warme Hände unter meinem Rücken. Ich spürte Tränen, die auf meine Haut tropften. Ich sah nichts mehr. Ich hörte nichts mehr. Ich fühlte nichts mehr. Mein Herz hörte auf, zu schlagen. Ich spürte absolut gar nichts. Nichteinmal Schmerz.
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Die Chroniken von Narnia Spirit
FanficSeit 10 Jahren herrscht nun schon Frieden in allen Ecken von Narnia. Nichts Böses hat diese Welt seit dem dunklen Zerstörungszauber berührt. Doch ist der Frieden echt, oder nur ein Schein? Das steht nur in den Sternen geschrieben... Band 1: Die Chro...