열여섯

1.1K 95 24
                                    

@ ma-seokjin

Verdammt, Iseul. Ich weiß,
dass das gelogen ist.
Wieso?

Iseul hat Angst aufzufliegen und sie braucht dringend einen klaren Kopf. Mehr als dringend.
Und weil ihre Mutter gerade auf der Arbeit ist, sieht sie ihre Chance und schnappt sich eine Jacke, um aus dem Haus zu fliehen. Die Stadt! Die bunten Lichter und die vielen unterschiedlichen Individuen werden sie genug ablenken, jedenfalls hofft sie das.

Die Busfahrt verläuft anders als sonst. Aber das liegt vermutlich nur an dem neuen Busfahrer, der sie misstrauisch aus seinen alten Augen mustert, die fast unter seinen langen Haaren verschwinden. Es erfüllt sie mit Unbehagen, dass sie ihn nicht kennt und auch noch einige der wenigen Personen, die über sie Bescheid wussten, verschwunden ist.
Wo zum Teufel ist der alte Busfahrer?
Verzweifelt versucht sie sich nichts anmerken zu lassen und nickt ihm schwach mit einem Lächeln zu.
Sie redet sich ein, dass das hier kein schlechtes Zeichen sein kann.
Iseul ist nicht abergläubisch, aber sie hat Angst vor den kleinsten Veränderungen in ihrer gewohnten Umgebung und vor Allem hat sie panische Angst vor den Folgen, die diese mit sich bringen können.
Ihre Füße finden den Weg alleine auf ihren üblichen Stammplatz und sie setzt sich, immer noch beunruhigt, hin, um die Fahrt über aus dem Fenster zu starren.

Iseul stolpert einige Schritte durch die überfüllten Straßen und lässt sich dann erleichtert, auf einem freien Platz einer Parkbank fallen.
Ihr Blick durchbohrt die fremden Menschen, die an ihr vorbeiziehen.
Das Beobachten von fremden Personen hatte schon immer etwas beruhigendes auf sie.
Sie denkt sich gerne Geschichten zu den einzelnen Personen aus, Geschichten von Abenteuern oder einem lebensfrohen und erfolgreichen Leben.
Am liebsten beobachtet sie die älteren Personen, gezeichnet von ihrem Leben, ihre Falten drücken die Freude aber auch die Angst aus, die sie erlebt haben. Jede Falte erzählt eine kleine Geschichte und Iseul überlegt jedes Mal, wie sie wohl in dem Alter sein wird.
Wird sie auch so viele Geschichten erzählen können?

Sie schreckt zusammen, als eine große Hand sie sanft an der Schulter berührt.
Panik ergreift sie, noch bevor sie das Gesicht Seokjin zuordnen kann, der sie mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen ansieht.

Iseuls Herz schlägt wild gegen ihre Rippen und ihr Finger krallen sich panisch in ihre Jacke. Zum Weglaufen ist es jetzt schon zu spät, Seokjin wird sie dieses Mal nicht davonkommen lassen.
Er braucht Antworten auf seine Fragen und so schwer es Iseul auch fällt, sie kann ihn verstehen.

Seine Lippen bewegen sich, öffnen und schließen sich, formen Worte, die Iseul nicht hören kann. Ihr wird schlecht. Das war es dann, ihre Tarnung wird auffliegen und das völlig unvorbereitet.
Sein Gesichtsausdruck wechselt zu besorgt und bevor sie überhaupt reagieren kann, zieht er sie hoch und schließt sie in eine so herzliche Umarmung, so dass Iseul gar nicht mehr weiß, was sie von der ganzen Situation halten soll. Zurück bleibt die Verwirrung.
Dann sieht er sich kurz um, greift nach ihrer Hand und zieht sie zu einem weniger überfüllten Ort.
Vielleicht sollte sie jetzt die nackte Panik fassen, aber Iseul vertraut Seokjin.

Seine große Hand, die sich locker um ihre schließt, fühlt sich vertraut an und das, obwohl das hier ihr erstes tatsächliches Treffen ist. Wenn auch ein eher ungewolltes.
Seokjin verschränkt seine Finger mit ihren, als er das leichte Zittern ihrer Hand bemerkt.

Er führt sie zu einem kleinen Café, in dem nur einige ältere Damen ihren Kaffee genießen.
Sonst ist niemand hier zu sehen und Iseul ist sich mittlerweile doch nicht mehr so sicher, ob sie ihm wirklich vertraut.
Zitternd lässt sie sich auf den Stuhl ihm gegenüber nieder und redet sich ein, dass sie das hier jetzt ein für alle Mal klären sollte.

deaf | k.sjWo Geschichten leben. Entdecke jetzt