Es war am letzten Abend der drei Jahre, die unsere Prüfung für unsere Liebe sein sollten. Ebenso, wie an den anderen Abenden hatte ich mich gerade in meiner Felsspalte verborgen, damit der böse Zauberer mich nicht bemerkte, da vernahm ich auch schon einen lauten Knall und Cassmir erschien in der Höhle. Er trug diesmal ein langes schwarzes Gewand, das mit Silberfäden durchzogen war und machte einen müden Eindruck.
,,Ich weiß nicht, wer dir in der letzten Zeit Kraft gegeben hat, weiter als Gorgona zu leben und so standhaft meiner Werbung zu widerstehen. " sprach er mit leiser Stimme. ,,Aber es gibt jemanden, dessen Liebe so groß ist, dass ich nun keine Macht mehr über dich habe. Meine Zauberkraft schwindet und ich werde jetzt für immer gehen. Prinzessin Nour ihr habt gesiegt und mich überwunden. Wenn die Frist heute um Mitternacht abgelaufen ist, bekommt ihr eure menschliche Gestalt zurück!"
Damit kehrte er der Gorgona den Rücken und verschwand vor unseren Augen erneut mit einem lauten Knall und einer pechschwarzen Wolke. Kaum hatte sich diese verzogen, kam ich aus meinem Versteck gerannt. Überglücklich, dass der Fluch nun endlich ein Ende haben sollte, dachte ich nicht mehr an die Zeit und rief:
,,Prinzessin Nour jetzt kann uns nichts mehr voneinander trennen!" Aber im selben Moment, da ich ihren Nahmen ausgesprochen hatte, blendete mich ein gleißender Schein und ich verlor sogleich mein Augenlicht."...
,,Und was ist dann mit euch geschehen?" fragte die Prinzessin schluchzend. Der junge Mann hielt für einen Moment inne, denn plötzlich kam ihm die Stimme seiner Gebieterin in irgendeiner Weise bekannt vor. Aber er musste sich wohl getäuscht haben. So fuhr er fort:
,, Eine große Macht zog mich unaufhaltsam von meiner Liebsten weg und verbannte mich in die entlegenste Gegend der Welt. Dort raunte mir eine Stimme zu:,, Du hast den verbotenen Namen der Königstochter Nour ausgesprochen und weil dieser Name "Licht" bedeutet, wirst du von nun an Abennour genannt werden, der "Diener des Lichts" heißt!" Damit drückte mir die Stimme einen Wanderstab in die Hand und schickte mich auf den Weg, diese Einöde zu durchqueren. Aber erst nach vielen Tagen fand ich die erste menschliche Siedlung wieder und ein paar gute Leute, die mir zu essen und zu trinken gaben. Ich ruhte mich bei ihnen aus, bevor ich weiterzog. Überall fand ich gute Menschen und Böse. Aber den EINEN Menschen, wonach mein Herz schrie, fand ich nicht." Wieder hörte der junge Mann ein Schluchzen und er hielt erneut inne.
,,Was habt ihr, Gebieterin?" fragte er mitfühlend.
,,Ich weiß es nicht!" antwortete die Königtochter ihm. ,,Vielleicht rührt mich eure Geschichte so, weil ich einst selbst ein Teil von ihr war!"
,,Wie meint ihr das?" fragte ihr Gast und sein Herz füllte sich mit Hoffnung. ,,Mein Liebster, ich war die Gorgona und mein wirklicher Name hat so viel Leid über dich gebracht. Als ich dich heute morgen beim Stadttor sah, dachte ich, vor Freude sterben zu müssen. Aber ich wollte unbedingt wissen, ob du es auch wirklich bist und was dir nach deiner Verwünschung zu gestoßen ist. Deshalb habe ich dir nicht sofort gesagt, wer ich bin."
Noch während sie redete, riss sich Prinz Nael die Binde von den Augen und beide fielen sich in die Arme. Sie weinten und küssten sich. Nun waren sie endlich vereint. Zuletzt fielen ein paar Tränen der Königstochter auf sein Gesicht und benetzten seine Augen. Sofort konnte Nael wieder sehen und schaute zum ersten Mal seine Braut an. Sie war so wunderschön, dass er überglücklich um ihre Hand anhielt. Wenige Wochen danach wurde eine große Hochzeit gefeiert und sie lebten noch lange glücklich und zufrieden beieinander ;-)
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Gorgona - Aus Liebe erlöst
FantasíaVor dem Stadttor von Bagdad sitzt seit Jahren ein blinder Bettler und erzählt die Geschichte seines Lebens. Eines Tages wird die Ankunft der Königstochter gefeiert und als sie ihn bemerkt, bittet sie den jungen Mann ihr in den Palast zu folgen, um s...