Shaitan schlich durch das Unterholz des Waldes und ignorierte die Stacheln der Brombeerbüsche, die Fetzen seines schwarzen Fells ausrissen.
Kleine, spitze Krallen bohrten sich in seine Schultern, doch er war froh, dass zumindest das klägliche Wimmern der zwei Jungen verstummt war, die sich an seinen Rücken und Nacken klammerten.
"Bringst du uns zu Ashika?", fragte die kleine Kätzin, die von beiden Jungen die mutigere zu sein schien und oft das Reden für sich und ihren Bruder übernahm.
"Nein.", erwiderte Shaitan jedoch nur und duckte sich unter einem umgefallenen Baumstamm.
Er hatte die Jungen mitgenommen, um sie zu einer Kätzin zu bringen, die sich sicher gut um die zwei kümmern würde und er wusste, dass sie selbst Mischlingsjunge aufziehen würde, da die Kätzin vor einiger Zeit ihre eigenen Jungen verlor.
Niyati wird die zwei bestimmt gut aufnehmen, dachte Shaitan und konnte ein erleichtertes Seufzen nicht unterdrücken, als er dann endlich die alte Eiche im Schatten der Nacht entdeckte, unter deren Wurzeln sich die trauernde Kätzin ein eigenes Nest eingerichtet hatte, weil sie sich von den anderen Katzen fernhalten wollte.
"Wohin bringst du uns?", quiekte nun auch der junge Kater auf seinem Rücken, dessen Stimme vor Angst vibrierte.
"Zu einer Kätzin, die nun eure Mutter sein wird.", murmelte Shaitan und achtete nicht darauf, wie sehr er die zwei jungen Katzen damit verletzen konnte.
"Wo ist Ashika?", fragten sie beinahe gleichzeitig, doch auch, wenn Shaitan nicht sehr feinfühlig war, wusste er, dass es falsch war, den Jungen mitzuteilen, dass ihre leibliche Mutter einen qualvollen und ungewollten Tod gestorben war.
"Hört auf so viel zu fragen.", murrte der Kater also nur und blieb schließlich einige Schwanzlängen von der Eiche entfernt stehen.
"Niyati!", rief er ungewollt forsch. Die Jungen auf seinem Rücken raubten ihm langsam die Nerven und er konnte es kaum erwarten, sie endlich von seinem Rücken hinunter zu lassen.
Ein klägliches Seufzen war von der anderen Seite des Baumstammes zu vernehmen.
"Was willst du hier, Shaitan?" Die Stimme der Kätzin war kaum lauter als das Rascheln der Blätter über den Köpfen der Katzen, weshalb der Kater sich der Eiche noch weiter nähern musste, um sich mit der hoffentlich baldigen Ziehmutter der zwei Jungen auf seinem Rücken richtig unterhalten zu können.
Die jungen Katzen waren gehorsam still und horchten den Großen aufmerksam, obwohl sie noch immer nicht verstanden, weshalb sie überhaupt hier her gebracht werden mussten.
"Ich brauche deine Hilfe... Oder eher wir.", erwiderte Shaitan nach einiger Zeit des Schweigens.
"Wobei?" Bissig drang Niyati's Frage an die Ohren des Katers, doch die Kätzin hatte noch immer nicht den Entschluss gefasst, Nase an Nase mit dem Hilfesuchenden zu sprechen.
"Komm her und ich zeig es dir." Shaitan blieb ruhig und ließ die Jungen sanft von seinen Schultern rutschen, welche ihn aus großen Augen anstarrten.
Kurz leckte der Kater jedem von ihnen über die Ohren, wobei ihm die Kratzwunde an den Ohrenspitzen des kleinen Katers auffielen, die er ihm zugefügt hatte. Schuldgefühle wollten sich wie Kletten in seinen Pelz krallen, doch Shaitan schüttelte sich kurz, um sie loszuwerden.
"Also was ist?", fragte er, als er noch immer keine Antwort bekommen hatte.
Ein erneutes Seufzen ertönte und eine magere Kätzin mit verfilztem, goldenem Fell trat aus dem Schatten hinter der Eiche.
Shaitan sah sie erst geschockt an, doch er konnte nichts sagen, da der Blick Niyati's sofort auf die Jungen fiel und ihr Nackenfell sich sträubte."Sch- Schaff sie bloß weg von mir!", keuchte sie und wich wieder einen Schritt zurück.
"Niyati, ich weiß-"
"Nichts weißt du!", fauchte die Kätzin und funkelte Shaitan wütend an,"Wie kannst du es bloß wagen, Junge herzuschleppen, wenn du doch weißt, wie sehr ich unter dem Verlust meiner eigenen leide?"
Niyati fuhr blind vor Verzweiflung ihre Krallen aus und der Anblick der schwachen Kätzin versetzte Shaitan einen schmerzhaften Stich im Herzen.
"Wo ist denn Ashika nun?", meldete sich zögerlich eines der Jungen wieder zu Wort,"Ich habe ganz schrecklichen Hunger.", fügte es wimmernd hinzu und als Niyati ihren Blick erneut den zwei kleinen Katzen zuwandte, erwärmte dessen Ausdruck sich sofort. Sie hatte von dem Tod der Mutterkatze gehört, noch bevor die Suche nach den Jungen überhaut begonnen hatte. Von Anfang an war sie dagegen gewesen, die Mutter von zwei so jungen Kätzchen zu töten, auch wenn sie gegen das Gesetz verstoßen hatte, doch es war trotzdem geschehen.
"Ich habe die zwei vor Pratap gerettet.", murmelte Shaitan nun,"er wollte sie töten, da sie nunmal-"
"Mischlingsjunge sind.", beendete Niyati den Satz des Katers und lief zu den Jungen, an deren Fell noch immer der leichte Geruch von Milch hing.
Schmerzlich wurde ihr bewusst, wie hilflos sie waren. Ohne mich würden sie sterben, dachte die Kätzin und seufzte.
"Ohne dich würden sie sterben.", sprach Shaitan ihre Gedanken aus,"Bitte hilf ihnen... Ich verlange es nicht von dir, aber ich finde, sie haben den Tod nicht verdient."
"Sie sollten die Chance bekommen, ihre Fehler in diesem Leben wieder gut zu machen.", murmelte nun auch Niyati,"Als Mischlingsjunge geboren zu werden ist Strafe genug."
"Was haben wir denn falsch gemacht?", fragte die kleine Kätzin und blickte Niyati traurig an.
"Nichts Kleines.", schnurrte diese und stupste die Wange des Junges zärtlich mit der Nase an, wobei sie für einen Moment sogar kurz ihre eigentliche Trauer vergaß.
"Du wirst sie doch aufnehmen, oder?", fragte Shaitan, um die Aufmerksamkeit wieder auf sich zu ziehen. Leicht ungeduldig knetete er den weichen und modrigen Waldboden unter seinen Pfoten.
Niyati nickte als Antwort und sah den pechschwarzen Kater kurz dankbar an."Ich werde mich um sie kümmern, als wären es meine eigenen Jungen.", miaute sie und zog die zwei leicht zitternden Kätzchen mit dem Schweif näher zu sich.
Erleichterung blitzte in den Augen des Katers auf und mit einem fröhlichen Schnippen der Schweifspitze fragte er schließlich:"Wie wirst du sie nennen?"
Niyati sah auf die Jungen herab, die empört:"Wir haben doch schon Namen!" maunzten und ihr weiches Fell aufplusterten.
Sie schmunzelte leicht."Wie heißt ihr denn, meine Kleinen?", fragte sie leise schnurrend.
"Ich bin Aditi und das ist Ivan.", maunzte die kleine Kätzin sofort und peitschte ein Mal sanft mit dem Schweif gegen die Schulter ihres Bruders, der sich groß machte und die Brust hervor streckte, als wäre er etwas ganz besonderes.
Shaitan lachte, als Jivan noch hinzufügte:"Und ich werde einmal der größte Kämpfer der Welt, wie du da!", wobei der kleine Kater mit der Vorderpfote auf den breitschultrigen Kater zeigte.
"Das wirst du bestimmt." Liebevoll blickte Niyati auf die Jungen herab und sah dann zu Shaitan. "Ich danke dir vielmals.", miaute sie,"Du kannst uns jederzeit besuchen kommen."
"Das werde ich tun.", erwiderte der Kater und erhob sich,"Irgendjemand wird euch ja Pratap vom Hals fernhalten müssen." Grinsend neigte er seinen Kopf zum Abschied.
"Ich kann gut allein auf uns aufpassen!", erwiderte Niyati empört, obwohl sie wusste, dass der Kater es trotzdem tun würde.
"Möge das Schicksal euren Weg erleuchten.", lachte Shaitan jedoch nur und verschwand dann auch schon in den Schatten, die ihn durch seinen schwarzen Pelz wie einen Gefährten aufnahmen und verschwinden ließen.

DU LIEST GERADE
Unberührbar
Paranormal>>Schaut mal, da ist der Flohpelz! Passt bloß auf, dass ihr sie nicht berührt!>Du musst an dich glauben Aditi. Glaube an dein Karma. Eines Tages wirst du wiedergeboren werden. Als höherrangige Katze. Und erst dann kannst du uns helfen. Als akzeptier...