6 Tage waren eine verdammt lange Zeit, wenn man sich so sehr auf etwas freute wie es bei mir der Fall mit der Verbindungsparty war.
Man wartet und wartet, während es so scheint, als würde die Zeit überhaupt nicht vergehen. Zudem geht man im Kopf dutzende Szenarien durch, von denen man genau weiß, dass sie so sowieso nicht passieren werden und die Vorfreude steigt und damit unwillkürlich auch die Erwartungen.In unserer Squad war wieder Ruhe und Ordnung eingekehrt, nachdem Fiona und ich uns nach einer weiteren Zickerei am Montag schließlich einen Tag später wieder vertragen hatten. Heute war Donnerstag, ich saß wie jeden Morgen in der U-Bahn auf dem Weg zur Uni und bereitete mich schon einmal darauf vor, wie ich meinen Freunden heute beibringen würde, dass ich morgen Abend keine Zeit für sie hatte, trotz der Regel 'Der Freitag gehört alleine uns'.
Etwas mulmig wurde mir bereits jetzt bei dem Gedanken, den anderen absagen zu müssen. Vor allem Fiona würde gar nicht begeistert sein. Meine Nerven lagen von unserem letzten Streit noch blank und wenn ich nun daran dachte, dass in einer halben Stunde der nächste Streit nur hungrig lauerte auszubrechen, zog sich mein Magen direkt zusammen.
Ich schloss die Augen und versuchte mich etwas zu beruhigen, indem ich vor mich hin döste.
Aus dem Dösen schien jedoch ein Schlafen geworden zu sein, denn nach einer Weile merkte ich wie jemand sanft, aber bestimmt an meiner Schulter rüttelte.
Ich blinzelte und erstarrte. Nein, das konnte nicht sein! Ich musste noch Träumen!
"Ich will dich nur ungern stören, aber ich glaube du musst hier raus." Seine Stimme brannte sich sofort in mein Hirn ein. Sie war brüchig und sein Deutsch klang ein wenig abgehackt. Er hatte es schon wieder geschafft, dass ich meinen Blick kaum von ihm lösen konnte. Seine Augen zogen mich in einen Bann, aus dem ich mich nur schwer lösen konnte. Nur aus dem Augenwinkel nahm ich schließlich wahr, dass er mit dem Finger auf die Haltestelle deutete. Oh Gott, die Haltestelle! Er hatte Recht, ich musste hier raus und zwar schnell wenn ich nicht eine Station weiter fahren und dann viel weiter laufen wollte.
"Danke!", stammelte ich und hetzte aus dem Zug. Mir war bewusst wie bescheuert das vermutlich ausgesehen haben musste, doch das war mir gerade relativ egal, es gab nun wichtigeres über das ich mir den Kopf zerbrechen musste.
Wann war er eingestiegen? Hatte er mich schon lange beobachtet? Wie konnte es sein, dass er ausgerechnet dort eingestiegen war, wo ich saß? Und wieso um alles in dieser Welt wusste er, dass ich ausgerechnet hier aussteigen musste? Sah man mir so sehr an, dass ich Studentin war?
Mir schwirrte der Kopf und ich verfluchte mich selbst dafür, dass ich eingeschlafen war. Das hätte meine Situation sein können... Wir hätten ein viel sinnvolleres Gespräch führen können, ich hätte ihn fragen können, ob er morgen auch zur Verbindungsparty gehen würde... aber nein, das Schicksal meinte es mal wieder nicht gut mit mir.Samantha war ganz aus dem Häuschen, als ich ihr schließlich von der unerwarteten Situation heute morgen erzählte. "Er hat dich also geweckt und mit dir gesprochen?? Einfach so? Das ist wunderbar! Er ist also schon auf dich aufmerksam geworden." Ihr Grinsen bei diesen Worten war unbeschreiblich. "Wir werden ein leichtes Spiel haben." Verschwörerisch zwinkerte sie mir zu.
"Wie kannst du so zuversichtlich sein? Ich bezweifle ehrlich gesagt, dass er morgen da sein wird", seufzte er.
"Claire, niemand hier kennt ihn und letzte Woche hat er seinen Weg auch zu uns gefunden, also wieso morgen nicht auch?" Sie schenkte mir ein aufmunterndes Lächeln.
"Also, wir sehen uns dann morgen Abend um acht bei mir?", hakte sie noch einmal nach.
"Wenn Fiona mich am leben lässt, dann ja."***
In der Mittagspause traf ich mich schließlich mit Fiona und Leyla in einem Eiscafé um die Ecke, da heute morgen keine Zeit mehr für mein 'Geständnis' gewesen war.
"Also, über was wolltest du reden?" Fiona musterte mich von oben bis unten. Auch wenn wir uns vor zwei Tagen vertragen hatten, so war sie mir gegenüber immer noch etwas reserviert und die Tatsache, dass Leyla nun dabei war machte es nicht gerade besser.
"Es geht um morgen Abend", begann ich. Sofort schoss Fionas Kopf bei diesen Worten von ihrem Handy hoch. Sie sah mich eindringlich an.
"Meine Oma kommt dieses Wochenende vorbei... und naja morgen Abend wäre dann das berühmte Familien-Begrüßungsabendessen."
"Morgen?" Skeptisch zog sie eine Augenbraue in die Höhe.
"Ich dachte auch, deine Oma würde euch erst nächste Woche besuchen", schaltete Leyla sich ein.
"Ähm, nein ich hab das etwas verwechselt, sie kommt tatsächlich morgen schon."
"Und da bist du dir ganz sicher?" Fiona konnte wirklich schrecklich sein.
"Meine Mutter hat mich sicherlich nicht einfach so heute daran erinnert, dass Oma morgen kommt", antwortete ich patzig. Langsam reichte es mir. Man konnte eben nicht jeden Freitag Zeit haben!
"Na dann..."
"Fiona, ich kann es nicht ändern. Du weißt wie wichtig meiner Mum die Familie ist. Das war schon immer so und das wird auch so bleiben."
"CC, warum gleich so gereizt? Ist doch alles gut, du machst was mit deiner Familie und wir machen eben was ohne dich, ich sehe da jetzt nicht wirklich ein Problem." Genüsslich zog sie an ihrem Milchshake. Lügnerin.
"Gut, dann sehen wir uns morgen." Mit diesen Worten stand ich auf.
"Wo willst du hin?", fragten Fiona und Leyla gleichzeitig. Bei Fiona allerdings schwang deutlich mehr Empörung mit.
"Nach Hause, ich hab Kopfschmerzen und sowieso keine wichtigen Vorlesungen mehr."
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SUBWAY BOY
Roman pour AdolescentsSie hat ihn zuvor noch nie gesehen. Er muss neu an der Uni, gar neu in der Stadt sein. Woher kommt er und was macht er hier? Und wieso kann sie ihn und seine eisblauen Augen einfach nicht mehr vergessen? Wieso fesselt dieser Junge Claire so sehr? We...