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Mitte Oktober – 1996 – Hogsmeade – Harpyia Sicht 

Die letzten zwei Monate hatte ich zugegebenermaßen etwas Spaß mit Draco, doch wir durften unsere Aufgabe nicht vergessen und gerade dieses Pflichtbewusstsein führte dazu, dass wir uns immer häufiger anschwiegen. 
Es war mittlerweile tiefer Herbst und die Natur, welche mich durchaus ein wenig mit Freude erleuchten konnte, verlor ihre Blätter. Der Herbst erinnerte mich immer an die kommenden Weihnachtsferien im Dezember und an die Kälte, die kommen würde. 
Ebenso erinnerte mich der Herbst an die Sterblichkeit meiner Seele und ich dachte viel über die Schwarze Magie nach. Über Unsterblichkeit, denn die Unsterblichkeit war für jeden großen Zauberer ein interessantes Gebiet gewesen. Die Vorstellung ewig zu leben und den Wandel der Welt mitzuerleben und ihn vielleicht sogar in gewisse Richtungen zu lenken, gefiel mir sehr. 
Ich mochte den Herbst. 
Er war so unberechenbar, wie ich es war. Und er war kalt, so wie ich es war.

An diesem Tag liefen Draco und ich von Hogsmeade zurück. Wir schwiegen uns an und ich merkte, dass ihn etwas bedrückte. Doch ich beschloss nicht zu fragen, da ich wusste woran es lag und ich konnte es nicht ändern, dass er mit der Aufgabe als Todesser überfordert war, doch ich konnte es ihm auch nicht verübeln. 
Wir hatten uns darauf geeinigt, dass er vorerst die Aufgabe, die der Dunkle Lord ihm aufgetragen hatte, ausführen solle. Falls er scheitern würde, würde ich eingreifen, damit der Dunkle Lord zufrieden gestellt wird. Wenn ich ehrlich war, dann musste ich zugeben, dass ich mir ebenfalls nicht sicher war, ob ich dieser Aufgabe gewachsen war, doch ich ließ Draco in dem Glauben, damit er Nachts wenigstens ein Auge zu tun konnte. 
Ich hatte nichts zu verlieren und konnte demnach auch eigentlich riskieren. Einerseits frage ich mich, ob ich wirklich einen Menschen töten könnte. 
Andererseits wusste ich, dass ich als Mörderin von Dumbledore in die Geschichte eingehen würde und mein Vater würde mich vielleicht das erste Mal in meinem Leben ein Lächeln schenken, da er stolz auf mich war. 
Doch die Frage, ob ich wirklich eine Mörderin sein konnte, konnte ich mir nicht beantworten. Schließlich interessierte ich mich sehr für schwarze Magie, doch mehr war es eigentlich nicht. Ich war vielleicht kalt, gehässig und gemein, aber war ich deswegen in der Lage jemanden zu töten? 

Als wir im Schloss ankamen und uns in die Große Halle begaben, um unser abendliches Mahl einzunehmen, herrschte Aufruhr. 
Verlegen und fragend sah ich zu Draco, dem dies wohl offensichtlich unangenehm war. 
„Was starrst du mich so an?“, fragte er patzig. 
„Komm runter. Hast du es getan?“, fragte ich und zog ihn zur Seite. 
Draco seufzte. „Ja. Ich habe ihr das verfluchte Medaillon gegeben. Heute in Hogsmeade.“ 
Entgeistert starrte ich ihn an und zog ihn noch weiter zur Seite, da ein paar Schüler uns merkwürdig anstarrten. Dumme Gören, dachte ich mir. 
„Bist du verrückt? Vor allem: ihr? Wem hast du es gegeben?“, fragte ich dringlich. 
„Katie Bell. Sie sollte es zu Dumbledore bringen.“, flüsterte. 
Ich seufzte und verdrehte die Augen. 
„Das kannst du doch nicht so einfach machen.“, zischte ich. 
„Doch. Siehst du doch, dass ich es gemacht habe.“, zischte er patzig zurück. 
„Und wieso setzt du mich nicht darüber in Kenntnis?“ 
„Bist du meine Mama?“, gab er genervt als Antwort zurück und wendete sich zum Gehen, doch ich hielt sein Handgelenk fest. 
„Draco, wir arbeiten nicht gegeneinander, sondern zusammen. Ich versuche dir nur zu helfen, deswegen stoß mich bitte nicht ab.“ 
„Verstehst du das nicht? Erst sagst du, dass ich es versuchen soll. Jetzt habe ich es versucht und du verurteilst mich dafür.“, sagte er. 
„Wirklich Draco? Das glaubst du? Ich würde dich niemals verurteilen. Ich sage nur, dass man es hätte besser und vor allem sicherer machen können.“ 
Er seufzte und ich wusste, dass ich noch etwas sagen musste. 
„Pass auf. Wenn es nicht geklappt hat, dann versuchen wir es zusammen.“, schlug ich, meiner Meinung nach, sehr entgegenkommend, vor. 
Er schüttelte den Kopf und sagte nur: „Was soll denn daran nicht geklappt haben?“
Dieser arrogante Mistkerl. 

Wir setzten uns dennoch schweigsam an den Slytherin Tisch. 
Pansy bemerkte die angespannte Stimmung. 
„Ist alles okay bei euch?“, fragte sie. 
„Ja.“, sagte Draco nur, bevor ich etwas sagen konnte. 
Die Aufruhr in der Halle wurde immer lauter. Es war lauter als sonst und alle redeten noch mehr durcheinander als sonst. Irgendetwas stimmte nicht und ich hatte auch schon eine Vermutung, was es sein könnte. Hatte Draco es vielleicht wirklich geschafft? 
„Was ist hier eigentlich für ein ungewöhnlicher Lärm?“, fragte ich. 
Pansy lehnte sich vor und grinste. „Du hast es noch nicht gehört?“
„Würde ich sonst so dumm fragen?“, stellte ich patzig als Gegenfrage. 
„Diese Gryffindor, sie wurde offenbar verflucht und ist nicht bei Bewusstsein. Sie wird wohl für eine lange Zeit im Krankenflügel bleiben müssen.“ 
Ohne ein weiteres Wort stand Draco auf und verließ die Große Halle. 
„Entschuldigt mich.“, sagte ich zu Pansy und den Anderen und ging Draco eilig hinterher. 

Er blieb in einem anderen Gang, der etwas abgelegener lag und vor allem leer war, stehen. 
„Verschwinde, Harp.“, sagte er nur. 
Ich seufzte. „Ich muss es dir jetzt einfach sagen, Draco. Ich habe es dir ja gesagt, dass es zu unsicher ist.“
Er schwieg, lehnte sich an eine Wand, ließ seinen Körper langsam hinunter gleiten und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Ich gesellte mich zu ihm. 
„Was ist wenn sie stirbt?“, fragte Draco schluchzend. 
Überrascht wich ich ein Stück zurück. Der sonst so arrogante Draco machte sich Sorgen um einen anderen Menschen? Und dazu auch noch um eine Gryffindor, die er vielleicht mal höchstens beleidigt hatte, wenn er mit ihr sprach? Vielleicht hatte ich doch ein falsches Bild von ihm, denn er zeigte mir immer neue Seiten, die mich wirklich überraschten. Ich hasste Überraschungen. 
„Dann ist das halt so. Was ist sie auch so dumm und bringt das Medaillon nicht direkt zu dem, der es bekommen sollte?“, sagte ich. Ich rutschte näher zu ihm herüber und legte einen Arm um ihn. 
Komische Situation war das hier. Zu meiner Überraschung löste sich Draco aus seiner Position und lehnte seinen Kopf an meine Schulter. Mein Puls stieg etwas in die Höhe. Noch nie war ich einem anderen Menschen so nahe, nicht einmal meiner eigenen Schwester. 
Es fühlte sich seltsam an und ich wusste noch nicht, wie genau ich darüber urteilen sollte. 

„Du hast leicht reden. Dich mag er ja auch.“, sagte Draco nur. 
Mit „er“ meinte er natürlich den Dunklen Lord. 
„Das stimmt nicht.“ 
„Natürlich. Er hat dir ein Kompliment gemacht, in dem er dich talentierte Hexe genannt hat.“ 
„Seine Worte bedeuten nichts. Er ist grausam und mag niemanden. Außer sich selbst.“, entgegnete ich. 
„Was machen wir jetzt, Harp? Was soll ich tun?“, fragte Draco verzweifelt. 
„Erst mal beruhigst du dich jetzt wieder, dann gehen wir in den Gemeinschaftsraum und überlegen uns etwas.“, sagte ich. 
Ich konnte ein leichtes Nicken seinerseits wahrnehmen.

Eine Weile saßen wir noch an dieser kühlen Wand in irgendeinem Gang. Ich wollte ihn nicht zum Aufstehen zwingen, obwohl mir diese Sitzerei langsam zu blöd wurde. Dennoch wollte ich mich nicht mit Draco streiten, denn er war der Einzige, der mir zuhörte und mich wie einen normalen Menschen behandelte. Ich konnte mich mit ihm sehen lassen und er sich mit mir. 
Wir mochten uns beide gegenseitig, auch wenn er es niemals zugab und ich ebenso wenig. 

Auf einmal hörten wir Schritte, doch keiner von uns machte Anstalten, sich zu erheben. 
McGonagall kam um die Ecke. 
Überrascht blieb sie stehen, als sie uns erblickte und musterte uns seltsam. 
Nun erhoben wir uns doch beide, auch wenn Draco nicht motiviert dazu war.
„Mister Malfoy, Miss Bloodworth. Was tun sie hier?“, fragte sie verwirrt. 
„Dürfen wir uns hier nicht frei bewegen?“, fragte ich patzig. 
„Überdenken sie ihren Ton, Miss Bloodworth. Sie sollten in der Großen Halle sein.“ 
„Ich habe keinen Hunger.“, sagte ich monoton. 
„Und sie, Mister Malfoy? Haben sie auch keinen Hunger?“, fragte sie. Jedoch wusste ich, dass sie irgendetwas ahnte. Sie traute uns Slytherins nicht, weswegen ich sie auch nicht wirklich leiden konnte. 
Er schwieg. 
Kopfschüttelnd ging McGonagall davon. 
„Ich behalte sie beide im Auge.“, sagte sie nur und war fort. 

Wir bewegten uns nicht in die Große Halle, sondern direkt zum Gemeinschaftsraum und würden uns nun einen neuen Plan überlegen, wie wir Dumbledore ausschalten könnten. 
Irgendwie war ich der Überzeugung, dass Draco und ich zusammen so stark waren, dass wir es  irgendwie schaffen könnten.

Cold Sun -Kalte SonneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt