Kapitel 1

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Ich lag noch immer in meinem großen Bett als mich das Tapp- Tapp von Jakob's Tatzen auf dem Parkett weckte. An meinem Fußende bewegte sich etwas Schweres und kam auf mich zu.

Der kalte Atem kitzelte meine Haut. Ich tat so, als würde ich noch schlafen. Jakob stupste mit seiner kalt feuchten Nase an meine. Ich unterdrückte ein Lachen und atmete ruhig weiter. Ihm schien das gar nicht zu gefallen, er wiederholte sein Morgenritual, um mich zu wecken. Ich regte mich nicht. Er tat es zum dritten Mal und wartete kurz ab. Dann ging er in die Offensive und schlabberte mein Gesicht von oben bis unten ab.

Nun konnte ich mein Lachen nicht mehr halten, ich versteckte mich unter meiner Decke und rollte mich zusammen. Ihn störte das gar nicht. Er stellte seine  Vorderpfoten auf meinen Rücken und sprang, als wäre ich sein Trampolin. Bei seinem Gewicht war das fast schon schmerzhaft. Immerhin ging er mir, wenn ich stand, fast bis zur Brust. Das war für einen Wolf, meiner Zeit ganz normal. Allerdings war er was Besonderes. Er lief mir zu, kurz nach dem ich mit sieben, erblindete. Seit dem ist er mein engster Verbündeter, nach meiner Schwester Skye und meiner Tante Esme.

>> Ist ja schon gut, Jakob. Ich komm ja schon.<<

Entschuldigend stupste er mich wieder und tappte aus meinem Zimmer.

>> Clary, Skye. Frühstück!<<, hörte ich meine Tante von unten rufen.

Ich tastete auf meinem Nachttisch nach meinem Okular- es war ein Halsband, das mir das “räumliche Sehen“ ermöglichte. Es funktionierte ähnlich wie die Schallortung von Fledermäusen. Ein kleiner Sensor stieß Schallwellen aus und schickte meinem Hirn die jeweiligen Bilder der Umgebung. Als ich es fand und um meinen Hals band, suchte ich nach meinem Anziehsachen, die mir Skye raus gelegt hatte. In Sachen Mode war sie Unschlagbar – so glaubte ich jedenfalls. Ich konnte nichts sehen, dementsprechend wäre mein Klamotten Stil. Ich vertraute ihr einfach.

Ich fand sie auf einem Stuhl, neben meinem Bett.

Fertig angezogen, stieg ich die Treppe hinunter. Als ich unten ankam trat Jakob plötzlich an meine Seite. Sein weiches Fell streifte meine Haut unterhalb meines Rockes.

Ich verstand und hielt mich an seinem Fell fest, um mich von ihm in die Küche leiten zu lassen. Mein lockeres T-Shirt flatterte ein wenig- wahrscheinlich von einem offenem Fenster.

Der Duft von frisch gepresstem Orangensaft stieg mir in die Nase. Ich ertastete meinen Stuhl und bekam einen Kuss auf die Wange.

>> Guten Morgen, gut geschlafen?<<, fragte Esme. Jakob legte sich zu meinen Füßen.

>> Morgen. Ja, hab ich.<< Ich fand die Brötchen und Marmelade.

In Wirklichkeit, hatte ich wieder einen Alptraum. Ich stand auf einer einsamen Straße, in einer verlassenen Stadt. Am Ende der düsteren Straße stand eine Gestalt. Im Mond licht strahlte ein eiskaltes Lächeln. Weiße, spitze Zähne. Sie tauchten immer wieder in meinen Träumen auf- schon seit Tagen.

>> Wie schlimm war er?<<, fragte sie besorgt. Sie hatte mich schon wieder durchschaut- mist.

Blind Love - with different Eye'sWhere stories live. Discover now