Passage 1

4.9K 105 14
                                    

Zerknittert liegen Röcke, Hosen und Tops unachtsam hingeworfen auf meinem Bett

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.

Zerknittert liegen Röcke, Hosen und Tops unachtsam hingeworfen auf meinem Bett. Der Bass dröhnt aus der Stereoanlage und auf meiner Kommode herrscht ein wildes Chaos aus Lidschatten und Lipgloss. Daneben stehen zwei Gläser und eine fast leere Flasche billiger Sekt. Es ist kurz nach 22.00 Uhr und ich bin froh, dass es Freitag ist.

Endlich wieder eine lange Woche im Büro der Versicherungsgesellschaft hinter sich lassen und das Leben in vollen Zügen genießen.
Kurz begutachten ich noch einmal zufrieden mein Outfit im Spiegel, während Jess noch mit ihren langen, goldblonden Haaren kämpft.
Eigentlich ist es ja amüsant, dass wir uns mit vierundzwanzig immer noch aufführen wie nervöse Teenager. Gerade wenn man bedenkt, dass wir seit Monaten jeden Freitag dasselbe Ritual vollziehen.
Jeden Freitag kommt Jess schon früh am Abend zu mir, dann stehen wir eine gefühlte Ewigkeit vor meinem Kleiderschrank. Wir schminken und frisieren uns, während wir nebenbei ein paar Gläser Sekt trinken. Schließlich geht es ins Unique, einem kleinen Club in der City, in den mich Jess damals das erste Mal mitgenommen hatte.
Der Club ist alles andere als nobel. Die Tanzfläche ist klein, das Leder der Barhocker zerrissen und die Toiletten schmutzig. Und trotzdem sind wir nun schon so oft dort gewesen, dass mir dieser Club mit den immer gleichen Gesichtern, seinen dunkelrot gestrichenen Wänden und der kurvigen Spanierin an der Garderobe, Isabelle, richtig heimisch vorkommt.

Als Jess endlich ihre Mähne zu einem hohen Zopf am Hinterkopf gebunden hat, schnappen wir uns unsere Taschen und machen uns auf den Weg, um mit der Straßenbahn in die Stadt zu fahren. Von dort aus müssen wir nur zwei Blocks zum Unique laufen.

Schon oben am Eingang schlägt uns die laute Musik entgegen, die zunehmend lauter wird, je weiter wir die Treppen herunter stöckeln. Es ist wie immer sehr düster und mittlerweile auch schon richtig voll.
Fröhlich grinst mich Jess an, schnappt meine Hand und zieht mich wortlos mit sich Richtung Bar.

Ich bin so unglaublich froh, dass Jess und ich befreundet sind. Wir haben uns mit fünfzehn in einem Tanzkurs kennengelernt, zu dem mich meine Mutter drängte. Anfangs mochte ich sie eigentlich nicht. Sie war ein aufdringliches, lautes Mädchen, das sich durch ihr Talent ständig in Schwierigkeiten zu stecken und dann beschützt werden wollte. Eines der Sorte Mädchen, das sich ausgerechnet in den arroganten Typen mit der rasend eifersüchtigen Freundin verliebt und dessen Abweisung einfach nicht hinnehmen will.
Sie war die, die auf Partys entweder in einen Streit verwickelt war oder weinend auf der Toilette saß.
Unzählige Male habe ich ihre schönen, braunen Augen rot geweint gesehen.
Und trotz, oder gerade wegen diesem Chaos um sie herum, konnte ich sie irgendwie nicht stehen lassen. Erst als wir uns dann besser kennenlernten, merken wir, dass wir doch auch vieles gemeinsam hatten und irgendwann wurden wir zu einem unzertrennlichen Gespann.
Verstohlen mustere ich sie. Von dem Mädchen von damals ist nichts mehr übrig. Jessica ist eine richtig selbstbewusste Frau geworden, die gelernt hat, fast jeden um den Finger zu wickeln. Als sie plötzlich angefangen hat an Kilos zu verlieren, hat sie immer mehr an Selbstwertgefühl gewonnen.

Shards of Desire Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt