Ich lief hinein und durchsuchte die Räume so schnell wie möglich. Als ich die Tür zum vorletzten Raum öffnete, sah ich Sarah auf einem Stuhl sitzen, gefesselt, mit verbundenen Augen und Knebel im Mund. Als sie hörte, wie die Tür aufging, fing sie an zu zappeln und so gut es ging um sich zu treten.
"Ist ja gut Sarah, ich bin's", sagte ich und sie beruhigte sich sofort, "gleich bist du frei." Sobald ich alle Fesseln gelöst hatte fiel sie mir heulend in die Arme. Ich streichelte ihren Kopf und drückte sie an mich. "Es tut mir so schrecklich leid, Sarah. Ich hätte dich niemals alleine lassen dürfen."
Auf dem Weg zurück erzählte ich ihr, was wir herausgefunden hatten. "Was ist mit den Entführern?", fragte sie. "Die werden dir nie wieder wehtun", umging ich die unschöne Antwort.
Auf dem Platz angekommen, bat ich Franz und Frau Peters, den Umzug in das von uns ausgesuchte Haus zu organisieren, während ich mich mit Sarah auf die Matrazen setzte und sie ihren Schock verarbeiten ließ. "Wir sind jetzt sicher vor dem Virus, oder?", fragte sie. "Ja, mittlerweile müssten alle Infizierten hier tot sein. Das Virus kann sich also eigentlich nur entfernen." "Keine Angst mehr vor Fremden", sagte sie lächelnd und legte sich auf die Matraze. "Keine Angst mehr", bestätigte ich, legte mich neben sie, schob meinen Arm unter ihren Kopf und malte mit der Hand sanft Muster auf ihren schlanken Bauch.
Gerade als die Gruppe bereit zum Losgehen war, hörten wir laute Geräusche und Stimmen. "Hier sind sie!", rief eine weibliche Stimme. Plötzlich flogen Steine und Flaschen auf unseren Platz und verfehlten unseren Kurs nur knapp.
"He, aufhören", schrie ich, "wir sind nicht infiziert und wir wollen euch nichts tun!" "Halt dein Maul Junge!", brüllte die Frau zurück, "Ihr habt meinen Sohn getötet!" 'Scheiße, ich ich wusste nicht, dass die beiden zu einer Gruppe gehörten', schoss es mir durch den Kopf.
"Benutzt eure Rucksäcke als Schilde", rief ich dem Kurs zu, der immer noch dem Flaschen- und Steinehagel auswich. Dann lief ich zum Busfahrer. "Wie heißen Sie?", fragte ich schnell. "Willi", antwortete er verdutzt. "In Ordnung Willi, hören Sie mir genau zu, das ist vielleicht die einzige Chance, hier raus zu kommen. Sie müssen in den Bus steigen und langsam in Richtung des neuen Hauses fahren. Dann haben wir Deckung hinter dem Bus und können rüberlaufen. Schaffen Sie das?" Willi nickte und lief los.
"Geht hinter dem Bus in Deckung und versucht, in unsere neue Unterkunft zu kommen! Der letzte verriegelt dann die Tür, sie ist aus Panzerglas!" Der Bus setzte sich langsam in Bewegung und die Schüler drückten sich an der Seite des Busses entlang in Richtung der sicheren Zuflucht. Ich lief am hinteren Ende des Busses mit. Bald würden die Angreifer von hinten freies Wurffeld haben und ich wollte sie durch ein kleines Feuergefecht ablenken. Glücklicherweise liefen ein paar der Leute mit dem Bus mit, sodass mir nur noch fünf von ihnen gegenüberstanden. 'Nur noch' war vielleicht etwas optimistisch, angesichts der Tatsache, dass ich nur noch zwei Kugeln übrig hatte.
Kurz bevor der wegfahrende Bus das Feld freigab, sprang ich dahinter hervor und erwischte zwei der überraschten Angreifen mit den Kugeln. Jetzt brauchte ich Glück. Ich wich den fliegenden Flaschen und Steinen aus, und warf die Waffe in Richtung eines leicht dicken Mannes. Sie verfehlte, doch bei seinem Ausweichmanöver trat er auf eine Flasche und rutschte aus. Noch während er fiel, zog ich das Messer und stach einen der Angreifer nieder. Nun war nur noch die Mutter des Entführers übrig, sie starrte mich aus wütenden Augen an. Dann rannte sie auf mich zu und wollte mich packen, doch ich schaffte es, ihr auszuweichen, sodass sie stolperte und nach vorne fiel. Ich stach ihr das Messer in den Rücken, um kein Risikio einzugehen und sah mich um.
Auf der anderen Seite des Busses waren es noch etwa zehn Angreifer. Willi war circa 50 Meter von der Wand unseres Ziels entfernt, als ein großer Stein durch das Busfenster flog und ihn gefährlich am Kopf traf. Sein Kopf fiel auf das Lenkrad und Blut lief seine Schläfe hinunter. Der Bus blieb stehen.
"Lauft!", rief ich und der ganze Kurs mit unseren Lehrerinnen rannte auf die Eingangstür zu. Ich kam als letzter an und verschloss die Tür von innen. "Verteilt euch auf die Zimmer", sagte ich den Schülern, um sie etwas abzulenken. Durch die dicke Panzerglasscheibe sah ich, wie die Gruppe den Bus stürmte, Willi hinauszog und auf ihn einschlug. Ich sank an der Tür auf den Boden und vergrub die Hände in meinem Gesicht.
"Sei nicht traurig", sagte Sarah und ließ sich neben mir nieder, "du konntest alle bis auf Einen retten. Du bist ein Held!" Sie umarmte mich. "Willi ist für uns gestorben", flüsterte ich in ihr langes, braunes Haar, "er war ein Held, nicht ich." "Nehmen wir das freie Zimmer?", fragte Sarah und gab mir einen Kuss, "das haben wir echt verdient." Ich fand, dass sie Recht hatte. Außerdem brauchte ich Ruhe, um weiter zu planen. "Ja", sagte ich, "aber ich muss noch etwas nachgucken, komm mit."
Wir gingen in den Keller. Wie erhofft, gab es neben den einzelnen Räumen auch einen großen Gemeinschaftsraum mit Waschmaschinen. Diesen wollte ich später als Besprechungsraum nutzen. Wir hingen die Wäscheleinen mit den Klamotten ab und warfen sie in den Flur. Jetzt gab es für alle genügend Platz.
"Lass uns unsere Wohnung beziehen", lachte ich. Auf dem Weg nach oben klingelten wir an allen Wohnungen und beriefen ein Treffen im Keller um halb acht ein.
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Virus RH-135
Mystery / ThrillerDer halbinteressante Schulausflug einer zehnten Klasse nach Brüssel nimmt schlagartig eine krasse Wendung, als im Radio die Freisetzung eines tödlichen Virus bekanntgegeben wird. Ein Wettkampf um das Überleben beginnt...