13. Geheimnisse der Schule

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Zum Abendessen hin war der Speisesaal bereits gut gefüllt. Die Fünftklässler – zumindest diejenigen, die noch immer Experimentelle Magie bei Professor Withaker hatten – kamen gerade aus einer Freistunde, die sie gemeinsam genutzt hatten, um die angefallenen Hausaufgaben zu erledigen oder anzufangen. Gemeinsam mit Jesses Hilfe hatten Ava, Joshua und Evelynn schließlich den Aufsatz für Tränke und Gifte zu beenden (auch wenn ihr Mitschüler sich schwierig getan hatte, überhaupt erst ein Buch mit diesem Thema anzufassen) und waren danach rein zufällig an dem versiegelten Gang im Erdgeschoss vorbeigekommen. Entgegen Joshuas Behauptungen vom Frühstück stank es dort allerdings nicht nach Verwesung, sondern... relativ unspektakulär. Vielleicht lag ein Geruch von Putzmittel in der Luft, aber mehr auch nicht. Der Torbogen jedoch, der nach unten in die Kerker führte, war durch Magie versiegelt worden, das hatten sie auf den ersten Blick erkannt. Schimmernd hatte eine goldene Schicht darübergelegen, wie ein feingliedriges Spinnennetz aus Goldfäden und hatte sich sanft im nicht vorhandenen Wind hin und her bewegt. Es sah so fein und einfach aus, dass Evelynn schon kurz davor gewesen war, einfach die Hand danach auszustrecken, hätte Ava sie nicht aufgehalten. „Fass das nicht an", hatte sie gezischt. „Nicht, dass dir die Hand noch abfällt!"

„Ich will wissen, was sich in diesem Gang befindet!", meckerte Evelynn, als sie sich neben Jesse niederließ. „Ich kann es gar nicht leiden, wenn man Dinge vor mir geheim hält!"

„Das wissen wir", kommentierte Joshua stumpf. „Wir werden dir nie wieder eine Überraschungsparty schmeißen." Ava kicherte leise. „Das ist nicht lustig!"

„Also, ich fand es lustig, als sie dich durch den Garten gejagt hat, weil du ihr nicht die Wahrheit sagen wolltest. Ich hab dir gleich gesagt, das ist 'ne blöde Idee." Ava zuckte mit den Schultern und griff dann nach einer Karaffe mit eisgekühltem Wasser. „Und was diesen Gang angeht... wäre es nicht besser, wenn wir ihn einfach vergessen und ignorieren?"

„Wie bitte? Bist du denn gar nicht neugierig?", fragte Evelynn und blickte irritiert drein. Durch den Lärm der Schüler klingelten ihre Ohren ein bisschen und sie musste sich näher heranbeugen, als Ava flüsternd antwortete.

„Doch, aber es gibt einen guten Grund, warum man uns Schüler davon fernhalten will. Ich will einfach nur nicht von der Schule fliegen oder mich verletzen oder sowas." Sie nahm einen kurzen Schluck Wasser. „Versprich mir einfach, dass du nichts Unüberlegtes tust, okay?"

„Das geht nicht", erwiderte Evelynn nachdenklich. „Ich tue immer unüberlegte Dinge."

„Okay, dann mach nichts Dummes und Gefährliches", murmelte Ava und rollte mit den Augen. „Ich habe keine Lust, dich von der Decke zu kratzen."

Evelynn tauschte einen raschen Blick mit Jesse – und wusste, dass er dasselbe dachte. Sie schenkte ihm ein schwaches Lächeln und wandte sich dann ihrem Essen zu. Ava hielt das für ein gutes Zeichen und wechselte das Gesprächsthema auf die morgige Doppelstunde Wahrsagen, die sie und Evelynn zusammenhatten. „Denkst du, Lillibridge wird gleich mit den spannendsten Gerüchten des Sommers auffahren?"

„Höchstwahrscheinlich ja."

Kurz vor Ende des Abendessens erhob Evelynn sich und streckte die Arme. „Ich glaube, ich gehe schon mal hoch. Ich bin echt müde." Sie hob kurz die Hand, ihre Augen streiften Jesse und sie gab ihm mit einem kurzen, sehr subtilen Kopfnicken zu verstehen, dass sie auf ihn warten würde. „Nacht, Leute."

Unter der Marmortreppe musste sie ganze zwanzig Minuten ausharren, bis Jesse sich blicken ließ. „Warum hat das so lange gedauert, meine Beine sind fast eingeschlafen", beschwerte sie sich flüsternd und erhob sich aus ihrer ungemütlichen Sitzposition.

Priori Incantatem (HP/FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt