Das erste Date

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PoV Manu

Nervös wischte ich mir die schwitzigen Hände an meiner Hose ab. Es war meine beste Jeans, schließlich hatte ich heute ein Date. Ich hatte ich Ewigkeiten gebracht, bis ich mich endlich überwunden habe, Patrick zu fragen. Ein Wunder, dass ich es geschafft habe, schließlich war ich in unserer Schule eher der Außenseiter, während Patrick der Mädchenschwarm schlechthin war. Obwohl er sich bereits geoutet hat, rannten sie ihm in Scharen hinterher.

Deswegen freute ich mich heute umso mehr, dass er ja gesagt hatte. Und es war nicht mal ein ja, meinetwegen, wenn's dich glücklich macht, sondern ein ehrlich klingendes, erfreutes ja, gerne.

Da kam er auch schon durch die Tür und stoppte alle meine Gedanken und ich versuchte krampfhaft, ihm nicht entgegenzustarren. Wir haben ganz klischeehaft eine Eisdiele ausgewählt und ich hoffte inständig, dass nichts schief ging. Denn ich stand schon seit fast einem Jahr auf Patrick, und es wäre echt nicht cool, wenn dieses erste Date jetzt schief gehen würde.

"Hi"

Ich sah auf, direkt in seine hübschen Augen.

"Hi"

Ich war auf einmal verdammt nervös und zwischen uns breitete sich ein unangenehmes Schweigen aus.

Irgendwann schlug Patrick vor, dass wir uns vorne an der Theke Eisbecher bestellten und ich stimmte erleichtert zu.

Kurz darauf standen wir vor der gigantischen Auswahl an Eissorten, und während Patrick witzigerweise Stracciatella, Cookies&Cream und das Schlumpfeis in seinen Becher wählte, habe ich mich ganz einfach für drei Schokokugeln entschieden und wir gingen zurück zu unserem Platz. Wollten gehen.

Denn wie es passieren musste, sah ich die Stufe zum Tischbereich nicht und mein Eisbecher flog in hohem Bogen irgendwo hin, zerschellte auf dem Boden und mein schönes Schokoladeneis tropfte auf den Boden. Und ich? Ich saß auf besagter Stufe, blöd auf dem nun schmerzenden Hintern aufgekommen und traute mich gar nicht, mich zu Patrick umzudrehen. Vermutlich lachte er sich jetzt tot über so einen Volltrottel wie mich, der es nichtmal wie ein normaler Mensch über eine Stufe schaffte, ohne irgendetwas zu zerstören.

Kopfschüttelnd rappelte ich mich auf und sah Patrick schon neben mir stehen und erschrocken fragen, ob denn alles in Ordnung sei. Klar, ich hab nur grade das Date versaut. "Ja, alles bestens, danke". Bitter lachte ich auf und erntete einen verwirrten Blick von meinem Date. Ich hörte auf zu lachen.

Patrick führte mich behutsam zu meinem Stuhl und schob mir sein Eis hin.

"Müssen wir uns wohl teilen, so wie's aussieht", schmunzelte er und ich war beeindruckt, dass er das so positiv sah. Also fing ich schüchtern an, mit ihm zusammen sein Eis zu essen, während im Hintergrund die Verkäuferin mein Missgeschick wegräumte und mir beim Weggehen einen bösen Blick zuwarf. Ich wäre auch böse, wenn so ein dämlicher Schüler über meine Treppe fliegen würde und meine Eisschale kaputtmachen würde. Von den drei Schokokugeln mal ganz abgesehen.

"Mach dir keinen Kopf, die hat bestimmt genug davon", grinste Patrick mich an und ich fragte mich, ob man mir immer ansah, was ich gerade dachte.

Wir aßen schweigend fertig, und ich war mir schon fast sicher, dass kein Date dieser Welt so still ablaufen sollte, da erhob Patrick das Wort.

"Und du hast wirklich vier ältere Geschwister?". Erstaunt schaute ich ihn an, woher wusste er das?

"Woher weißt du das?"

"Habs mal in der Schule irgendwo aufgeschnappt. Über dich wird in meiner Clique viel geredet, Manu."

"Okay? Aber ja, es stimmt. Ist manchmal ganz schön anstrengend, und dazu bin ich noch der Jüngste. Hast du Geschwister?"

"Nein, aber manchmal wünsche ich mir tatsächlich welche. Es ist im Haus oft einsam"

Ich nickte, wusste nicht, was ich sagen sollte, doch das nahm mir Patrick ab.

"Willst du mich mal besuchen kommen, Manu? Ich mag dich nämlich wirklich gerne."

Und ein kleiner Rotschimmer entstand auf seinen Wangen und auch mein Kopf wurde ganz heiß. Patrick Mayer mochte mich!

"Äh, klar, gerne, warum nicht?"

Er lächelte vor sich hin und spielte mit dem Löffel, und ich saß daneben, mit keiner Ahnung, was ich jetzt tun oder sagen sollte.

"Ich geh dann mal zahlen", brachte ich schließlich hervor und stand auf. Vorsicht lief ich die Stufe herunter, ohne hinzufallen und bezahlte der Verkäuferin die zwei Eisbecher mit einem kleinen Zuschuss für das Glas.

Wir liefen aus der Eisdiele, die Straße herunter, ohne ein Ziel und ohne Sinn, bis ich an einem kleinen Café stehen blieb. Wir entschlossen uns, etwas zu trinken mitzunehmen, und wenig später stand ich mit einer Cola neben Patrick, der sich für eine Limo entschieden hatte. Diesmal hatte er darauf bestanden, zu zahlen, und ich hatte nach kleiner Diskussion eingewilligt, weil ich keinen Streit haben wollte.

Wir standen so da und quatschten über belanglose Themen, bis ich auf einmal einen Schlag gegen die Schulter spürte und einen Schritt nach vorne stolperte, mit meiner Cola, die sich nun über mich ergoss. Mein ganzes Gesicht kribbelte von der Flüssigkeit und ich konnte die Cola bereits spüren, wie sie mein Shirt durchweichte. Aus dem Augenwinkel sah ich einen Fahrradfahrer, der wohl an mir hängen geblieben war und jetzt schlenkernd weiterfuhr, ohne sich auch nur umzudrehen. Arschloch.

Während ich ziemlich entmutigt und sauer die nun fast leere Flasche abstellte und die Cola an meinem Shirt kleben spürte, hörte ich, wie Patrick dem Jungen auf dem Rad empört irgendwas hinterherschrie. Ich wischte mir notdürftig übers Gesicht.

Ein wirklich tolles erstes Date hatten wir da, dachte ich bitter und verzog das Gesicht. Da fing Patrick auf einmal an, fürchterlich zu lachen.

"Was ist so lustig?", fragte ich missmutig nach, denn dieses Date ist mal so richtig in die Hose gegangen, und es hatte mir wirklich etwas daran gelegen. Patrick beruhigte sich allmählich wieder, bevor er sprach: "Weißt du, dieses Date war irgendwie echt cool. Auch wenn wir viel zu wenig geredet haben, einen Eisbecher geschrottet haben, uns fast wegen Geld gestritten haben und du jetzt ziemlich, naja, mitgenommen aussiehst, fand ich es schön. Wir haben uns zwar echt Mühe gegeben, aber wir sind wohl keine Datemenschen, Manu. Und trotzdem war es das schönste Date, das ich je hatte. Danke, dass es mit dir sein konnte."

Seine Worte berührten mich irgendwie, denn sie zeigten, dass nicht immer alles perfekt ablaufen musste, um glücklich zu sein. Dass es reicht, wenn man mit der richtigen Person unterwegs ist, und man dann auch dann glücklich sein kann, wenn man mit Cola von oben bis unten voll klebte.

Apropos Cola.

"Du bist da noch voller Cola", murmelte Patrick und fuhr mir mit einem Taschentuch sanft über das Kinn, die Wangen und meine Lippen.

Und mit der anderen Hand hielt er mich sanft am Hinterkopf fest und fuhr mit seinen Fingern manchmal zärtlich durch meine Haare.

"Das ist jetzt wohl die blödeste Ausrede, die ich jemals gebracht habe, um jemanden zu küssen, aber mit dem Taschentuch geht das nicht von deinen Lippen weg", sagte er und schaute mich dabei so süß an, dass ich nicht anders konnte, als mich zu ihm vorzubeugen, dass sich unsere Lippen berühren konnten.

Und vielleicht ist dieses Date doch gar nicht so schlecht gelaufen, wie ich dachte.

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