Als wir das Haus betraten, atmete ich den Geruch des brennenden Holzofens und des gekochten Gemüses tief ein, der sich mir sofort nach Öffnen der Tür ergab. Die Küche und das Wohnzimmer waren verbunden und insgesamt sehr groß. So groß sah das Haus von außen nicht aus.
„Liebling, ich habe schon die Kartoffeln aufgesetzt, du kannst jetzt die-", der Mann unterbrach seinen Satz als er mich sah. „Eier kochen...", fügte er verwirrt hinzu.
„Das ist-", auch die Frau zögerte. „Cheryl. Ich heiße Cheryl.", fügte ich noch hinzu und versuchte, den Fremden freundlich anzulächeln. Das gelang mir scheinbar nicht, da mein Gesicht noch ziemlich kalt war und ich wohl eher aussah, als hätte ich Blähungen.
Die Frau führte mich in das Wohnzimmer und ich setzte mich auf ein großes Tierfell, das vor dem glühenden Kamin auf dem Boden lag, wo ich meine kalten Hände rieb, bis sie sich wohlig warm anfühlten.
Einige Minuten saß ich da allein und dachte darüber nach, ob diese Menschen wirklich so freundlich waren wie sie vorgaben. Ich vertraute ihnen noch immer nicht, auch wenn ich bisher nichts erkennen konnte, das auf schlechte Menschen hindeutete.
Und ehe ich mir meinem Kopf zerbrechen konnte, setzte sich die Frau plötzlich neben mich: „Ich heiße Anna Shoemaker. Mein Mann William und ich wollen dir helfen, also hab keine Angst", sagte sie ruhig. Ich lächelte und das einzige was ich herausbrachte war ein: „Vielen Dank, Mrs. Anna.".
Langsam beruhigte ich mich und mein Misstrauen den Beiden gegenüber verblasste.
An diesem Abend gaben sie mir einen Großteil ihres gekochten Essens ab und als wir alle fertig waren, führte mich Mrs. Shoemaker in ein kleines, aber gemütliches Zimmer das direkt unter dem Dach lag.
Dort stand ein Bett, das zwar nur halb so groß war wie mein Altes, jedoch war ich trotzdem sehr dankbar dafür. Auch ein Nachttisch und ein kleiner Kleiderschrank standen in dem Raum. Anna ließ mich kurz allein, ehe sie mit einem rosa Schlafanzug zurückkam. Ich bedankte mich bei ihr und sie verließ den Raum.
Angegrenzt an das Zimmer war ein großes Bad, in dem ich mich sogleich duschte und mir dann den Schlafanzug anzog. Er war nicht sehr weich, eher kratzig. Die Menschen hier benutzten scheinbar keinen Weichspüler. So fühlten sich auch die Handtücher an, mit denen ich mich nach dem Duschen abgetrocknet hatte.
Als es bereits stockdunkel draußen war und mir meine gesäuberte Armbanduhr zweiundzwanzig Uhr anzeigte, legte ich sie auf dem Nachttisch ab.
Mein weißes Kleid hatte ich in den Wäschekorb gelegt und Jasons Pulli lag am Fuße meines Bettes. Ich brauchte ihn, um schlafen zu können. Ganz egal wie verdreckt er war. Jason hatte mir in der ganzen Zeit, in der ich leiden musste, Kraft und Mut gegeben, alles zu überstehen. Selbst als er nicht mehr hier war und mich nicht mehr in den Arm nehmen konnte, wenn Mum oder Dad wieder mal wütend auf mich waren. Sobald ich an ihn dachte, öffnete sich mein Herz. Ich vermisste ihn unendlich, so auch an diesem Abend. Einige Tränen verließen meine Augen und rollten an meinen Wangen herunter.
Ich lag an die Decke starrend in diesem fremden Bett und wusste: Auch wenn ich jetzt nicht auf der Straße liege und auch wenn ich nicht mehr hungrig bin, alleine bin ich noch immer. Und das wird sich nie mehr ändern. Offengestanden hatte es das auch nicht, bis heute nicht.
Am nächsten Morgen weckte mich ein krähender Hahn. Ich blinzelte und die Sonne strahlte mir direkt ins Gesicht. Ich hätte jeden Grund gehabt glücklich zu sein, denn ich hörte Mr. Und Mrs. Shoemaker schon in der Küche hantieren. Sie bereiteten das Frühstück vor und bei dem Gedanken daran lief mir das Wasser im Mund zusammen. Jedoch war ich niedergeschlagen, als hätte ich die ganze Nacht kein Auge zu bekommen.
Also hievte ich mich aus dem Bett. Am Fußende lag noch immer Jasons Pullover. Daneben lagen eine schwarze Hose und ein sonnengelbes T-Shirt. Die Hose hätte meiner Mutter gehören können, so groß war sie. Ich gab mich damit jedoch zufrieden und schlurfte ins Badezimmer. Dort angekommen streifte ich mir meinen Schlafanzug vom Körper und wollte gerade unter die Dusche steigen, als sich die andere Tür, die zum Flur führte, langsam öffnete. Ich quietschte kurz und band mir, so schnell ich konnte, ein Handtuch um den Körper. Ein junger Mann stand vor der Tür und starrte mich verwundert an.
„Entschuldige, Miss.", sagte er perplex und knallte die Tür schnell wieder vor einer Nase zu.
Schockiert starrte ich noch einige Sekunden auf die Tür, durch die gerade ein Fremder spazieren wollte, dann duschte ich mich jedoch schnell, um das Frühstück nicht zu verpassen. Den jungen Mann hatte ich schon fast vergessen, ehe ich die Treppe hinunter in die Küche kam.
Am Esstisch saßen Mr. Und Mrs. Shoemaker und neben Anna saß der junge Mann. Der Schock von gerade eben wirbelte wieder hoch und ich musste mich wirklich zusammenreißen, nicht laut aufzuschreien. Auch der Junge sah verstört und beängstigt aus. Ich jedoch lächelte nur freundlich und als ich mich setzte, brachte ich gerade ein „Guten Morgen.", heraus.
„Guten Morgen, Liebes. Möchtest du ein Ei?", fragte mich Anna. Ich nickte. Außerdem nahm ich mir noch eine Scheibe Brot und das Marmeladen-Glas, das auch auf dem Tisch bereitstand.
Während ich aß, sah ich einige Male zu dem dauerhaft verwirrt scheinenden jungen Mann hinüber, der andauernd auf seinen Teller starrte und aussah, als hätte er einen Geist gesehen. Langsam belustigte mich sein Anblick, so durcheinander sah er aus.
Als das Frühstück beendet war und wir alle beim Abräumen halfen, sprach William zu seinem Sohn: „Ich gehe jetzt auf die Felder, der Mais muss geerntet werden. Jordan, würdest du mir bitte behilflich sein?". Jordan, schöner Name, dachte ich.
„Klar Dad.", entgegnete er und folgte seinem Vater in den Flur ehe ich die Tür zufallen hörte.
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The Diary of Cheryl Blossom ✔
Fanfic[Band I: The Diary Of Cheryl Blossom ▪︎Abgeschlossen] [Band II: The Diary Of Betty Cooper ▪︎ Erstes Kapitel am ...] - Cheryl Blossom - dieser Name spiegelt so viel Trauer und Einsamkeit, wie kaum ein anderer. Das war es jedenfalls, was man von mir d...