schwärzeste Sorge

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Larissa war die erste von denjenigen, die Felix und Jakob helfen wollten. Sie landete am Waldrand nahe des Dorfes und verwandelte sich im Schutze der Bäume.
Dann machte sie sich auf den Weg in den Ort, wo sie eine kleine Bäckerei mit einem Stehcafé fand. Sie war wieder ziemlich durchgefroren, daher kam ihr ein heißer Kaffee gerade recht. Sie nahm ihre Tasse entgegen und stellte sich so, dass sie die Dorfstraße im Blick halten konnte.

Daniel war kurz nach ihr eingetroffen. Er war ziemlich erledigt, denn er hatte sich sehr angestrengt und war so schnell wir nur möglich geflogen. Er war pfeilschnell dahin geschossen.
Er landete in einer ungenutzten Scheune und lief dann ebenfalls in menschlicher Gestalt in das Dorf. Er spürte die Anwesenheit eines zweiten Vampirs und wusste nicht, ob es sich um Freund oder Feind handelte.
Als er, seinen Instinkten folgend, die Bäckerei erreichte, ging er zielstrebig auf die junge Frau zu. Das musste das Mädchen Larissa sein.
Sie sahen sich an und wussten beide Bescheid, dass sie einen Vampir vor sich hatten.
Zuerst war Larissa erschrocken, denn sie wusste nicht, ob sie nicht vielleicht den gedungenen Mörder vor sich hatte.
Doch Daniels Aura war einfach friedlich, beruhigend und irgendwie edel.

„Hey", sagte Larissa schüchtern. „Du bist Daniel, oder?"
Er nickte. „Ja."
Larissa wusste nicht recht, wie sich sich verhalten sollte. Der junge Mann vor ihr war nicht nur ein Vampir, sondern auch ein Prinz. Und wie, verdammt verhält man sich korrekt in der Gegenwart von so jemandem?
Daniel spürte ihre Unsicherheit und versuchte sich mit einem zugegeben etwas schwachen Witz:
„Hey, du brachst keine Angst haben, ich beiße schon nicht ..."
Sie schauten sich an und prusteten los. Das Eis war jedenfalls gebrochen.

Larissa trank noch einen Schluck von ihrem Kaffee, als ihr Blick durch das Fenster fiel und sie ein Auto sah, das an der anderen Seite der Straße gehalten hatte. Dort befand sich ein Lageplan des Dorfes, und jemand stieg aus, um auf diesen Plan zu schauen.
Sie stieß einen Schrei aus. „Steve!"
Daniel folgte ihrem Blick. Zum Teufel, ja, das war Steve aus Berlin!
Und noch ehe er sichs versah, waren sie beide hinüber gelaufen um die anderen zu begrüßen.
Belinda sprang aus dem Auto und bellte wie eine verrückte, völlig überdreht vor Freude, ihr Frauchen wieder zu sehen.
Larissa streichelte sie, hatte dann aber nur Augen für Steve, und nachdem sie beide kurz gezögert hatten, nahmen sie sich in den Arm.
Daniel dagegen sah Marti in die blitzeblauen Augen, und allen guten Vorsätzen zu Trotz, den Gefühlen für ihn keine Beachtung mehr zu schenken, konnte er nicht anders und umarmte Marti ebenfalls. Der ließ sich das gern gefallen und lehnte sich sehnsuchtsvoll in die Umarmung hinein.

Bei einigen Tassen Kaffee in der Bäckerei überlegten sie kurz darauf, wie sie weiter vorgehen sollten. André war etwas unwohl zu Mute, er musste an einen anderen Tag in einer anderen Bäckerei denken und behielt vorsichtshalber die Straße im Auge.
Aber hier waren sie schließlich nicht in Transsylvanien, hier glaubte niemand an Vampire.
Gemeinsam beschlossen die Freunde, zu den Denzers zu gehen. Vielleicht würden sie dort erfahren, wo Jakob und Felix waren.

Es war nur ein paar Straßen weiter, also machten sie alle sich zu Fuß auf den Weg.
Als sie bei Hause der Denzers angekommen waren, stellten sie fest, dass die Haustür aufstand. Belinda begann mit gesträubtem Fell zu knurren, kläffte dann wütend los und stürzte durch die Tür ins Haus. Die Freunde liefen hinterher und noch bevor sie die Tür erreichten, huschte jemand in irrsinniger Geschwindigkeit an ihnen vorbei.
„Verflucht!", schrie Frodo, der von dem Flüchtenden zu Seite gestoßen worden war. Larissa, Daniel und Belinda verfolgten den Fliehenden, während die anderen voller Angst ins Haus liefen. Hoffentlich war den Denzers nichts passiert!

In der Küche bot sich ihnen ein erschreckender Anblick. Vater und Mutter Denzer waren an zwei Stühle gefesselt worden, die Hände hinter den Rücken gebunden. Vater Denzer hatte eine blutende Nase und die Mama weinte leise.
Schnell wurden sie befreit, und während Frodo und Marti sich um Frau Denzer kümmerten, verarzte Steve mit Hilfe des Verbandskastens aus dem Auto Herrn Denzer.
Nachdem die beiden Eltern sich beruhigt hatten, erzählten sie, was geschehen war.
Daniel und Larissa waren mitsamt dem Hund auch wieder zurück, leider war es ihnen nicht gelungen, den Einbrecher festzuhalten.
Es stellte sich raus, dass Friedrich vom Schlossberge in etwa zur selben Zeit wie Larissa angekommen sein musste und sich sofort zu den Denzers begeben hatte. Er hatte sie beide blitzschnell überrumpelt, denn auch wenn er wegen des fehlenden Mantels nicht fliegen konnte, hatte er mit Hilfe seine Aura klargemacht, dass man sich ihm besser nicht widersetzte.

Er hatte versucht, herauszubekommen, wo Jakob sich aufhielt.
„Die Jungs haben uns nicht gesagt, wohin sie gegangen sind. Aber Himmel, wir sind hier auf dem Dorfe. Wir haben uns Sorgen gemacht, als wir gesehen haben, dass sie fort waren und ein paar Sachen mitgenommen haben."
Herr Denzer hustete.
„Aber sie sind gesehen worden. Vom Paul Berger, der am Dorfausgang wohnt, und vom alten Forstmeister Heimann, der zwar schon in Rente ist, aber immer noch viel im Wald unterwegs. Und da war klar, dass sie auf dem Weg zum alten Forsthaus waren. Es hat uns zwar verletzt, dass sie uns nichts gesagt haben, aber ... Felix hat uns von Jakobs Burnout erzählt, und da dachten wir, dass sie einfach komplett ihre Ruhe wollten, na ja, und haben sie in Frieden gelassen."

Er seufzte.
„Und dann kam dieser ... dieses ...", er schauderte, „was immer das auch war, und wollte wissen wo die Jungs sind. Aber wir haben nichts verraten."
Er sah die Jungs mit großen Augen an.
„Aber was zum Teufel ist los? Und wer war das?"
„Das ist kompliziert", sagte Frodo und begann eine kurze Zusammenfassung der ganzen Geschichte zu geben. Daniel unterstützte ihn, in dem er eine Verwandlung durchführte.

„Vam... Vampir ...?!", stotterte Mutter Denzer. „Unser Schwiegersohn ist ein Vampir ...?!"
„Nein", sagte Frodo. „Nicht mehr. Er ist ein Mensch. Aber er ist in Gefahr und Felix mit ihm. Denn wenn es so leicht war, herauszubekommen, wo sie hingegangen sind, wird es ihm auch gelingen. Wir müssen zu ihnen. Schnell!"
„Wir werden fliegen", sagte Daniel und zeigte auf sich und Larissa. „Und Sie sollten Felix anrufen und ..."
„Keine Chance", sagte der Vater, „dort oben hat man kein Handynetz. Ist ja hier im Dorf schon manchmal schwierig."
„Gut", sagte Daniel, der irgendwie ganz natürlich die Führung übernommen hatte. Ganz Prinz eben.
„Zwei Mann bleiben hier, Frau Denzer beschützen, man weiß ja nie. André und Frodo?"
Die beiden nickten.
„Gut", sagte Vater Denzer und sah Marti und Steve an. „Habt ihr schon mal auf Skiern gestanden?"
Beide nickten.
„Dann kommt mit zum Schuppen. Dort stehen einige, ich leite hier den örtlichen Ski- Wander- Club. Auf Skiern sind wir bei dem Schnee schneller unterwegs."

Und so machten sich die beiden Vampire durch die Luft, Vater Denzer mit Marti und Steve und der neben ihnen her laufenden und fröhlich bellenden Belinda auf Skiern auf den Weg, während André und Frodo bei der noch immer völlig aufgelösten Mutter Denzer blieben, die es sich nicht nehmen ließ, beide trotz der ganzen Aufregung mit Tee und Kuchen zu bewirten.

Wie heiratet man einen Vampir?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt