Neuntes Kapitel

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Noch während Junes sie jetzt zu diesem Nebenraum führte, versuchte sie immer wieder noch Menschen zu entdecken, die sie kannte. Doch konnte sie kein bekanntes Gesicht unter den Überlebenden erkennen, was ihr wirklich zusetzte.

"Kommst du jetzt endlich?", murrte Junes und stand vor einer schmalen Holztür, welche er aufhielt. Bella sah ihn entschuldigend an und ging wortlos an ihm vorbei in das Nebenzimmer, welches ein kleines Büro darzustellen schien.

Der ganze Raum war sehr altmodisch eingerichtet. Der Schreibtisch in der Mitte. Die zwei Stühle, die davor und dahinter standen. Die hohen Schränke, die an den Wänden standen. Auf dem Tisch lagen einige Papiere und auch einige Stifte. Die einzigen Beleuchtungen waren eine Glühlampe, die von der Decke hing und eine kleine Schreibtischlampe auf dem Tisch. Deshalb wirkte alles hier sehr düster. Die Steinwände schienen eine eisige Kälte auszustrahlen und die Blonde hielt sich etwas fröstelnd die Arme vor die Brust.

Als Junes, der nebenbei angemerkt gar nicht fror, die Tür hinter sich schloss, zuckte das Mädchen zusammen. Er ging einmal um sie herum und setzte sich auf den Stuhl hinter dem Schreibtisch. "Setz dich ruhig. Du bringst die Ruhe raus." Nach einem kurzen Nicken setzte sie sich also brav hin und sah ihr Gegenüber an, das gerade eine Flasche Wasser aus einem der Fächer des Tisches holte.

"Trink was. Du bist dehydriert." Mit einem leichten Lächeln hielt der Schwarzhaarige ihr die Flasche entgegen, welche sie dankbar annahm und gleich mal fast austrank. "Danke."

Kurz entstand eine unangenehme Stille, bis Junes diese brach. "Wer bist du?" "Bella." Er seufzte kurz. "Ich meinte, wer bist du wirklich?" "Wie soll ich das denn jetzt verstehen? Ich bin ein ganz normales Mädchen." "Du bist nicht normal." "Warum sollte ich nicht normal sein?" Junes ließ einen recht genervten Ton von sich. "Als du angegriffen wurdest, schienst du dich mit ihm zu unterhalten." "Mit wem?", fragte sie sichtlich verwirrt. "Diesem Monster." "Ja, ich habe seine Stimme in meinem Kopf wahrgenommen." "Wie hast du das gemacht?" "Ich habe nichts gemacht. Es ist einfach so passiert." "So was passiert nicht einfach so." "Woher willst du das wissen?" "Ich stelle hier die Fragen." Langsam aber sicher beschleunigte sich das Gespräch immer mehr und Junes schien auch langsam immer etwas aufgebrachter zu werden.

"Bist du auch daran Schuld?" "Woran Schuld?" "An all dem hier." "Ich würde so etwas nie tun!" "Und deine Familie?" "Die auch nicht." "Das glaub ich dir nicht." "Warum?" "Sonst könntest du nicht mit ihm reden. Woher kennst du S 680 überhaupt?" "Wen?" "Dieses komische Monster!" "Dieses Monster hat immer noch einen Namen." "Der da wäre?" "Jean. Ich habe ihn auch rein zufällig kennengelernt. Er lebt eigentlich vollkommen zurückgezogen und würde nie jemanden verletzen." "Ach ja? Und warum zerstört S 680 jetzt die ganze Stadt?" "Woher soll ich das wissen? Warum nennst du ihn überhaupt so?" "Du hast wirklich keine Ahnung, oder?" "Wie denn auch?"

Wieder war es still. Jetzt waren nur noch mehr Fragen aufgekommen. Was hatte das alles zu bedeuten? Was wusste er alles?

"Ich glaube dir." "Danke", warf Bella ihm sarkastisch vor die Füße. "S 680 oder Jean, wie du ihn nennst, ist ein Experiment der Forschungsfirma Atskia. Sie erforschen seit Jahren die Unsterblichkeit und suchen dabei ein Heilmittel gegen jede Krankheit. Jean war eines ihrer Testobjekte und das einzige, bei dem es angeschlagen hat. Sie wollten einen Gott erschaffen und haben ein Monster gezeugt. Er konnte fliehen, noch bevor sie ihn weiter erforschen konnten. Seitdem hat ihn nie jemand gesehen. Bis heute. "

Die Sechzehnjährige musste all das erst einmal auf sich wirken lassen und verarbeiten, bevor sie wieder etwas sagte. "Wann war das?", brachte sie mit unsicherer Stimme hervor. "Vor mehr als 60 Jahren." Über 60 Jahre?! Das war unmöglich. Jean sah nicht viel älter als in die 30 aus. "Woher weißt du das?" "Mein Großvater hat daran mitgearbeitet, aber nach dieser Geschichte ist er ausgestiegen. Die Firma existiert noch und sie forschen auch noch weiter. Er hat sich auf die Suche nach Jean gemacht, um ihn zu töten und diese Mission hat er an meinen Vater weitergegeben." "Und dieser dann an dich", schlussfolgerte die Kleinere.

"Aber warum kann ich dann mit ihm sprechen?" "Ich habe keine Ahnung. Eigentlich sollten das nur seine Erschaffer können, aber die sind schon lange tot."

Innerlich war das Mädchen nun noch viel aufgewühlter als zuvor, aber dennoch hatte sie nun endlich etwas Hintergrundwissen. Sie verstand jetzt, warum Jean ihr nie etwas erzählt hatte. Es musste schrecklich gewesen sein, all die Experimente über sich ergehen lassen zu müssen und wie ein besonderes Tier dann beobachtet zu werden, dessen Art man neu gefunden hatte.


DesasterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt