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Ich ging die Treppe des großen dreistöckigen Anwesen meiner Großtante herunter und wäre fast hingefallen, weil einer der beiden Koffer, welche ich trug, sich selbstständig machte. Er fiel die Stufen mit einem lautem Krachen runter und ich konnte meine Großtante, Ms James, schimpfen hören.

"Zarah James! Pass gefälligst auf, was du machst! Ich will nicht, dass du in den letzten Minuten, in welchen du in meinem Haus verweilst, noch alles kaputt machst."

"Entschuldigen Sie bitte Ms James", rief ich schnell.

Mir war es bis heute ein Rätzel, warum ich sie siezen musste. Ich lebte seit fünfzehn Jahren bei ihr und es war nicht ein Tag vergangen, an dem sie mich nicht, wie eine Angestellte behandelt hatte. So war sie eben, meine Großtante. Kalt und unnahbar. Aber jetzt würde sich einiges ändern.

Mein achtzehnter Geburtstag rückte in greifbare Nähe und auf einmal war meinem Vater anscheinend eingefallen, dass er ja noch eine Tochter hatte. Er hatte mich mit drei Jahren hier geparkt, weil er keine Zeit hatte. Zeit hatte er jetzt zwar nicht mehr, aber trotzdem wollte er sein Kind jetzt endlich kennenlernen. Sein Kind...ich war achtzehn...auf die Idee hätte er auch früher kommen können!

Meine Großtante stand an der Haustür und nickte mir zu, als ich hinaus trat. Wooow...! So viele Gefühle hätte ich ihr gar nicht zugetraut...! Sofort fiel die Tür hinter mir ins Schloss, ohne dass ich die Gelegenheit gehabt hätte mich zu verabschieden. Na super! Dass sie mich nicht leiden konnte, war mir schon immer klar gewesen, aber anscheinend wollte sie mich richtig loswerden!

In der langen Einfahrt stand ein Taxi und der Fahrer lehnte lässig mit einem dummen Grinsen an der Tür. Er war klein, glatzköpfig und absolut widerlich, aber an so etwas war ich schon gewöhnt. Das ganze Taxi roch nach Zigaretten und Tabak, so dass mir kotzübel wurde. Auf dem gesamten Weg zum Flughafen musste ich meinen Würgreiz unterdrücken. Dass der Taxifahrer mich durch den Rückspiegel immer wieder schmierig ansah, machte es nicht gerade besser. Am Flughafen gab ich ihm sein Geld, nahm mein Gepäck und stieg wortlos aus, ohne mich zu bedanken, was sonst nicht meine Art war, aber der Typ war mir einfach zu doof.

Alles klappte super, bis ich zur Sicherheitskontrolle kam. Ich hatte mein Zeug vorschriftsmäßig gepackt und hatte keine verbotenen Gegenstände dabei, aber der Typ vor mir schon. Er war etwa so alt, wie ich und hatte doch ernsthaft versucht Drogen mit zu schmuggeln. So ein Idiot! Wenn man schon illegale Dinge macht, dann muss man es auch richtig anstellen...und nicht im Handgepäck in einer kleinen Tüte als Tablettenform mit gehen lassen. Das war klar, dass es in die Hose geht! Schallt dein Gehirn ein Junge! Oder hast du keins?

Er sprach Spanisch und verstand offenbar kein Wort Englisch, denn er starrte den Wachmann nur irritiert an, als dieser ihm die Drogen wegnehmen wollte.

Ich wollte schnell an ihnen vorbei gehen, aber der Wachmann hielt mich fest. "Miss! Entschuldigen Sie, aber können Sie zufällig Spanisch?"

Ich wollte das eigentlich verneinen, aber ich hatte die blöde Angewohnheit, dass ich IMMER die Wahrheit sagte. Auch wenn ich es eigentlich gar nicht wollte, also hatte ich schon "Ja" gesagt, als mein Hirn sich erst regte. Mist!

"Wunderbar", sagte der Wachmann sichtlich erleichtert. "Können Sie ihm sagen, dass er die Dinger auf keinen Fall mitnehmen darf?"

"Klar", sagte ich und wiederholte es auf Spanisch.

"Das sind nur harmlose Schlaftabletten!", antwortete der Typ aufgebracht, aber irgendwie schwang auch ein kleines, schiefes Grinsen mit.

"Sir?", wandt ich mich an den Wachmann, ohne den Jungen aus den Augen zu lassen. "Was ist in den Schlaftabletten gefährliches drinnen?"

"Oh, ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich nur Schlaftabletten sind!"

Ich wiederholte das für den Jungen vor mir. "Lass sie doch einfach hier, wenn es nur Schlaftabletten sind..."

"Aber..."

"Willst du dein Flugzeug verpassen?", schnitt ich ihm das Wort ab. Murrend gab er die Dinger ab und durfte durch die Kontrolle hindurch.

Der wachmann dankte mir überschwänglich und ich beeilte mich mein Gate zu finden. Dort angekommen setzte ich mich auf eine Bank und zog ein Buch raus. Neben mich setzte sich jemand und grinste mich demonstrativ von der Seite an. Ich hob den Kopf und als ich den spanischen Vollpfosten von der Sicherheitskontrolle sah, verdrehte ich meine Augen und seufzte genervt.

"Kannst du dich nicht wo anders hin setzten?", fragte ich mürrisch auf Spanisch.

"Nein, ich glaube wir haben das gleiche Flugzeug!", sagte er auf Englisch.

Ich starrte ihn überrascht an. "Du sprichst Englisch?", zischte ich wütend durch zusammen gebissene Zähne. Er hatte schwarze Haare und einen viel zu großen Pulli an, was ihm auf eine merkwürdige Art und Weise echt gut stand, aber leider änderte es auch nichts an meiner unbegründeten Abneigung gegen ihn.

"Klar spreche ich Englisch! Ich wollte den Wachmann nur ein bisschen ärgern", sagte er und grinste dabei noch breiter. "Ich heiße Ilias und du?"

"Verzieh dich!", keifte ich.

"Interessanter Name! Ist 'Verzieh'dein Vorname und 'dich'dein Nachname, oder dein ganz normaler Vorname mit Bindestrich dazwischen?", konterte er geschickt. Ich versuchte ihn zu ignorieren und mich dafür auf mein Buch zu konzentrieren. Heute war eindeutig nicht mein Tag.

Ilias redete dafür munter weiter. "Ich komme aus Spanien, genauer gesagt aus Madrid und hab jetzt zwei Wochen Ägypten unsicher gemacht, bevor es für mich jetzt nach New York geht. Ich hoffe, dass ich da Fuß fassen kann. Und woher kommst du?", fragte er und lehnte sich zurück.

Ich ignorierte ihn so gut, wie möglich und tat so, als hätte ich ihm nicht zugehört. Als er mich schräg von der Seite ansah, antwortete ich: "Oh entschuldige, hast du etwas gesagt?", ich grinste. "Langeweile ist kein sehr guter Begleiter in Kombination mit geringer Konzentrationsfähigkeit!", sagte ich unschuldig. und ja...ich hatte mir den Satz davor ausgedacht.

Ilias schaute mich einen Moment perplex an, bis er laut loslachte. Sein Lachen war warm und freundlich. "Ich dachte schon, dass du keinen Humor hast!", sagte er lachend.

Ich sprang auf, streckte ihm grinsend die Zunge raus und ging rüber zum Boarding. So schnell es ging, lief ich durch den Tunnel ins Flugzeug und setzte mich auf meinen Platz. Mein Grinsen war immer noch da, was für ein Idiot!? Es verschwandt, als Ilias sich durch den Gang zwengte und sich einfach so neben mir nieder ließ.

"Was? Das ist nicht dein Platz! Steh sofort auf!"

"Natürlich ist das mein Platz!", sagte er und zeigte mir den Zettel auf dem 6B stand. Schreck lass nach! Das konnte doch nicht wahr sein!?

Ich zuckte zusammen, als Ilias mir ins Ohr flüsterte: "Hallo Sitznachbar!" Und ich hätte wetten können, dass er dabei grinste.



LOST GIRL (Helden Des Olymp FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt