Das Schwimmbad

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Ich weinte. Lautlos. Dennoch liefen Tränen über meine Wangen. Ich weinte.

Und keiner merkte es. Sie waren so damit beschäftigt, sich aufzuregen, selbst zu weinen, zu schnauben, und sich nach meinem Zustand zu erkundigen, dass sie keine Zeit mehr hatten mich anzuschauen. Sonst hätten sie den Glanz auf meinen Wangen erkennen können, den die getrockneten Tränen hinterlassen hatten.

Wieder eine warme Hand auf meiner. "Anna? Ich weiß nicht ob du mich hören kannst, aber egal, ich werd dir das jetzt trotzdem sagen. Ich kann dem dummen Arzt nicht mehr zuhören. Ich kann es einfach nicht mehr. Deine Mutter dreht schon durch, Jonas ist auch gut mit dabei. Er sagt die ganze Zeit, dass er sich nicht sicher ist, ob du es schaffst. Dass du es schaffst wieder aufzuwachen. Du bist sehr schwach sagt er:", >ohja, da hat er Recht, sonst hätte ich ihm schon lange meine Meinung gegeigt. Er muss doch nicht gleich den Teufel an die Wand malen?! Obwohl.. Wäre ich stark genug aufzuwachen, müsste er auch nicht den Teuel an die Wand malen.< "So wie ich dich kennen gelernt habe, bist du eine starke Frau, die sich nicht von so ein bisschen Krebs unterkriegen lässt. Und vor allem: lass mich bitte nicht mit diesen Idioten allein! Anna du musst wieder aufwachen!", "Leo schrei doch nicht so, sie kann dich sowieso nicht hören. Kommt Jungs, wir gehen was essen", Emma. Ich weiß nicht genau wieso, aber ich konnte die Schnepfe noch nie so gut leiden. Und wieder veruchte sie alles herunter zu spielen, und vor allem, alle Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Äh sorry, ich hab Recht auf meine Aufmerksamkeit, ich liege gerade nämlich im Koma und nicht du; Bitch.

Ich hörte ein, zwei Seufzer, dann verschwand die warme Hand von meiner. Es gingen mehrere Schritte und dann ging eine Tür zu. Sie hatte es wirklich geschafft, dass ihr alle hinterher rannten. Ich hasse sie. Sobald ich wieder wirklich wach bin, klatsch ich ihr eine. Das steht fest.

Mit diesem Gedanken schlief ich ein.


-

Blau. Unendliches blau.
Wo war ich? Ich versuchte um mich zu schauen. Erkennen konnte ich nichts. Doch. Luftblasen?
War ich unter Wasser? Ich schaute nach unten. Es war viel zu dunkel, um etwas erkennen zu können. Oben? Licht. Vielleicht die Sonne? Ich wollte mich darauf zubewegen; aber wie?
Es dauerte noch einige Sekunden, bis ich realisierte, dass ich wirklich unter Wasser war.

Mit all meiner Kraft schwamm ich Richtung Licht. Als ich die Wasseroberfläche durchbrach, schnappte ich automatisch nach Luft. Aber ich schien sie gar nicht zu brauchen. Hier wo ich jetzt war, brauchte man keine Luft zum Atmen. Warum?

Ich schaute mich um, ob es eine Möglichkeit gab, das Wasser zu verlassen. Ich war in einem Schwimmbad. Ein Freibad um genau zu sein.
"Anna? Was machst du hier?", rief mir eine junge Stimme zu. Ich drehte mich in die Richtung aus der der Ruf gekommen war. Es war Hugo, der Junge der im Koma lag, und irgendwie trotzdem unser Freund war. "Das kann ich dich auch fragen! Wo sind wir hier?!", ich war total verwirrt.

"Wir sind in meiner Zwischenwelt, aber keine Ahnung was du hier machst. Ich bin hier seit ich.. seit ich nicht mehr bei euch sein kann. Seit ich nicht mehr bei meiner Mama sein kann...", traurig schaute er zu Boden. "Aber jetzt komm doch erst mal aus dem Wasser" Er reichte mir die Hand und half mir aus dem Becken. "Und was machen wir jetzt hier?", ich hoffte es war einfach nur ein schlechter Traum", "Naja das weiß ich auch nicht so Recht. Ich weiß, dass du auch im Koma liegst, vielleicht ist das hier die Zwischenwelt für alle die im Koma liegen. Das wäre schön, denn dann wäre ich nicht immer so alleine", mitgenommen schaute ich ihn an: "Du bist also schon die ganzen Zwei Jahre alleine? Du hast seit zwei Jahren mit niemandem mehr geredet?" Das konnte ich nicht fassen. Er tat mir so leid.
"Ja genau, deswegen bin ich froh, dass du da bist. Obwohl es für dich ja nicht so gut ist."

Eine Weile redeten wir noch über Gott und die Welt. Tauschten uns über unsere Interessen aus. Schwammen. Waren einfach nur zwei Kinder die zusammen spielten. Wie früher.
Wir vergaßen total, wo wir grade eigentlich waren und vor allem, wieso wir hier waren.
Es tat gut einfach wieder Kind sein zu können, und schöpfe daraus Kraft.

"Anna, bitte wach auf! Wir brauchen dich hier!"

Ganz leise drang Leos Stimme an uns heran. Es war als käme sie aus dem Himmel zu uns herunter. "Was war das denn?", fragte ich Hugo. "Das sind die anderen die versuchen mit dir zu reden. Du nimmst sie nur sehr leise wahr, weil wir so weit weg sind. Du kannst ihnen nicht antworten. An den meisten Tagen ist es sehr schlimm, zuzuhören wie sie um dich weinen, und  du weißt ganz genau, dass du hier festsitzt und nichts dagegen tun kannst", er war gebrochen. Dieser kleine Junge hatte im Leben schon viel zu viel durchmachen und ertragen müssen. Ich würde ihm helfen. Sobald ich konnte.

Wieder drang eine Stimme aus dem Himmel an uns heran. Ich kannte sie nicht: "Los weg hier! Defibrilator auf 200 aufladen! Weg! Aufladen auf 300! Weg! Nochmal! Und weg!"

Ärzte. Ich spürte einen kleinen Stromschlag in meiner Brust. Plötzlich fühlte ich mich sehr leicht und um mich herum wurde, wieder einmal, alles schwarz. Fragend schaute ich noch ein letztes mal zu Hugo.

"Sie holen dich zurück."

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Veröffentlicht am 14. September

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