Anna

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-Leo

So schnell ich konnte fuhr ich zu Annas Zimmer. Ich hoffte einfach so sehr, dass sie sich nicht wirklich etwas angetan hatte.

Doch dort angekommen, wurden meine Hoffnungen schnell zerstört: Sie lag blutüberströmt auf dem Boden. Blut. Überall Blut. Um sie herum, viele Ärzte, die sie vorsichtig versuchten umzudrehen, wach zu bekomen, ihre Wunden zu säubern. Alles auf einmal.

"Leo verschwinde!", Diez schob meinen Rollstuhl wieder aus ihrem Zimmer heraus.

"Nein! Ich muss bei ihr bleiben! Ich bin Schuld dass sie das gemacht hat.", es tat mir so Leid. Ich wollte sie nicht wegen Emma versetzen. Ich hatte keine Ahnung, warum das vorhin mit Emma passiert war. Ich wollte Anna. Nur Anna. Und jetzt hatte ich alles kaputt gemacht. Wahrscheinlich hatte Emma Anna erzählt was zwischen uns beiden passiert war. >Scheiße<

Diez starrte mich verwirrt an: "Wie, dass sie das gemacht hat? Sie hat nichts gema..", "Warum liegt sie denn sonst da auf dem Boden?!", schnitt ich ihm das Wort ab. Er legte eine Hand auf meine Schulter und kam etwas zu mir herunter: "Sie war das nicht selber, Leo. Jemand hat ihr das angetan..." Mitleident schaute Diez zu Boden. Er konnte es nicht glauben, dass jemand der lieben kleinen Anna etwas angetan haben könnte. Aber die Beweise und Verletzungen sprachen für sich. Sie war das nicht selbst. Auf keinen Fall.

Ein eiskalter Schauer lief mir über den Rücken und mein Magen zog sich zusammen. Mir wurde richtig schlecht. Ich konnte nicht richtig atmen. Ich wusste was passiert war.
"Emma war eben noch bei ihr. Vor fünf Minuten ungefähr", hörte ich mich selber sagen.

Sofort ließ Diez von mir ab und rannte zur Stationsleitung, welche verzweifelt am Telefon hing und Annas Eltern benachrichtigte. "Sie müssen mit Emma sprechen! Leo hat mir gesagt, dass sie gerade noch bei ihr war!" Ihr Gesicht wurde kreidebleich. Sie legte den Hörer auf und lief mit ernster Miene auf mich zu. Dann ging sie vor mir in die Hocke und musterte mich einen Moment. "Bist du dir ganz sicher?", Emma war schon immer ihr Liebling gewesen. Ich vermutete, dass sie sich selbst in ihr wieder sah und deswegen eine so starke Bindung zu ihrer Patientin zuließ, "Woher hast du diese Informationen? Ich hoffe du weißt, dass das eine schwere Anschuldigung ist und wenn es nicht stimmen sollte, du eine harte Strafe zu erwarten hast?"
"Ja ich bin mir ganz sicher. Ich hab den Nachmittag mit Emma verbracht und wollte mich gleich mit Anna treffen, um abzuhängen. Wir haben total die Zeit vergessen und dann meinte sie vorhin, sie geht kurz zu Anna, um ihr Bescheid zu geben, dass das heute nichts mehr wird. Als sie wieder bei mir war, sagte sie, dass Anna total ausgerastet wäre und dass sie sich Sorgen mache, dass sie sich was antun würde. Ich bin sofort zu ihr gefahren, um nachzusehen, ob es ihr gut geht. Und dann wart ihr ja schon hier" Vor lauter Verzweiflung fing ich an zu weinen. Wieso hatte ich den Fehler gemacht und den Mittag mit Emma verbracht? Warum war ich nicht selbst zu Anna gegangen. Dann wäre all das hier nicht passiert.

"Hey, du brauchst doch nicht zu weinen. Anna wird wieder. Aber was hast du grade gesagt? Emma hatte das Gefühl, Anna könnte sich etwas antun?", sie schaute jetzt zu Diez und stand wiede auf: "Denkst du sie hat das inszeniert um Emma schlecht dastehen zu lassen? Um ihr eins reinzuwürgen?" Natürlich verschwendete die Ärztin keinen Gedanken daran, dass es vielleicht wirklich Emma gewesen sein konnte. Für sie war es Anna selbst gewesen.

Bevor ich noch etwas sagen konnte, schob mich Diez los, in Richtung mein Zimmer.

"Einen Moment noch Diez", drehte sich die Stationsleiterin und Ärztin zu Diez und flüsterte ihm zu, was ich jedoch auch hören konnte, aber wahrscheinlich nicht hätte hören dürfen: "Ich denke es ist die beste Idee, ICH rede gleich mit Emma und du schaust, dass Anna auf die Psychiatrische Station kommt. Zu ihrer eigenen Sicherheit. Es kommt nicht selten vor, dass Krebspatienten Selbstmordgedanken oder andere psychische Störungen entwickeln. Wenn sie wach wird, rede bitte mit ihr, und gib mir den Verlauf des Gesprächs weiter. Dann sehen wir wie wir weiter vorgehen, und welche Strafe Anna für ihr Verhalten bekommt.

Mit diesem Satz drehte sie sich um und ging. Ich drehte mich zu Diez hoch: "Das war sie mit Sicherheit nicht. Das war Emma"
Diez sagte gat nichts, schaute mich nur eindringlich an. Ich wusste was er mir damit sagen wollte: Er war der gleichen Meinung.


Veröffentlicht am 27. Oktober 2017

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