Zu viele Fragen[6]

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Immer noch gut gelaunt stand Harry am nächsten Morgen auf. Warum ihn ein "Dankeschön" von Draco so glücklich machte, wusste er selbst nicht genau, immerhin haben sich Tausende bei ihm bedankt, da er Voldemort besiegt hat. Aber bei Draco war es ein anderes Gefühl. Diesmal fühlte er sich, als hätte er wirklich jemandem geholfen, obwohl es nur eine solch kleine Tat war.

Als das goldene Trio sich auf den Weg zur großen Halle, zum Frühstücken, machte, sprang Harry wie Luna auf und ab.

"Hast wohl gut geschlaf'n, Harry?", fragte Ron

"Naja, ich bin zwar spät zu Bett gegangen, aber irgendwie gehts mir super"

Als Harry in die große Halle eintrat, suchte er erstmal nach Draco. Er fand ihn und sah, dass er beim besten Willen nicht annähernd so gute Laune hatte, wie Harry. Er schaute nur verträumt in der Gegend herum und stocherte in seinem Rührei.
Da fiel Harry wieder ein, dass die letzte Nacht für Draco nicht annähernd so gut lief, wie für ihn. Draco hatte geweint und wäre fast von Filch erwischt worden, wäre da nicht sein Erzfeind gewesen und hätte ihn gerettet.

Beim Essen fasste Harry einen Entschluss. Er würde nach Zaubertränke, was Gryffindor und Slytherin zusammen hatten, um ein Gespräch mit ihm fragen.
Da die letzte Stunde Zaubertränke war, konten sie den ganzen restlichen Nachmittag reden, Harry hielt das für eine tolle Idee.

Heute wurde ein Abschwelltrank gebraut. Harry und Seamus arbeiteten zusammen.Der Trank war so gut wie perfekt, doch dann warf Seamus ein bisschen zu viel der letzten Zutat in den Kessel, und der Trank explodierte.
Dafür bekamen die beiden nur ein enttäuschtes Kopfschütteln von Professor Slughorn, der immer noch unterrichtete, und ein schadenfreudiges Grinsen von Draco.
Die Stunde war vorbei, und Harry ging zu Draco wegen des Gespräches.

"Malfoy, warte mal!"

"Was willst du, Potter?" Wieder lag die Verachtung in Dracos Stimme, das verunsicherte Harry.

"Auch du bist mir Anworten schuldig. Ich würde gerne mit dir reden", antwortete Harry unsicher.

"Ich bin dir gar nichts schuldig und ich habe nicht vor mit dir zu reden, Sankt Potter!"
Mit diesen Worten verließ Draco den Raum.

Etwas enttäuscht musste Harry das wohl akzeptieren, er wollte nicht aufdringlich werden. Und doch bereute er jetzt, dass er Draco vertraute und ihm eines seiner Geheimnisse erzählt hatte.

Noch an diesem Nachmittag gingen Ron, Hermine und Harry zu Hagrid. Sie waren lange nicht mehr bei ihm gewesen zum Teetrinken.
"Hascht wohl Durscht Harry", mampfte Hagrid unter einem großen Stück Brot in seinem Mund hervor, nachdem Harry schon den dritten Tee ausgeschlürft hatte. "Willscht du noch wasch?". Harry bejahte dankend und setzte die heiße Teetasse an seine Lippen an. Er verbrannte sich, genau so, wie bei den anderen Tees.
Harry hatte eigentlich gar keinen so schrecklichen Durst doch Hagrids' Tee gab ihm immer innere Ruhe und Geborgenheit, wenn mal nicht alles nach Plan verlief. Was Harry am meisten störte war, dass es erneut Draco war, der seinen Plan durchinander warf.
Zum Glück konnten Hagrids lustige Sprüche und Rons unpassende Bemerkungen auf Hermines 'ernste' Gesprächsthemen (wie zum Beispiel die Hausaufgaben in Arithmantik, sie hatte erst zwei Rollen Pergament darüber geschrieben), auf andere Gedanken bringen.
Nach Harrys' fünften Tasse Tee machten sich Ron, Hermine und Harry wieder auf den Weg zurück zum Schloss.

"Salvio Hexia", sagte Hermine und das goldene Trio bekam Einlass in den Gryffindor-Gemeinschaftsraum. Er war fast leer, bis auf einige Fünftklässler und Neville, der sein Kräuterkundebuch aufmerksam studierte.

"Hey Neville, wo ist der Rest?", fragte Ron.

"In der großen Halle, spielen Zauberschach.", antwortete Neville knapp, bevor er eifrig weiterlas.

"Gehen wir dort hin?", fragte Ron in die Runde.

"Bin dabei.", schoss es Harry und Hermine gleichzeitig aus dem Mund und somit gingen sie in die große Halle.
Seamus und Dean saßen zwar am Gryffindor-Tisch und ein Schachbrett stand bei Ihnen am Platz, doch man konnte nicht behaupten, dass sie Zauberschach spielten. Viel mehr tauschten sie verliebte Blicke aus und batätschelten sich gegenseitig.
"Die beiden Turteltäubchen stören wir jetzt besser nicht", bemerkte Hermine und ging auf einen anderen freien Platz am Tisch zu. Ron und Harry folgten.

Während auch Hermine und Ron zu Turteltäubchen wurden, lies Harry verträumt die Blicke durch die Halle schweifen.
Genau in diesem Moment kam Draco mit Blaise hinein und sie setzten sich an den Slytherin-Tisch.
Als wäre Harry von einer unsichtbaren Macht gezogen worden, stand er auf und ging geradewegs zu ihnen. Er wollte schließlich immer noch das Gespräch mit Draco.
Ron und Hermine waren zu beschäftigt um das wirklich wahrzunehmen.

"Malfoy, du kommst jetzt mit. Wir haben etwas zu bereden.", sagte Harry streng.

"Potter, vergiss es. Ich bin deine Spielchen satt, geh weg.", entgegnete Draco bestimmt.

"Okay, möchtest du, dass jemand anderes, außer Zabini jetzt, von deinen nächtlichen Heulattacken erfährt?"
Blaise schaute Draco ungläubig, mit tellergroßen Augen an. Draco zuckte nur mit den Schultern und warf seinem besten Freund einen abwertenden Blick zu.

"Na schön! Aber glaub bloß nicht dass ich deinen Anblick lange ertragen kann."

Harry ging aus der Halle hinaus und stellte sich in den nächsten leeren Korridor. Draco folgte ihm.

"Also wie schon gesagt, du bist mir Antworten schuldig und ich erwarte, dass du ehrlich bist.", begann Harry. Woher er den Mut nahm, mit Draco so bestimmerisch zu reden, nachdem Harry schon drei Mal der Verlierer am Ende war wusste Harry selbst nicht. Er wusste nur, dass er etwas gegen Draco in der Hand hatte, nachdem er ihn zwei Mal beim Heulen erwischt hatte.

"Fein. Was willst du wissen!?", Dracos Stimme zitterte vor Verachtung.

"Warum heulst du?", fragte Harry direkt.

"Hat verschiedene Gründe."

"Die lauten?"

"Der Krieg. Was dachtest du denn?", fragte Draco ironisch.

"Hmm, stimmt, du warst ja auch auf der Verliererseite. Dann würde ich wohl auch heulen..."

"Doch nicht deswegen, du Volltrottel! Ich habe auch Menschen im Krieg verloren, aber der große Harry Potter hat natürlich mehr Mitleid verdient, oh ja, er musste so viel Schlimmeres durchmachen, der arme, waise Harry Potter."

"Ich habe nie Mitleid gewollt. Ich wollte auch nie etwas damit zu tun haben, aber du weißt ja auch, wie es ist, der Auserwählte zu sein. Man kann nichts dafür, okay?! Hör auf mit der kindlichen Spielerei!" Harry redete sich wirklich in Rage.

"Sie ist gestorben.", sagte Draco jetzt plötzlich ganz ruhig.

"Was?" Harrys Stimme war lauter als er es eigentlich wollte.
"Was?" wiederholte er deshalb nochmal deutlich leiser.

"Sie ist gestorben. Und ich habe es gesehen. Er hat sie vor meinen Augen getötet. Sie ist tot und sie kommt nie wieder!" Dracos Stimme klang resigniert.

"Was? Wer? Von wem redest du Draco?" Harry wollte etwas Mitgefühl zeigen, doch Draco nahm es nicht an.

"Ich habe dir genug gesagt! Und jetzt lass mich in Ruhe, Potter!" Dann verschwand Draco hinter der Ecke.

Und die Tradition setzte sich fort: Draco hatte Harry zum vierten Mal stehen gelassen. Diesmal war Harry nicht wütend oder traurig oder glücklich. Er hatte nur unglaublich viele Fragen.

Drarry - You give Love a bad NameWo Geschichten leben. Entdecke jetzt