19

1.2K 69 7
                                    

Was meinte er mit 'zu ihm nach hause'?
Diese Frage stellte ich mir jetzt seit über zwei Wochen , denn da habe ich ihn zuletzt gesehen. Tyler war wie vom Erdboden verschwunden. Einfach weg. Als ich Isy und Lexi davon erzählte , konnten sie sich auch nicht erklären , was er damit meinte. Irgendwie hatte ich Angst. Vor allem , was mich dort erwartete. Möglicherweise plante er , mir doch den Hals umzudrehen oder schlimmeres.

Ich war gerade zuhause angekommen, nach acht endlosen Stunden und setzte mich hin um zu essen , als es auf einmal klingelte. Irritiert stand ich auf und öffnete die Tür.
" Na hast du mich vermisst" grinste mir ein Tyler dreckig entgegen und trat ohne zu fragen ein. Ich schaute ihn verdutzt an , aber sagte nichts dagegen. Ich konnte ihn aus dem Haus werfen... meine Eltern waren sowieso noch in der Arbeit , also war das garnicht so auffällig. Aber meine Vernunft machte mir einen Strich durch die Rechnung.
" was willst du " fragte ich ihn augenrollend und setzte mich zurück in die küche um zu essen. Tyler ging langsam durch den Raum , Bis er vor dem Herd stehen blieb und mich von weitem musterte.
" Das weist du genau " entgegnete er und verschränkte dabei seine Arme , so als erwartete er jetzt etwas von mir. Ich schaute ihn ausdruckslos , ich hatte ihn nichts schlimmes angetan und das mit dem Auto war ja wohl sowas von , von gestern.
" Ne eigentlich nicht " meinte ich schulterzuckend und ging an ihm vorbei um meinen Teller wegzustellen. Der übertrieb doch einfach nur mit der Sache! Anstatt das einfach ruhen zu lassen...
" Ich verstehe nicht warum du nach zwei Wochen immer noch hier ankommst " sage ich herablassend und verschränkte nun auch die Arme . Tyler funkelte mich leicht angesäuert an, konnte aber nichts direkt dagegen sagen. Zwischen uns hatte sich etwas verändert , irgendwie waren wir nicht mehr so extrem auf Provokationen aus. Ok manchmal da brannte es bei mir durch, aber momentan war mit diese ganze Sache echt  überflüssig und unnötig. Soll der doch rumheulen, wenn der damit nicht klar kommt, dachte ich und entschied kurzer Hand einfach aus dem Raum zu gehen. Der Typ antwortete sowieso nicht.
" Wo gehst du hin " fauchte er mich plötzlich von hinten an, so als wäre er mein Erziehungsberechtigter.
" Weg von dir und dieser scheisse " zischte ich zurück , nahm meine Tasche die bisweil auf dem Flurboden lag und wollte gerade hoch gehen , als er mich wie vor zwei Wochen zurück zog und gegen den nächst besten Gegenstand warf. Da war es wohl diesmal die Wand.
" Was ist dein Problem " sagte ich laut und hielt mich am Rücken fest , der leicht weh tat. Der Typ hatte klare Gefühlsausbrüche. Idiot , dachte ich und drückte mich von der Wand ab. Erst der Kopf , dann mein Rücken , waren als nächstes meine Beine dran ?!
" DU hast ein Problem " schrie Tyler jetzt und funkelte mich böse an. Sein Zeigefinger war auf mich gerichtet , was soviel bedeutete wie : Jetzt bist du dran!
" Sowas verstehe ich nicht als Spaß " sagte er zähneknirschend und nahm mich kurzer Hand am Handgelenk und zog mich hinter sich aus dem Haus. Ich stolperte hinter ihm her und ließ nach kurzem überlegen meine Tasche fallen, die ganz offensichtlich im Weg war.
" Was für Spaß ?! Wovon redest du ?! Und jetzt LASS MICH LOS " ich brüllte auf ihn ein und versuchte mich zu wehren , doch ehe ich mich versah , knallte die Tür hinter mir zu. Und meine Tasche mit den Schlüsseln war dahinter.
" Ok jetzt reichts mir , was für ein perfides Spiel spielst du eigentlich , hm? Erst auf Arschloch tun, dann vom Gegenteil beweisen und zuletzt wieder ein Arschloch sein. Ganz ehrlich , du bist es auch einfach. Ein krankes armseliges Arschloch, das gerne kleine Mädchen um den Finger wickelt und einen auf 'oh ich bin dein Beschützer in silberner Rüstung ' tut und sitzen lässt. Was willst du eigentlich noch von mir " zum ersten Mal seit langem , ließ ich alles aus mir raus , was sich seit so langer Zeit angesammelt hatte. Irgendwie fühlte es sich richtig an , aber ich konnte nicht aufhören weiter zu reden.
" Weißt du , als du mich geküsst hast , da hatte sich etwas geändert. Ich weis nicht was aber es war anders. Ich hatte geglaubt du würdest niemals so einen Mist abziehen , wie jetzt gerade. Immerhin meintest du ja wir spielen weiter. Da dachte ich nicht , dass du wegen so einer scheisse gleich rumheulst" ich merkte wie meine Stimme immer lauter wurde, bis sie beinahe Geschrei ähnelte. Alles , was bis jetzt passiert war, lag plötzlich mit offenen Karten da und ich ... ich deckte noch mehr auf. Tyler beschäftigte mich schon seit so langem , positiv wie auch negativ. In diesem Moment als er einfach nur vor mir stand und nichts sagte , da wusste ich , dass ich einen wunden Punkt getroffen hatte. Er fühlte ähnlich und dachte dasselbe. Ich hasste ihn nicht, zumindest nicht mehr wie damals, aber dieses Gemisch aus Sehnsucht und Begierde und Doch Feindseligkeit, trieb mich in den Wahnsinn und im Endeffekt wusste ich irgendwann selber nicht mehr , was war. Kennt ihr das : ihr wollt eine Person so sehr , aber wisst dass das zwischen euch nie funktionieren wird ?
Ja das zwischen Tyler und mir war kompliziert.
" Ich will nicht angelogen werden oder hintergangen. Auch nicht benutzt, wie einer dieser Bitches. Weißt du Tyler unsere Sicht von liebe ist komplett anders" bei dem Wort Liebe musste ich schlucken. Ich hatte es ausgesprochen. Ich , Alice, hatte das Wort nach Ewigkeiten wieder in den Mund genommen und doch obwohl ich dieses Wort seit langem verloren hatte, beflügelte es mich.
" Ich will jemand der mich akzeptiert mit all meinen Fehlern und der mich liebt für die , die ich nun mal bin" erklärte ich zu Ende und musste erstmal ausatmen. Man tat es gut alles rauszulassen! Doch auch wenn die Worte wahr waren und ich auch zu hundert Prozent dahinter stand , wollte ich sie nicht wahr haben. Ich wollte dieses ganze Gejammer von wegen ' Ich will nur dich ' nicht mehr hören. Was fühlte ich bloß ? Ich lehnte mich immer wieder gegen diese Vorstellung , aber die Realität sah anders aus.
Tyler's Augen waren direkt auf mich gerichtet. Er hatte bis jetzt nichts gesagt, auch hatte er sich beruhigt und atmete gleichmäßig aus. Doch ich konnte an seinem Ausdruck sehen , dass er über etwas nachdachte. Vielleicht über meine Worte, vielleicht über Sachen , die ganz weit waren.
" Ich habe noch nie so eine Absage von einem Mädchen gekriegt" flüsterte er in sich hinein und wendete seinen Blick von mir. Das war alles , mehr nicht ?! Das bestätigte doch dieses Synonym 'liebe' , welches sich Menschen ausgedacht hatten um sich abzulenken. Hatte ich echt geglaubt , dass das alles wahr war. Das seine Worte aufrichtig waren und seine Küsse aus Leidenschaft. War ich irgendwie komplett dumm gewesen ?!
Voller Wut drehte ich mich um , um erhobenen Hauptes ins Haus zurück zu kehren , als ich eine verschlossene Tür vor mir sah. Das hab ich total vergessen , dachte ich und klatschte mit meiner Hand meine Stirn. Ich kam da nicht mehr rein. Bis auf mein Handy, dass in meiner Hosentasche verstaut war , hatte ich nichts bei mir. Selbst meine Hausschuhe waren drin.
Ich atmete einmal tief aus. Alice es ist alles gut , dachte ich und versuchte keinen Gefühlsausbruch zu bekommen.
Da hatte mich der dummkopf ausgesperrt. Ich wendete meinen Blick wieder auf ihn, der mich mit einem unschuldigem Blick musterte. Will der mich jetzt verarschen, dachte ich und ging in Socken ein paar Schritte auf ihn los.
" Und was jetzt du Arsch " fragte ich ihn  und bohrte mit meinem Finger in seine Brust. Für einen Moment fing Tyler an zu grinsen, als hätte er eine Idee , doch so schnell wie das Grinsen kam , war es auch verschwunden.
Ich schaute ihn verwirrt an und hatte schon im Kopf den richtigen Spruch parat, als er seinen Mund öffnete und sagte:" Komm doch mit zu mir."
Ich schaute ihn verwirrt an. Warum in aller Welt sollte ich freiwillig zu Tyler Graves nach hause gehen? Ich wäre ja dann noch dümmer als gedacht.
" Nein " entgegnete ich kurz und schaute ihn ausdruckslos an. Lieber verhungere ich hier vor meinem eigenen Haus , als zu den Spasten nach hause zu gehen, dachte ich und schüttelte den Kopf , als er mich weiter anstarrte.
" Bitte lass es mich erklären " meinte Tyler und ging einen Schritt auf mich zu , seine Hände recht und links hoch gehoben, als würde er aufgeben.
" Meine Eltern sind nur für ein paar Tage hier und natürlich haben sie schon das Auto gesehen, was soviel bedeutet wie, das ich eine Ausrede gebraucht habe. Nun ja da hab ich etwas an der Wahrheit geschraubt" er kratzte sich verlegen am Nacken und schaute mich leicht von unten an. Was meinte er mit 'leicht verändert'?
" Ich habe gesagt , dass wir so ein Spiel spielen" erklärte er langsam und ging noch einen Schritt auf mich zu.
" Das ist doch die Wahrheit " sagte ich dazwischen und schnitt ihm seinen nächsten Satz ab. Worauf wollte er hinaus ? Was.hat.er.ihnen.erzählt.?
" Ähm ja das stimmt noch bis dahin, Ähm ... und wer von uns beiden den besten Streich spielt , der hat gewonnen. Und jetzt kommt der Punkt, ich habe meinen Eltern gesagt , als sie mir nicht glauben wollten, dass du unter Drogen standest und ich dich versetzt hatte, wodurch du aus Wut mein Auto misshandelt hast. Also glauben sie, dass das alles nur ein Missverständnis war, weil du halt dicht warst. Aber sie wollen dich trotzdem sehen ... Ähm jetzt um genauer zu sein"
Tyler atmete nach seinem langem Vortrag einmal aus und senkte seine Hände , die bis dahin verteidigend oben waren. Ich schaute ihn wütend , gleichzeitig auch verdutzt an. Wie kam der Typ auf so einen Mist ?! Jetzt glaubten die Eltern bestimmt , dass ich so ein armseliges Mädchen war , welches drogensüchtig war und jedes Wochenende voll war.
" Du hast WAS ERZÄHLT " brüllte ich auf ihn ein und holte aus und mit einem Ruck schlug ich ihm gegen die Brust. Doch die Aktion schien ihn nicht großartig einzuschüchtern, sondern eher zu amüsieren.
" Ganz ruhig kleine , wir biegen das wieder hin wenn du mit mir mitkommst" grinste Tyler und hob wieder verteidigend die Arme. Der fand das alles auch noch witzig ?! So ein mistkerl , dachte ich und ballte wieder meine Hände.
" Nein ich komme nicht mit. Nur über meine Leiche. Erzähl deinen Eltern weiter so einen scheiss , am besten sag Ihnen dass ich bei einer Überdosis gestorben war. Das würde ja zu deiner ganzen Lügengeschichte passen" fauchte ich ihn an und ging einen Schritt zurück um dann gegen die Tür zu Knallen. Warum war immer irgendetwas hinter mir , wenn ich weg wollte ? Ironie des Schicksals , würde ich mal sagen.
" Bitte Alice , das war nicht so gemeint. Ich musste mich ja irgendwie verteidigen, du hättest sowas bestimmt auch gesagt. Und außerdem ist das ja wohl deine Schuld , du hast mein Auto beschmiert , also bist du mir was schuldig" entgegnete Tyler und verringerte wieder unseren Abstand , indem er wieder auf mich zukam. Meine Schuld ?! Der hatte doch angefangen . Ich merkte wie er seinen Kopf senkte und weiter sprechen wollte, so ließ ich ihn auch. Vielleicht rettete er sich noch.
" Bitte Alice , das ist mir sehr wichtig gerade. Bitte , du musst mitkommen, meine Eltern warten auf mich " seine Worte waren schon beinahe flehend und mit jeder Sekunde übermannte mich immer mehr das Gefühl von schuld. Hatte ich eigentlich eine Wahl ? Ich konnte nicht nach hause und nach der Temperatur zu urteilen wurde es langsam kühler. Das bedeutete nur eins.
" Ok aber nur unter einer Bedingung " sagte ich trocken und fixierte meinen Blick auf den Horizont hinter Tyler . Er hob leicht lächelnd den Kopf und schien von meiner Antwort mehr als nur erfreut.
" Wenn du es auch nur wagst mir irgendwie noch einmal weh zu tun oder zu verletzten, wenn nicht sogar verarscht , dann setzt du dich ins Auto und fährst so weit weg , dass ich dich nie wieder sehe. Kapiert?" Sagte ich so , wie ich es auch meinte und verfolgte mit meinen Augen zwei Vögel , die am Himmel vorbei flogen. Ich konnte ihn dabei nicht in die Augen sehen.
" Das wollte ich sowieso nicht tun " entgegnete er flüsternd und nahm meine Hände in seine.
" Ich verspreche es dir " meinte er voller Intensität und legte seine Stirn gegen meine Stirn. Mein Blick fiel auf ihn. In seine wunderschönen blau-grünen Augen. Ich verstand nichts, was zwischen uns lief aber das hier gerade fühlte sich richtig an. Wenn nicht sogar wahrhaftiger als alles was vor uns war. Ich hatte Gefühle für ihn und alleine das ich dass hier tat, bewies es.
" Alles was du vorhin gesagt hast mit dem akzeptieren und lieben, will ich dir geben können" wisperte er mir zu , was bei mir eine Gänsehaut verursachte. Tyler drehte sich plötzlich mit dem Rücken zu mir und beugte sich runter.
" Und jetzt spring auf." Er deutete auf seinen Rücken und ohne zu überlegen nahm ich Schwung und sprang auf ihn. Er stellte sich auf und es fühlte sich an als würde ich schweben. Als sich Tyler in Bewegung setzte, waren alle sorgen und alles was ich gegen ihn gesagt hatte, wie verblasst. Vielleicht sollte ich es zulassen, dachte ich und umarmte Tyler von hinten. Mein Kopf lag auf seiner Schulter und aus dem Augenwinkel konnte ich erkennen, wie Tyler glücklich dem Horizont entgegen lächelte.

Badboy Student *pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt