deux.

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"Ich hasse diese blöden Partyspiele!" Zischte ich wütend und versteckte mich hektisch hinter Eliott, als ein brauner Haarschopf hinter der Straßenecke auftauchte.
Eliotts Schultern bebten vor Lachen.
"Isaac wird dich schon nicht auffressen." Nach einer kurzen Pause fügte er mit einem neckischem Unterton hinzu: "Das hat er ja schon auf der Party getan."

Zur Strafe zwickte ich ihm in den Nacken und er gab ein ziemlich unmännliches Quiken von sich.
"Ich hab ja nicht Schiss vor ihm oder so... aber es ist einfach todespeinlich!" Klagte ich in Eliotts Schulterblätter hinein.

Nach dem Kuss auf der Party hatten die anderen fünf mich erstmal ausgelacht für das Herumgeknutsche, dass man wohl kaum mehr als harmlosen Pflicht-Kuss hatte bezeichnen können. Erst danach hatte sich Noel, ein riesiger schlanker Junge mit langen zusammengebundenen Haaren, dazu herabgelassen, mir den Namen und ein paar Hintergrundinformationen über den Kerl mit den dunkelgrünen Augen zu verraten.

Sein Name war Isaac Carter, er war neunzehn Jahre alt und war sowas von single. Ich hatte wirklich nicht nach letzterem gefragt, er hatte es mir bloß mit einem verschwörerischem Augenzwinkern mitgeteilt und ich zitiere hier schließlich.

Aber irgendwie, seitdem ich wusste, dass ein grünäugiger Junge mit hohen Wangenknochen und unglaublicher Kussbegabung existierte, sah ich ihn plötzlich praktisch überall und musste mich demnach auch überall vor ihm verstecken.
Sei es nun im Supermarkt, auf der Straße, beim Bäcker oder beim Müll raus bringen. In letzterer Situation war es echt kein Spaß sich kurzfristig irgendwo zu verstecken.

Meistens war es dann schlussendlich nicht er, sondern nur eine Person die ähnliche Haare oder sowas hatte, aber es war tatsächlich nicht mal so unwahrscheinlich, ihn wirklich mal irgendwo anzutreffen. In kleinen Städten wie Corby lief man sich nunmal oft über den Weg, das wusste ich aus Erfahrung,  und inzwischen war ich wirklich hochgradig paranoid geworden.

"Das war er nicht." Informierte mich Eliott.
"Sicher?"
"Tiana!"
"Schon gut."

Langsam tauchte ich wieder hinter dem straßenköterblonden Jungen auf und lächelte peinlich berührt, als er mich mit hochgezogenen Augenbrauen musterte.
"Findest du nicht, dass du ein kleines bisschen übertreibst, Tia?"
Abwehrend hob ich die Hände.
"Immerhin lauf ich noch nicht mit Undercover Sonnenbrille, Skimaske und Strohhut durch die Gegend."
"Das wäre ja auch super unauffällig, mit der Skimaske und so." Schoss Eliott schnaubend zurück und rückte seine große schwarze Hipstarbrille zurecht.

Ich zuckte bloß mit den Achseln.
"Es ist mir eben peinlich."
"Du bist so' ne Dramaqueen, Tia." Seufzte Eliott und ich grinste breit.
"Und stolz drauf. Jetzt komm, die anderen warten sicher schon."



Als wir die kleine Imbissbude betraten, dröhnte uns bereits das gewohnte Gelächter und Geplaudere unserer Leute entgegen. Da Corby eine dieser bemitleidenswerten Städtchen war, die zu klein für einen McDonalds oder Starbucks waren, trafen sich die meisten Jugendlichen aus der Stadt hier, bei Joshy's, einer Art ausgebauten Würstchenbude, die aber recht leckere Grillhähnchen verkaufte.

Mit einer lockeren Begrüßung liesen Eliott und ich uns auf die lange Eckbank zwischen Noel und Lilian sinken.
Wobei man es wohl eher Noel, Lilian und Marius nennen sollte, da Lily sich mal wieder auf dem Schoß ihres verblödeten Freundes breitgemacht hatte.

"Rate mal wer auch hier ist, Tia." Lachte Hanna, die auf dem Platz gegenüber von Eliott saß, verschmitzt und zupfte grinsend an einer ihrer platinblond gefärbten Rastalocken, die von einem schwarzen Samtband zurückgehalten wurden.
Hanna war einr wirklich beeindruckende und auffällige Erscheing, was vielleicht auf manche etwas abschreckend wirkte. Mit den dunkel umrahmten blauen Augen und den vielen Gesichtpiercings, gepaart mit ihrer gewöhnungsbedürftigen Frisur, wirkte sie auf so manchen irgendwie furchteinflößend. Aber jeder der Hanna persönlich kannte, konnte darüber bloß lachen.
Hanna war annerkannte pflichtbewusste Veganerin, A-Schülerin, Violinentalent und der freundlichste Mensch der Welt.

"Emma Watson?" Riet ich achselzuckend.
Lilian neben mir rollte mit den Augen und Hanna lachte.
"Ich denke über diese Person wirst du dich noch mehr freuen. Arthur und die restlichen Footballer sitzen nämlich da drüben."
Sie deutete unauffällig auf einen Tisch, der von einer schmalen Abtrennung vor unseren Blicken geschützt wurde.
Lautes Jungsgelächter schallte hinter der Wand hervor.

Ich konnte praktisch fühlen, wie mein Gesicht heiß wurde und mein Magen zu kribbeln begann.
"Du solltest ihn dringend mal ansprechen." Sagte Eliott streng und tippte mit seinem Zeigefinger auf den Tisch. "Und zwar so bald wie möglich. Das ist ja gar nicht mit anzusehen, Tia! Meine Granny ist sogar weniger rot, wenn sie gerade vom Yoga zurückkommt und das ist schon wirklich kein schöner Anblick."
"Halt's Maul." Brummte ich und fuhr mir mit der Hand übers Gesicht.

"Es ist doch ganz einfach." Stichelte der Blonde weiter. "Sprich ihn einfach an und frag nach seiner Handynummer."
Ich stieß die angehaltene Luft mit einem spöttischen Pfeifen aus.
"Super einfach. Frag du doch jemanden nach seiner Nummer, Klugscheißer."
Eliott musterte mich kurz mit zusammengekniffenen Augen,dann nickte er knapp und stand vom Tisch auf. Nachdem er sich an meinen und Noels Beinen vorbeigequetscht hatte, lief er auf direktem Weg und ohne zu zögern in Richtung Bartheke.

Gespannt beobachteten wir die Szene. Noel neben mir gab ein bewunderndes Hüsteln von sich, als Eliott einer kleinen schlanken Kellnerin, die sich gerade einen Pausenkaffee genehmigte, leicht auf die Schulter klopfte und sie in ein Gespräch verwickelte.

Von der Entfernung konnte man nicht genau hören,was sie besprachen, aber die Kellnerin schien nicht abgeneigt zu sein, denn sie strahlte Eliott durchgehend an und zupfte hin und wieder lasziv an ihrer Haarsträhne. Nach ein paar Minuten reichte Eliott ihr mit einem triumphierenden Grinsen sein Handy und sie tippte kurz darauf herum, bevor sie es ihm lächelnd zurückgab.
Er verabschiedete sich, charmant wie er war, mit zwei kleinen Küssechen an ihren Wangen und lief dann mit dem breitestem Grinsen der Erdgeschichte wieder zu uns zurück.

Ich hatte gar nicht bemerkt, dass mein Mund offen stand, bis sich Eliott zufrieden über den Tisch beugte und meine Kinnlade leicht hochdrückte.
"So, Tia, du bist dran."



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