8. Kapitel

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„Lavendelpfote, ich verstehe einfach nicht, wieso du zu diesen nutzlosen Haufen Katzen laufen und sie um Rat anbetteln willst!", fauchte Farbenpfote verärgert, aber wie immer in diesen Tagen schwang auch Trauer in ihrer Stimme mit.
„Du musst mich nicht verstehen und du kannst mich auch nicht aufhalten!", erwiderte Lavendelpfote bestimmt. Sie verstand wie ihre Freundin sich fühlte, doch all das auf den SternenClan zu schieben würde ihnen auch nicht weiterhelfen. „Ich bin auch bald wieder zurück!", miaute sie etwas sanfter. Die schildpattfarbene Kätzin schnippte Farbenpfote zum Abschied mit dem Schweif über die Wange und schlüpfte dann durch das Tor der Scheune ins Freie. Sie atmete tief durch und orientierte sich kurz, dann machte sie sich auf den Weg.
Die junge Katze beeilte sich, denn sie wollte so dringend ihre Familie wiedersehen.
Doch dann, als sie die vertrauten Pfade zum Mondsee betrat, brachen Trauer und Unsicherheit wie eine Welle über ihr zusammen. Es war das erste Mal, dass sie den SternenClan ohne ihren Mentor aufsuchte - und zum ersten Mal hatte sie keine Hoffnung, denn die Gewissheit, ihre Familie bald wiederzusehen, die sie immer begleitet hatte, war ihr genommen worden, war in Flammen aufgegangen. Was habe ich bloß getan um das verdient zu haben?
In diesem Moment trat sie in die Senke, vor ihr lag der Mondsee. Leicht zitternd tappte sie zum Wasser und leckte ein paar Tropfen auf.
Sofort landete sie in einem Wald, der ihr einfach wunderbar vorkam. Ein ganz normaler Wald, aber mit frischer Luft, die nicht nach Rauch stank, und mit Beutegerüchen, die den Wind begleiteten. Vögel zwitscherten aus den Bäumen herab. Ihr Gesang schien sie trösten zu wollen. Und dann schwärmten Katzen auf sie zu, umkreisten sie und strichen um sie herum.
Lavendelpfote drehte sich, versuchte einen von ihnen zu erkennen, doch sie bewegten sich zu schnell. Vertraute Gerüche vermischten sich und wirbelten durch die Luft.
Was wollen sie von mir?
In diesem Moment verschwanden die Katzen und sie fand sich auf einer Lichtung wieder.
Zwischen den Bäumen auf der anderen Seite trat ein grauer Kater heraus. Rasenfleck!
Lavendelpfotes Herz hüpfte vor Freude.
Der Kater sah jung aus, und sein Fell war so gepflegt wie nie zu Lebzeiten.
„Hallo Lavendelpfote", miaute er freundlich.
„Rasenfleck, es tut mir so leid!
Ich hätte euch helfen sollen, ich hätte mit euch sterben sollen, so wie es sich für eine anständige Clan-Katze gehört!", klagte sie.
Dann schüttelte sie sich kurz.
„Wie geht es euch? Seid ihr alle im SternenClan angekommen? Kann ich die Anderen sehen?"
Die Fragen sprudelten nur so aus ihr heraus und noch viel mehr wirbelten in ihrem Kopf.
„Ja, wir sind alle angekommen. Und es wird eine Zeit kommen, in der du deine Familie besuchen kannst. Aber heute Nacht haben wir Wichtigeres zu besprechen.", miaute er streng.
„Was gedenkst du zu tun?"
„Na ja", meinte Lavendelpfote. „Ich bin eigentlich hergekommen, weil ich dich das fragen wollte." Rasenfleck nickte. „Das dachte ich mir schon. Aber was denkst du?"
Die Schülerin überlegte kurz, dann miaute sie leise: „Ich weiß es nicht"
Der Kater wirkte plötzlich größer, seine Augen schienen in die Ferne zu blicken.
Dann miaute er: „Kennst du Phönixe? Sie sind Fabelwesen, Vögel mit Federn wie Feuer."
Bei dem Wort zuckte Lavendelpfote leicht zusammen. „Wann immer sie sterben, gehen sie in Flammen auf, zerfallen zu Asche. Doch nach einiger Zeit werden sie aus dieser Asche neu geboren. Zuerst ist so ein Phönix noch jung und unsicher, doch bald wird er größer und schöner erblühen als der Alte." Rasenflecks braune Augen glitzerten weise. Eine Weile blickten sie sich an, dann löste sich das Bild langsam auf.
Lavendelpfote hörte ihren Mentor noch flüstern:
„Geht und gründet einen neuen Clan!", dann war die Vision vorbei und sie lag wieder am Mondsee.
In Gedanken versunken lief sie zurück zur Scheune.

Als Lavendelpfote bei der Scheune ankam, dämmerte bereits der Morgen.
Farbenpfote schlief noch, ebenso die Streuner.
Die Kätzin zuckte kurz amüsiert mit den Schnurrhaaren, als sie sah, dass ihre Freundin ziemlich dicht neben dem grauen Kater Klee lag. Dass sie ihm gefiel hätte man von Anfang an gesehen. Sie beschloss, die beiden nicht zu stören und wandte sich stattdessen Sonne zu.
Lavendelpfote stupste sie mit der Pfote in die Flanke, erst leicht, dann kräftiger.
Schließlich öffnete sie ihre braunen Augen.
„Was ist denn?", fragte sie verschlafen.
„Ich bin zurück. Hast du Lust, mir zu zeigen, wo man hier am Besten auf Mäusejagd geht?", fragte Lavendelpfote, ihr Magen knurrte bereits.
„Klar!", meinte Sonne und sprang auf die Pfoten. „Folge mir!"
Die Kätzin führte sie aus der Scheune und zu einem Haselnussstrauch. Einige Nüsse lagen bereits im Gras.
Es wurde ein schöner Morgen, denn Sonne und Lavendelpfote erlegten gemeinsam vier Mäuse, zwei Wühlmäuse und einen Spatzen. Zu Sonnenhoch kehrten sie beutebeladen wieder zur Scheune zurück. Die Anderen saßen gerade auf dem Heuboden und redeten. Auch Farbenpfote und Klee waren offenbar jagen gewesen. Jetzt unterbrachen sie ihr Gespräch und fraßen. Lavendelpfote entschied sich für den Spatzen. Als sie ihr Mittagsmahl beendet hatten, fragte Farbenpfote: „Und, wie war es am Mondsee?" Lavendelpfote erschrak. „Achja, das habe ich total vergessen! Ich habe Rasenfleck getroffen." Als die Streuner sie verwirrt anblickten fügte sie hinzu: „Mein ehemaliger Mentor. Er sagte etwas von irgendwelchen Feuervögeln und dass wir losziehen und einen neuen Clan gründen sollen!"
Farbenpfote machte große Augen. „Und was sollen wir jetzt tun?", fragte sie.
„Nun, ich denke wir sollten tun was er gesagt hat. Ihr seid alle sehr nett, aber ich möchte nicht für immer in einer Scheune leben", erklärte Lavendelpfote.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 12, 2018 ⏰

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