Floris
Floris wusste, was Reena für ein gefühlsintensiver Mensch war, doch es gab Momente in denen sie sich wünschte, dass Reena für einen kurzen Moment vergaß, dass sie jemals deren Sprache gelernt hatte. Trotzdem liebte sie ihre Freundin, denn oftmals war sie die einzige der drei, die noch Entscheidungen mit ihrem Herzen traf. Yasmine hatte schon vor Jahren verlernt, wie es sich anfühlte gewisse Dinge mit dem Herzen zu entscheiden, doch auf eine gewisse Art und Weise verstand Floris ihre Freundin. Sie wusste wie wichtig Yaz ihr Land war und wie wenig Wert sie auf Anweisungen ihres Vaters legte. Floris würde nicht im Traum daran denken, dem König ihres geliebten Landes auch nur in einem klitzekleinen Punkt zu widersprechen.
„Reena, hatten wir nicht vorher abgesprochen, ihr nichts zu sagen bis wir sie bei ihrem Vater abgeliefert haben?", fragte sie mit einem sowohl traurigen, als auch etwas angespannten Unterton in der Stimme. Sie bemerkte vorerst nicht wie sich Reenas Augen langsam mit Tränen füllten und ihr Blick immer starrer wurde. Schluchzend schaute diese sich um und wagte es kaum Floris in die Augen zu schauen. Floris ließ ihr Pferd genau neben ihrem Laufen, legte ihre Hand auf ihre Schulter und versuchte irgendwie ihren Blick auf sich zu richten. „Um Gottes Willen, spar dir deine Tränen für wen anders auf.", meinte Floris mit einem leichten Lächeln auf den Lippen, sie konnte es nicht mitansehen, dass ihre Freundin sich viel zu schnell den Kopf darüber zerbrach. „Ich wollte nicht das Yaz es erst dann erfährt, ich glaube das hätte sie zerstört.", meinte Reena währenddessen sie ihren Blick wieder an den Boden heftete.
Floris wusste, dass sie absolut Recht hatte, doch was wäre das kleinere Übel gewesen: Eine erst dann erboste Yasmine oder eine, die ihrem Vater vermutlich gerade jegliche Krankheit an den Hals wünschte. Immer wieder kam es zu solch einer Auseinandersetzung zwischen Vater und Tochter, meistens gerieten sogar sie und Reena zwischen die Fronten. Floris gehörte schon seit längerem zu den persönlichen Beratern des Königs, ganz zum Missfallen ihrer beiden Freundinnen, doch was konnte sie schon dafür, dass der König ihre ehrliche Meinung und gut durchdachten Ratschläge schätze. Sie war ebenfalls der Meinung, dass Yasmine so allmählich wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt werden musste.
Für eine junge Dame ihres Standes war es üblich zu heiraten, Kinder zu kriegen und nicht dem Land mit Faust und Schwert zu dienen. Reena war das komplette Gegenteil, sie versuchte immer an die Gefühle des anderen zu appellieren und, dass es manchmal sehr wohl sinnvoll war das Herz dem Verstand vorzuziehen.
Noch bevor Floris mit ihr zu diesem Ritt aufbrach, gab es eine schon sehr hitzige Diskussion zwischen den beiden und Floris versuchte ihr zu erklären, dass es nicht deren Sache ist, sondern sie sich den Befehlen des Königs beugen müssen, ganz egal ob Yasmine ihre Freundin ist oder nicht. „Wir sollten zurück, es wird spät und der König braucht uns sicher zu seiner Unterstützung.", sagte sie schließlich, ihren Blick jedoch nicht auf Reena, sondern in die weite Ferne gerichtet. Die Sonne hatte schon fast ihren Tiefstand erreicht und Floris hasste es in der Dunkelheit durch die Gegend zu irren, sie war sowieso schon gereizt, da sie ganz umsonst hier raus geritten ist. Reena nickte nur und brachte ihr Pferd im selben Moment wie Floris zum Galoppieren. Beide preschten über die kleinen Hügel, streiften wunderschöne Landschaften und sahen schon die ersten Sterne am Himmel glitzern. Bis nach Canira, der Hauptstadt Talans und dem Sitz des Königs, war es nicht mehr lang, trotz dessen wollte Floris so schnell wie möglich nach Hause, denn in der Nacht boten sich hier Massen an Gefahren, die sie nicht mal annähernd an ihren Händen abzählen könnte.
Von weiten sah sie schon die riesigen oval förmigen Tore der prunkvollen Hauptstadt und die bunten Lichter der Straßenlaternen tanzten über die noch immer gefüllten Straßen, es war fast so als könnte die Dunkelheit diesen Ort nicht erreichen. Reena ritt neben ihr her, fasziniert von all den Farben, die ihr Gesicht in ein wunderschönes Licht tauchten. Floris war immer wieder davon überrascht, wie schnell Reenas Gemüt umschwenken konnte, aber dies muss wohl an ihrer Art, Gefühle viel zu intensiv wahrzunehmen, liegen. Ganz im Gegenteil zu Floris, die gerade ganz andere Dinge im Kopf hatte als die Schönheit der Hauptstadt zu betrachten, denn ihre größte Sorge war gerade eher eine völlig entsetzte Yasmine und einen ebenso aufgebrachten König vor zu finden. Schon vor den Palastmauern hörte man die schrille Stimme Yasmines, die voller Zorn und Wut nur so Funken sprühte.
Sie wusste, dass sie gleich eine unglaublich schreckliche Diskussion miterleben würde und insgeheim fragte Floris sich, ob es nicht schlauer wäre einfach wieder umzukehren. Aber so etwas tat eine königliche Beraterin nicht, sie musste sich den Aufgaben stellen, egal wie schwierig diese sich gestalteten.
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A Valley full of Pain and Sorrow
Fantasy„Du kannst nicht mit dem Teufel tanzen und dich wundern, dass du immer noch in der Hölle bist." Yasmine war anders als all die jungen Damen ihres geliebten Königreiches, sie wollte kämpfen und sterben, aber dies definitiv nicht für die Liebe. Nur le...