PROLOG

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Das Luftschiff durchbrach die Nebelwand wie ein Keil eine Holzplanke. 700 Tonnen massiver Stahl schoben sich majestätisch über den Himmel. Trotz der augenscheinlichen Ruhe herrschte auf den Schiff geschäftiges Treiben.

Doch die gewohnten Laute von Arbeitern und Motoren wurden plötzlich von einem schallenden Alarm unterbrochen und auf dem Deck brach für ein paar unkontrollierte Sekunden Panik aus, die aber schnell durch die autoritären Rufe der befehlshabenden Leutnants und des Kapitäns gezügelt wurde. Als sich dann das feindliche Schiff durch die nächsten Schwaden glitt wurde es dann endgültig ruhig. Selbst die Motoren schienen für kurze Zeit ausgefallen. Das Kontrahentenschiff war riesig. Nicht nur groß sondern richtig riesig. Es betrug vom Heck bis zum Bug über 700 Schritt und selbst aus der noch beträchtlichen Entfernung könnte man die zahlreichen Flammenwerfer an der Außenwand gut erkennen. Der Besatzung wahr augenblicklich klar, dass sie nicht auch nur die geringste Chance auf einen Sieg hatten. Ängstliches Raunen glitt über die Köpfe der versammelten Männer und die Flammen in den Lampions wechselten ihre Farbe zu einem intensiven Eisblau. Als das nahende Schiff nun endlich frei von dem klebrigen Nebel war erkannte man auch seine Farbe. Es war in einem makellosen, matten Grau gehalten. Das war aber noch lange nicht das interessanteste: was nach einem zweiten Blick ins Auge sprang war sehr ungewöhnlich. Keinerlei Wappen oder Standarte waren zu sehen oder gar zu erkennen. Selbst Piratenkapitäne hissten  ihre eigenen Flaggen und Wimpel.

Als die Schiffe nur noch wenige hundert Schritt entfernt waren stieg ein Schemen vom grauen Schiff in die Luft. Er näherte sich dem immernoch von Angst beherrschten Schiff auf knappe 30 Schritt. Nun ließ er sich deutlich erkennen: es war ein in der Luft schwebender Mann mit einem langen, modisch geschnittenen Mantel. Wenn man ganz genau hinsah konnte man die leichten Kräuselungen des Nebels unter ihm ausmachen. Sie scheinen wie willkürlich in der Luft zu tanzen. Es gab ein altes Sprichwort, das in allen Nebellanden jeder kannte: "Wenn der Nebel sich bewegt, dann wird böses dort gehegt."

Plötzlich hob der Mann, begleitet von einem gellenden Schrei, abrupt die Arme und der Nebel verdichtete sich um seine Hände herum. Je größer die Blasen um die Hände des Mantelträgers wurden, desto mehr Nebel entzog sich der Umgebung des hilflosen Luftschiffes. Langsam aber sicher wurde die Luft zu dünn zum atmen. Nach wenigen Augenblicken fingen schon die Ersten an zu röcheln. Nach und nach musste sich die wehrlose Besatzung ansehen wie ihre Freunde mit ihnen zugrunde gingen....

Der Wogenbinder - Das ErbeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt