Todesschrei 10

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Ich hatte Angst vor dem nächstem Tag, doch leider wachte ich schon sehr früh auf, da mir ein Regentropfen ins Gesicht geplatscht war. Ein kurzer Blick zu Lina. Sie schlief noch, doch man sah ihr selbst im Schlaf an, wie schlimm ihre Schmerzen waren. "Bitte töte mich!", hallte es in meinem Kopf nach. Ein Stechen ging durch meinen gesammten Körper und setzte sich in meinem Herzen fest. Mit Sehnsucht dachte ich an zuhause. Wir mussten hier sofort raus, sonst würde Lina nicht überleben. Ich hoffte nur, dass sie mich nicht wieder bitten würde. Lange beobachtete ich sie und mein Mitleid stieg von Sekunde zu Sekunde. Nach Stunden öffnete sie die Augen und starrte ohne Ausdruck vor sich hin. Sie hatten ihren alten Glanz verloren und wirkten verschleiert, wie bei Drogen. "Hast du dich entschieden?", fragte sie gefühlskalt in den Raum. Sie fing an mir Angst zu machen, die kleine niedliche Lina, die ich immer beschützen wollte. Wehrlos war sie gewesen. Nun schien sie wie ein Geist. "Ich kann dich gar nicht umbringen." Das Wort fiel mir schwer auszudrücken. " Wir haben doch gar nichts womit ich es zu könnte." Hoffentlich war die Sache damit erledigt, doch sie grinste. Dieses Grinsen war so gruselig, wie ich noch nie etwas gesehen hatte. Sie kicherte kurz auf und sofort wich ich vor ihr zurück. Krank, sie war krank, er hatte sie gebrochen. Plötzlich stand sie auf und tanzte durch den Raum. Blut lief an ihren Beinen hinunter und auch ihre Haare waren blutverschmiert und verfilzt. "Hier." Sie griff hinter die Liege und zog ein Messer heraus, mit dem sie wild vor meinen Augen herumfuchtelte. "Aber mach es bitte nicht so schmerzhaft, ich halte keine Schmerzen mehr aus." Sie gab mir das Messer mit so einer Selbstverständlichkeit, als hätte sie mich gefragt an einem Brot die Krusten abzuschneiden. " Ich mach das nicht Lina, kannst du vergessen!" Böse funkelte sie mich an. "Also willst du lieber, dass ich diese Schmerzen weiter ertragen muss, nur um dann schließlich schreiend auf dem Boden zu liegen, weil meine Blase platzen wird. Dann läuft alles in meinen Bauchraum und ich werde langsam sterben. Bist du wirklich so selbstsüchtig, dass du das alles in Kauf nehmen willst, nur um ein paar Tage mehr mit mir zu verbringen? Es ist Zeit für mich zu gehen." "Aber vielleicht kommen wir ja rechtzritig hier raus.", schluchzte ich und betrachtete das Messer. Es lag gut in meinen Händen. Lina schnaufte verächtlich. "Das glaubst du doch selbst nicht. Tue es endlich. Tue es." Ih weinte nur noch lauter, dann schloss ich die Augen und stach zu. Erschrocken öffnete ich sie sofort wieder. Lina hatte nur leicht aufgeschrien. Versehentlich hatte ich nur ihren Arm gestreift. Ich musste es also mit Augen auf machen. Langsam setzte ich das Messer an. Lina bewegte sich nicht. Dann stach ich zu und die Klinge bohrte sich durch Linas Fleisch und hinein in ein Organ. Es gab einen kleinen Widerstand. doch als ich mehr Kraft aufwand war die Klinge der Messers komplett in Lina verschwunden. Blut lief aus der Wunde es floss meine Hände hinab, die noch immer den Schaft festhielten. Lina schrie. Es war ein Schrei, wie ich noch nie einen gehört hatte. Sie schrie alles aus sich raus. Sie erzählte ein Leben aus Trauer und Schmerz in diesem einem Schrei. Es war der definitive Todesschrei, der alles freilegte. Danach sank sie in sich zusammen. Ihre Augen hatten einen gläsernen Ausdruck. Ich hatte sie getötet. Ihr Schrei hallte immer wieder in mir nach. Das Blut auf meinem Arm schien mir die Haut wegzuätzen. Ich ließ mich auf meine Schwester fallen. Sie war noch ganz warm und Blut lief auch noch aus der Wunde. "Es tut mir so leid. Lina es tut mir so leid." Meine Tränen tropften auf ihr Gesicht. Wieder dieser Schrei. Er hatte sich in meinem Kopf verankert und machte mich verrückt. Irgendwann hörte ich auf zu weinen und schaute in der Gegend herum. Um mein Gehirn hatte sich eine Nebelwand gebildet, sodass ich keinen klaren Gedanken fassen kann. Ich fühlte nichts als Trauer und Schuld. Ich wollte gar nichts anderes machen. Am liebsten wäre ich ihr direkt hinterher gekommen, doch das durfte ich nicht, ich musste für sie weiterleben, egal wie. Die Tür öffnete sich, doch dieses Mal empfand ich keine Angst, ich schaute ihn noch nicht einmal an. Er lachte. "Endlich bist du bereit. Du bist ein Prachtexemplar." ...

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