Leere

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Anakin

"Hallo? Snips?"

Ungeduldig gehe ich in diesem Traum auf und ab. Es ist meine einzige Möglichkeit, ihr zu erklären, was passiert ist. Es ist die einzige Chance, weiter zu machen.

Aber es bleibt leer hier. Ahsoka traut sich wohl nicht, wieder zu träumen. Oder vielleicht hat mein Tod dieses Band zerstört. Traurig sinke ich auf einem Baumstumpf nieder und picke einen Stock aus dem Moos. Nicht einmal das gewährleistet die Macht mir. Ich will doch nur mit meiner Padawan reden. Ich habe gehört, was sie über mich gesagt hat. Dass ich ihr wie ein Bruder sei. Sie hat es nicht nur in diesen Bericht verfasst, sie hat es wie einen Abschiedsbrief in die Macht geschrieben. Und ich will einfach nicht, dass sie so Abschied nimmt. Ich habe keine Lust mehr, nicht da zu sein, wenn man mich braucht. Ich will zurück. Ich will wieder da sein. Ich will zu Padmé, ich hab es ihr doch versprochen. Und zu Ahsoka. Sie ist noch so jung.

Ich fühle mich so machtlos hier. Das kann ich nicht ab. Noch nie habe ich mich so auf Hilfe angewiesen gefühlt. Ich kann mir absolut nicht selber helfen. Frustriert stütze ich die Ellenbogen auf die Knie und male mit dem Stock Muster in den Sand zu meinen Füßen. Unwillkürlich frage ich mich, wie es den anderen geht. Ehrlich gesagt habe ich mir noch nie gedanken darüber gemacht, was passiert, wenn ich sterbe. Ich bin einfach immer davon ausgegangen, dass das nicht passiert. Ich habe doch im Krieg gekämpft. Natürlich musste das doch irgendwann passieren. Aber nicht mir...

Ob ich je einen Ausweg finde? Nein. Alle meine Chancen sind vergangen. Ich werfe den Stock weg und raufe die Haare. Mit den Händen tief in meinen Haaren vergraben sitze ich eine Weile da. Wie konnte das nur passieren!? Wie konnte ich einfach in mein eigenes Schwert laufen!? Wieso war ich so blöd gewesen, in mein eigenes Schwert zu laufen!! Hier ist nichts von den Wunden oder dem Loch in meiner Kleidung zu sehen, wie auch. Das ist ein Traum.

Da fällt mein Blick auf die Zeichnung auf dem Boden vor mir. Langsam lösen sich meine Hände von meinem Kopf und zuerst sehe ich die Zeichnung, dann sie an.

Vor meinem Auge sehe ich eine mit Blumen bedeckte Frühlingswiese. Auf ihr steht eine junge Frau in einem leichten Kleid, dessen Saum in der sanften Brise flattert. Sie sieht in die Ferne und beobachtet einen noch jüngeren Mann dabei, wie er versucht auf einer Kuh zu reiten.  Als er runterfällt, rennt sie besorgt zu ihm. Aber er dreht sich nur zu ihr um und lacht sie aus...

Ich balle die Hände zu Fäusten. Ich will noch nicht tot sein! Ich habe Padmé versprochen, immer da zu sein. Ich will jetzt mein Versprechen nicht brechen. Ich will wieder kommen! Ich werde wiederkommen! Da könnt ihr sowas von Gift drauf nehmen!

Ich stehe auf und kneife die Augen zusammen. Wenn Ahsoka mir nicht helfen kann, muss ich eben irgendwie selbst hier raus kommen.

Für die Hoffnung. 

Für Padmé.

Es steigt durch meine Füße und den Magen bis in mein Herz. Ich öffne meine Augen und die Ränder des Traums verschwimmen.

Ahsoka

Durch das Fenster unter meinen Füßen sah ich von oben auf einen Planeten voller grüner Flächen. Dieser Planet war Mynor. Irgendwo dort unten war mein Meister gestorben. Langsam wurde es langweilig ohne ihn. Man sagte ja, dass man erst weiß, wie gern man etwas hat, wenn es weg ist. Ich war schon öfter ohne meinen Meister unterwegs gewesen, aber jetzt konnte ich mich auf kein Wiedersehen freuen. Schweigend stand ich auf der Kommandobrücke und beobachtete den Weltraum. Wenn es doch nur ein Zeichen der Rückkehr gab. Ich tastete nach seinem Schwert. Das Versprechen, das darauf lastete, und war es auch noch so aussichtslos, war das letzte, was ich noch hatte. 

Oh hilfe. Ich war eindeutig zu müde, um noch klar zu denken.

"Commander Tano?", meldete sich Rex' Stimme vorsichtig neben mir. Wie lange ich schon da gestanden hatte, wusste ich nicht.

"Ja?"

"General Unduli sagt, sie wolle morgen früh hier aufbrechen. Sobald ihre Schülerin zurückkommt."

Ich nickte. "Gut."

"Wie geht es euch?", fragte er. Ich brachte ein kleines Lächeln zustande.

"Passt schon."

"Ihr solltet euch ausruhen", bemerkte er.

Ja? Sah man mir so deutlich an, dass ich seit Tagen nicht geschlafen hatte? Okay, ich hatte mich auch um gar nichts gekümmert. Nicht geduscht, zu wenig gegessen... Aber wenigstens hatte ich wieder mit jemandem geredet. Toll ein Fortschritt.

Zu Rex nickte ich. Ja, das würde ich jetzt als nächstes tun. Duschen. Vielleicht fühlte ich mich dann ja besser.

Anakin

War ich aufgewacht? Lebte ich noch oder schon wieder? Meine Knochen, meine Muskeln, mein Kopf, alles tat weh. Und das fühlte sich dann ja doch so richtig real an. Ersteinmal versuchte ich, mir ein Bild der Umgebung zu machen. Das, worauf ich lag, fühlte sich nach einem Ast an und roch nach Moos. Ein alter Baum? Blinzelnd öffnete ich ein Auge und blickte zehn Meter herunter in einen Dschungel. Ich versuchte, mich nicht zu erschrecken, aber der Ast, auf dem ich tatsächlich lag, war zu dünn, um große Bewegungen zu erlauben. So fiel ich hinunter. Dank der Macht landete ich verhältnismäßig sanft. Ich reckte meine schmerzenden Glieder. So schlecht ging es meinem Körper noch nie und so froh war mein Geist selten. Denn anhand der Beweise konnte mein Bewusstsein nur einen einzigen logischen Schluss ziehen: ich lebte.

Nicht lange konnte ich mich darüber freuen, denn hinter mir hörte ich ein Schnauben. Und als ob die Schmerzen noch nicht genug waren, stand da dieses riesige Selie vor mir. Das Vieh war noch größer, als das, dem wir begegnet waren, als wir auf Mynor gelandet waren. Ich musste nicht einmal in seine Augen sehen, umzu wissen, dass es mich als Beute sah.

So begann ein Wettlauf gegen den Tod. Schon wieder. Aber diesmal freute ich mich sogar ein bisschen darüber.

Star Wars - Reise durch die DunkelheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt