1989/5

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Der Tag danach war für mich die reinste Qual. Ich hatte noch nicht mal die Augen geöffnet, schon drang mir die Erinnerung an letzten Abend in den Sinn.
Dieser Kerl, Pennywise hatte versucht mich zu.. vergewaltigen. Er ist mir körperlich viel zu nahe gekommen und hat meinen Geist einen Knick gegeben. Ich fühle mich halb gebrochen, aber auch irgendwie angetan.
Was sind das nur für Gefühle? Sein äußerliches ist so schrecklich wie seine Taten, aber ein seltsamer Drang ihn wieder zu sehen bestand dennoch.
"Du bist am Arsch." Sagte ich mir selbst. Ich traue mich nicht mal zur Polizei zu gehen, die würden mir nicht glauben, alleine schon weil er im Clowns-Kostüm sein Unwesen treibt. Die liefern mich sofort ein...
Aber das nächste mal, da wehre ich mich. Ich lasse nicht zu, dass er mir meine Unschuld nimmt!

Ich ging auf die Straße in Richtung zu Ben's Haus. Gestern hatten wir noch abgemacht, dass wir heute uns bei ihm treffen. In Gedanken versunken schlenderte ich den Weg die Straße hinab.
Moment mal. Ist das nicht Eddie? Er wird wohl auch auf den Weg zu Ben sein.
"Hey Eddie!" Rief ich ihn zu und ging schnell zu ihm. Er schreckte sich jedoch und lies seine Pillenbox fallen.
"Oh hi Darcy." Zittrig sammelte er die einzelnen Tabletten ein, ich half ihm dabei natürlich.
"Bist du auch auf dem Weg zu Ben?" Fragte er mich, dass ich mit einem "Ja." Beantwortete.
Als er die letzte Pille von Boden aufheben wollte, kam ihm jemand anderes zuvor. Die Hand dieser Person war fleischig und zerfallen.
"Glaubst du, Eddie diese Pille wird mir auch helfen?" Hörte man eine kalte, ekelig und raue Stimme. Wir beide sahen zu ihm hoch, beinahe hätte ich mich übergeben. Diese Person hatte Lepra!
"Aaah!" Schrie Eddie unter Panik los. Schnell schnappte ich mir seine Hand und rannte mit ihm in ein unheimliches Grundstück mit einem düsteren, großen Haus, doch Eddie knickte mit seinem Fuß um und zog mich mit auf den Boden. Sofort rappelte ich mich auf und zog Eddie hinter mich her.
Wie ein Irrer schrie er herum. Wir liefen hinter das Haus, der Lepra-Kranke uns dicht auf den Fersen.
Verdammt! Vor uns war alles abgesperrt mit einem Draht-Zaun. In letzter Minute drehten wir uns um, der Lepra-Kranke war plötzlich verschwunden, aber jemanden anders stand weiter weg vor der Hausmauer und hielt ein Dutzend rote Luftballons in den Händen, die er langsam los ließ.
Nein... nicht er schon wieder!
"Würdet ihr hier wohnen, dann wärt ihr schon zuhause." Grinste er uns an. Ich drückte Eddie ohne das der Clown es bemerkte durch ein kleines Loch im Zaun durch, dabei behielt ich den Irren im Auge.
"Komm zum Clown, Darcy." Er beendete den Satz damit, dass er meinen Namen lang und verzehrte aussprach. Seine Augen wanderten zu meiner Hand, die Eddies festhielt. Sein Lächeln verschwand sofort.
"Du wagst es die Hand eines anderen fest zu halten?" Böse, nein. Wütend sah er mich nun an. Kaum eine Millisekunde kam er auch schon rotierend auf mich zugerannt. Ich war wie betäubt.
Eddie zog mich schnell durch das Loch mit, der Clown war verschwunden.
Erschöpf saßen wir im Gras vor dem Zaun.
"Danke." Sagte ich leise zu Eddie.
"Kein.. Problem.."Auch er atmete heftig durch.
Wir richteten uns auf.
"Alles ok bei dir?" Ich legte meine Hand auf seine Schulter.
"Ja, ja."
"Lass uns schnell zu Ben nachhause gehen."

Wir joggten nach Hause zu Ben, der schon mit den anderen auf uns wartete.
"Sind das Aufnahmen von der Kanalisation?"
"Ja. Hast du einen Projektor? Dann könnten wir uns das genauer ansehen."
"Ich müsste meinen Vater fragen, aber wenn dann können wir erst morgen damit alles ansehen." Hörte ich Bill und Beverly im Zimmer reden. Ben ging ums Eck in einen Raum, wir folgten ihm schnell. Sein Zimmer war voller Zettel, die an der Wand verteilt aufgehängt worden sind. Auf ihnen waren Kinder, die Stadt Derry und einige andere Sachen zu sehen. Die anderen standen verteilt herum und sahen zu uns her.
"Tja Stan. Deine Chance ist vorbei." Klopfte Richie lachend seine Hand auf Stan's Schulter, dabei sah Stan auf unsere Hände. Ich folgte seinem Blick und bemerkte, dass Eddie und ich noch Händchen hielten. Sofort nahm Eddie sie weg.
"Klappe." Maulte Stan zurück. Ich weiß gar nicht was die haben. Das war ja nur eine Rettungsaktion von vorhin, aber das wussten sie ja noch nicht.
"Ich finde es Kacke hier."
"Wieso bist du so auf die Kanalisation fixiert, Bill?" Ich konnte nicht anders, aber jedesmal wenn ich die Gruppe traf ging es entweder um vermisste Kinder oder die Kanalisation.
Alle sahen mich stumm an, als hätte ich was falsches gefragt.
"W-Wegen Georgie. I-Ich glaube nicht, das e-er tot ist, s-sondern in d-der Kanalisation v-ver-verschwunden ist."
"Du meinst, dass er dort unten noch leben könnte?"
"Ich w-weiß es."
Wenn ich es mir so denke, dann... ist Georgie unten bei diesem...Clown. Armer Junge.
Plötzlich ging das Radio von Ben an.
"This here's a tail for all the fellas
Tryin; to do what those ladies tell us
Get shot down cause ya over-zealous
Play hard to get females get jealous
Okay smarty go to a party
Girls are scantily clad and showin; body
A chick walks by you wish you could sex her
But you're standing on the wall like you was Poindexter
Next days function high class luncheon
Food is served and you're stone-cold munchin'
Music comes on people start to dance
But then you ate so much you nearly split your pants."
Es war das Lied, dass ich hörte bevor er bei mir zuhause war, bevor...ich nach Hause kam. All die Erinnerungen schossen in meinen Kopf wie die Pfeile einer Armbrust hinein. Vorsichtig hielt ich meine Schläfen an der Seite, Kopfschmerzen. Es wollte nicht aufhören. Unfähig mich zu bewegen kam ich mir wir ein Idiot vor.
"A girl starts walking guys start gawking
Sits down next to you and starts talking
Says she wants to dance cause she likes to groove
So come on fatso and just bust a move
You're on a mission and your wishin'
Someone could cure your lonely condition
Lookin' for..."

Nach was sucht er? Looking for...? Nach was den nur?
"Alles ok Darcy?" Holte mich die Stimme von Beverly zurück, doch als ich mich wieder gefangen hatte, da war die Musik aus, der Ton war nicht mehr zu hören.
"Ja, ja es war nur.. der Song..." Sanft strich ich mir die Haare aus dem Gesicht und atmete tief ein und aus.
"Welcher Song?"
"Wie? Habt, habt ihr ihn nicht gehört?"
"Nein? Was den für einen?" Sie legte ihre Hand auf meinen Rücken ab.
"Dann war es nur Einbildung...." lächelte ich ihr versichernd entgegen. Was ist nur los??

Wir gingen auf die Straße, raus an die frische Luft. Sie tat unbeschreiblich gut.
"He Darcy, dass hier kannst du benutzen." Ben deutete auf ein Fahrrad, dass an der Hausmauer lehnte. "Ich weiß, dass du schon ein Auto fährst, aber mit einem Fahrrad ist es bestimmt viel lustiger für dich."
"Oh, Danke Ben." Ich ging zu ihm hin und setzte mich auf den Sattel. Schon lange bin ich nicht mehr auf einem Rad gesessen, geschweigeden gefahren, aber es fühlte sich vertraut an, als ich den Lenker fest im Griff hielt.
Schlendernd fuhren wir zum Park, dort war gerade ein Theater im Gange mit mehreren Bewohnern die zu sahen.
Wir setzten uns an die Parkbank, die auch einen Tisch dazu hatte. Richie und Stan setzten sich auf den Tisch, wobei Stan mir gegenüber saß und der Rest von uns verteilt auf den zwei Bänken.
"Hör mal Darcy, wir müssen dir was erzählen." Begann Richie und sah mich dabei unsicher an.
"Nicht. Sie wird uns nicht glauben." Kam es nun von Ben.
"Sie muss es wissen... Wir waren heute bei Beverly zuhause und.."
"Es war alles voller Blut." Fuhr Beverly selbst fort. "Das ganze Badezimmer war von der Decke bis über den Boden voller Blut."
"Voller Blut?" Ungläubig hackte ich nach.
"Ja. Dieses Ding versucht uns mit unseren Ängsten auszutricksen... ES weiß von unseren schlimmsten Ängsten..."
"ES? Wer ist ES?"
"Es ist eine Gestalt, die als Clown verkleidet Kinder entführt..."

Schock. Als Clown verkleidet?? Meinen sie den gleichen, der bei mir war??
"ES kommt alle 27 Jahre zurück und knapp 2 Jahre lang isst er Kindern, dann hällt er eine Pause."
"I-Ich hab da a-auch etwas gesehen.... ich hab G-Georgie gesehen, a-aber da w-war dieser..-"
"-Clown. Darcy und ich sahen auch etwas." Ich wusste sofort, was Eddie meinte.
"Bevor wir zu Ben gingen, da haben wir einen Lepra-kranken gesehen.. er hat uns gefolgt, eine wandelnde Infektion, dann war er verschwunden und der Clown stand da."
"Hört auf! Das ist nicht real! Das Blut im Badezimmer, der Lepra-Kranke oder die Frau die ich immer sehr sind nicht real!"
"Ist sie heiß?" Spottete Richie wieder einmal.
"Nein, nein sie ist nicht heiß! Ihr Gesicht ist total verzehrt.."
"ES ist real. Wovor habt ihr Angst, Richie und Darcy?" Fragte Beverly in die Runde.
"Bei mir... sind es Clowns.." antwortete Richie ängstlich. Das kannte man von ihm gar nicht.
"Und du?"
Alle sahen mich fragend an, aber das kann ich ihnen nicht erzählen, dafür sind sie alle zu jung..
"Wenn man alt genug ist, dann.. hat man vor nichts mehr Angst."
"Vor gar nichts?" Das rothaarige Mädchen sah mich erstaunt an. Ich schüttelte selbst unsicher den Kopf.
"Uh Leute. Es ist in zehn Minuten sieben Uhr, dann ist Sperrstunde."
Stimmt ja. Alle unter 18 müssen um sieben zuhause sein...
"Dann ciao Leute, wir sehen uns morgen."
"Ich sag auch mal bye."
Wir verabschiedeten uns, jeder fuhr mit seinem Rad wieder nach Hause, alle außer mir.

Schlendernd schob ich das Fahrrad, dass ich von Ben bekommen habe in Richtung meiner Straße. Ich hatte keine Lust in mein Heim zu gehen. All diese Erinnerungen stauten sich, ich will da nicht hin und es gibt niemanden bei dem ich sonst wohnen könnte.
Naja. Vielleicht könnte ich Dean fragen, aber diesen Gedanken schlug ich mir sofort aus dem Kopf, sonst könnte ich ja gleich zum Clown in das Abwassersystem runter kriechen.
Die Sonne ging bereits unter und langsam fing ich an mich zu entspannen, dabei bemerkte ich nicht, dass ich genau an der Straße vorbei kam, wo Eddie und ich ihn zuletzt gesehen hatten. Das dunkle Haus wirkte nun noch unheimlicher und mächtiger als vorhin.
Wie in Trance sah ich zur Türe, die sich langsam und knarrend öffnete.

Ich konnte nichts außer Dunkelheit sehen. Zögerlich stellte ich das Rad ab und näherte mich langsam dem Grundstück.
Ist das eine Stimme die mir da zuflüstert?
Noch einen Schritt näher... noch einen. In mir drehte sich alles, als würde mich jemand hypnotisieren. Mein Bein setzte ich an der ersten Stufe der Veranda ab, dann den nächsten. Meinen Blick behielt ich an der offenen Türe, ich habe die letzte Stufe erreicht und stand nun ganz oben.
Lange, lange starrte ich in das finstere Haus hinein... ich kann nicht mehr weg sehen...

"Willkommen zurück, Darcy."

His little Doll | Pennywise FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt