Hope the best, be prepared for the worst

321 8 0
                                    

Das gute alte Handbuch ist nun zu meinem Copiloten geworden. Es sagt mir was ich wie zu tun habe.

Gott sein dank gibt es bei jedem Flugzeugmuster eben dieses Buch, alles was darin steht wurde von Testpiloten erflogen und hier niedergeschrieben.

Mit meiner Karte suche ich eine geeignete Landestelle, für den Fall, das ich es doch nicht schaffe, meinen Ausweichflugplatz zu erreichen.

Die Bonanze gleitet dabei im s.g. "besten Gleitwinkel" unaufhörlich dem Erdboden entgegen.

Wer denk Flugzeuge fallen so einfach vom Himmel, nein das tun sie nicht.

Laut Karte gibt es eine Wüstenstrasse westlich meiner Position, die in meiner Reichweite zu liegen scheint.

Da leider auch die Navigationshilfsinstrumente ausgefallen sind, kann ich das nur schwer bestimmen.

Eine große Wahl habe ich eh nicht. Entweder ich schaffe es, oder ich muss früher runter.

Ich lege die Bonanza leicht nach rechts, nur nicht zu stark,  um nicht zu viel kostbare Höhe zu verlieren. Ich höre Marias Worte, wie sie bei unseren Notfalltrainigsflügen uns immer wieder diverse Dinge hat gesagt und üben lassen. Immer und Immer wieder.

Wenn es mich manchmal auch genervt hat, im Moment bin ich ihr sehr dankbar, ich kann meine Angst beherrschen und einfach konzentriert meine Notlandung vorbereiten.

Die nächsten Minuten ist bangen angesagt, ob es wirklich reicht?

Meine Gedanken sind immer wieder bei Maria, die mir so viel beigebracht hat.

Langsam erscheint mir der Streit mit ihr kindisch. Ich habe mich kindisch benommen. War eifersüchtig, nein bin eifersüchtig, doch ich habe es übertrieben und das sie einen Ex-Man hat, das habe ich glaube ich nicht realisiert oder realisieren wollen.

Was auch immer, in anbetracht meiner jetzigen Lage wünschte ich sie herbei oder zumindest die Möglichkeit ihr sagen zu können, dass es mir leid tut und das ich sie immer noch liebe.

Man Jenny, was sind das für Gedanken? Abschied? Du packst es, du bringst diese Kiste und dich heil runter. Dann sagst du es ihr selber, direkt in ihr wunderschönes Gesicht!

So vertreibe ich meine Gedanken und blicke nach vorne.

Ich habe etwas mehr an Höhe verloren, als ich gehofft hatte. Das beunruhig mich.

Endlich kommt die Strasse oder besser Piste in Sicht.

Unbekannte Landepunkte sollte man immer erst in niediger Höhe überfliegen, damit man unliebsame Überraschungen  wie z.B. Löcher, große Steine oder was auch immer vorher sieht, sagt Maria immer.

Doch ohne Triebwerk ist das nicht möglich. Also das beste hoffen und sich auf das Schlimmste vorbereiten.

Ich stelle meine Fluglage nach Handbuch ein, auch wird es nun Zeit das Fahrwerk auszufahren, also stelle ich den Hebel auf "Down" und warte auf das vertraute Geräusch der Hydraulik, doch es bleibt still.

"Fu...", rufe ich laut aus.

VIel Zeit bleibt mir nicht, doch ein zweiter Versuch muss sein. Nichts.

OK, also Handbetrieb, stärkt die Muskeln.

Ich greife nach dem Notfallhebel fürs Fahrwerk und beginne zu pumpen. Es dauert ewig, bis ich spüre, das das Fahrwerk rauskommt und der zunehmende Luftwiederstand mich abbremst.

Nach einer Weile geht es nicht weiter, das Fahrwerk ist draussen, doch ist es auch verriegelt? Die drei grünen Leuchten, die es immer anzeigen. sind aus.

Also habe ich keine Ahnung ob es beim Aufsetzen draussen bleibt oder wegknickt.

Fahrwerk wieder einziehen und auf dem Bauch landen ist keine Option. Also weiter hoffen. Man solche Spannungen braucht wirklich keiner.

Die Piste ist nun direkt vor mir und ich mache mich bereit.

Checkliste "Landung mit stehendem Triebwerk" habe ich auf meinen Knie und ich gehe sie durch.

Ich lehne mich kurz nach rechts und entriegele die Seitentür, für den Fall das ich sehr schnell raus muss, kann das entscheidene Sekunden bringen.

Nun ist der Moment der Wahrheit.  Ich habe keine richtige Angst, aber das Gefühl, was ich verspüre, ist nicht anders zu beschreiben.

Nur noch wenige Minuten.

Einige Meter über der Piste ziehe ich die Nase hoch um weiter abzubremsen und möglichst weich aufzusetzen. Ich will das Fahrwerk möglichst wenig belasten, denn wenn es nicht eingerastet ist, kann es mich im schlimmsten Fall überschlagen lassen.

Als das Hauptfahrwerk die holprige Piste berührt, halte ich den Atem an, rechne damit, dass meine Maschine eine unkontrollierte Bewegung macht, doch es scheint alles gut zu sein.

Nur Sekunden später setzt das vordere Fahrwerk auf und ich spüre, wie es wegknickt!

Sand, Steine, Geröll und was auch immer auf der Piste liegt spritz umher und hämmert gegen meine Windschutzscheibe und die Aluminiumhaut.

Ich werde durchgerüttelt, umklammerre das Steuerhorn und trete mit Macht in die Bremsen, obwohl das in dieser Situation nicht mehr wirklich viel bringt.

Es kommt mir vor als wüde es nie aufhören, bis ich plötzlich zum Stehen komme.

Meine Gedanken ordnen sich langsam, dann realisiere ich, dass ich unten bin und noch lebe!

Schnell schalte ich das restliche Bordnetz ab, löse meinen Gurt und klettere aus der Maschine.

Draußen laufe ich ein paar Meter vom Flugzeug weg, bevor ich mich umdrehe und schaue, ob irgendwo Feuer oder Rauch zu sehen ist.

Zum Glück nichts davon, nur Staub.

Meine Bonanza bietet einen traurigen Anblick.

Sie liegt auf der Nase, der Propeller ist verbogen, die Motorverkleidung aufgerissen und alles ist ölverschmiert.

Aber sie hat mich runtergebracht, unverletzt, ok, ein paar blaue Flecken werde ich bekommen, aber das ist ja nichts Schlimmes.

Sie und Maria haben mich gerettet, ohne ihr Training würde ich hier nun nicht stehen.


Erschöpft setze ich mich hin, muss durchatmen. Die Anspannung fällt von mir ab und ich weine.

Es ist einfach die Freude und die Erlösung, welches sich nun ein Ventil sucht und es ist so wahnsinnig erleichternd.

Lange weine ich nicht. 

Der Staub hat sich gelegt und ich gehe zur Maschine. Ich suche meine Trinkflasche, habe ein trockenen Mund.

Sie liegt in meiner Tasche hinter meinem Sitz. Wieder draussen trinke ich einen großen Schluck Wasser.

Es sind etwas 30 Minuten vergangen, seit ich unten bin, als ich das typische Geräusch von Rotoren höre.

Aus nördlicher Richtung sehe ich einen Helikopter sich meiner Position nähern, aufgeregt springe ich auf die rechte Tragfäche und winke, hoffe er hat mich gesehen.

Er hat, denn knapp über mir dreht er sich und setzt zur Landung an.

Ich bin endgültig gerettet.








Nur der Himmel ist die GrenzeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt