In the Sky

415 14 3
                                    

"Guten Morgen, Frau Meis nehme ich an?".

Eine dunkle Stimme reißt mich aus meinen Träumen. Ich blicke in ein von Lachfalten zerfurchtes Gesicht eines weisshaarigen Mannes. Seien Augen funkeln und strahlen einen entwaffnenden Charm aus und seine Körpergröße ist beeindruckend.

"Äh, ja. Entschuldigung, Jenny Meis.", sage ich und stehe auf.

"Ich bin Knut Larsson, wir fliegen heute zusammen.". Er gibt mir die Hand, ein fester Griff, dann grinst er wieder.

Jetzt erst erkenne ich ihn, er hat uns auf dem Flug nach Arizone damals an Bord begrüßt und Paps hat ihn mir auf meiner Anschlussprüfung vorgestellt.Ich lächle ihn an, er scheint mich auch zu erkenne, sagt aber nichts.

"Dann sollten wir mal loslegen, First Officer Meis.", er grinst schelmisch und geht in Richtung Infocenter.

Ich folge ihm zum nächsten freien Terminal.

"OK, dann wollen wir mal.".

Zusammen holen wir uns alle relevanten Daten, damit wir Triebstoff, Beladung und andere Dinge errechnen können, vielmehr ich, denn er überläßt es mir und beobachtet mich sehr genau.

Auch das Wetter ist sehr wichtig. Dann gebe ich den Flugplan auf, es geht nach Mailand.

Die Machine ist ausgebucht mit Urlaubern, die dem WInter entfliehen wollen.

Wir brauche nicht lange, dann folge ich ihm in den Briefing Room der Crew.

"Guten Morgen allerseits. Willkommen an Bord unserer Maschine nach Mailand. Ich bin Knut Lasson und das ist unser First Officer Jenny Meis. Sie hat heute ihren ersten regulären Linienflug auf dem rechten Sitz. Die Wettervorhersage ist so so lala, aber nichts Wildes, was uns erwartet. Ich denke wir können dann auch los. Irgendwelche Einwände? Nicht? Gut, dann lasst uns los.".

Während seiner Ansprache schauen alle irgendwie ehrfürchtig auf ihn, auch ich ernte Blicke und ich erblicke die junge Frau von vorhin. Sie ist Flugbegleitetin auf unserem Flug.

Als sie mich anlächelt wird mir ganz warm, sie unterbricht auch nicht den Blickkontakt, als ich etwas unsicher wegsehe. Nein, sie spielt förmlich mit mir.

Als Kapitän Larrson sich in Bewegung setzt, folge ich ihm schnell.

Das Wetter scheint sich etwas zu bessern. Ist mir recht, dann als First Officer werde ich den Außencheck machen.

Die Maschine ist zwar fast neu, aber man kann nie wissen und außerdem, die Sicherheit geht immer vor.


Während die Passagiere ankommen, sind wir mitten in den Cockpitchecks. Ich kriege kaum etwas davon mit, das sie einsteigen, bin in meinem Tunnel.

"Käpt'n, Cabin is clear, wir können.", sagte eine weiche weiblich Stimme.

"Danke Melanie.", höre ich ihn sagen.

Ich drehe mich kurz um und blicke in das Gesicht eben der jungen Frau, die mich mir ihren Blicken schon die ganze Zeit über kirre macht. Wieder spüre ich dieses schöne kribblende Gefühl in mir. In Gedanken spreche ich ihren Namen mit Bedacht aus.

Mit einem leichten Augenaufschlag  verlässt sie das Flight Deck, dreht sich nocheinmal um und sagt:

"Willkommen an Bord, wenn sie einen Kaffee möchten, rufen sie einfach nach Melanie.", dann lächelt sie wieder und schließt die Tür.

In meinem Bauch kribbelt es wie einst bei Maria. Melanie flirtet mit mir, ganz klar.

Man Jenny, nicht schon wieder, sage ich zu mir.

"Gut, dann rufen sie mal den Tower und lassen sie sich einen Slot geben. Ich möchte dann auch langsam los.", unterbricht Kapitän Larrson meine Gedanken, mit einem verschmitztem Lächeln auf seinen Lippen. Ich erröte.

"Ja Käpt'n.", sage ich und kontaktiere den Tower.

Wir erhalten unsere Freigabe und ich bitte die Bodencrew uns vom Terminal abzustoßen.

Als unsere Maschine rückwärts geschoben wird,  lese ich die Checklise vor.

Kapitän Larsson startet die Triebwerke und führt die notwendigen Handgriffe durch, welche ich bestätige.

Im Cockpit herrscht ein von den Fluggesellschaften vorgeschriebenes Ritual. Alles wird in englischer Sprache erledigt und das kurz und knapp . So sollen Missverständnisse und Fehler vermieden werden. Maria hatte uns das immer eingetrichtert und wir haben es von Anfang an so erlernt.

Dann sind wir bereit zum Rollen.

Kapitän Larrson übernimmt das Rollen am Boden, das ist üblich so. Ich halte Ausschau und überwache den Funk.

Am Haltepunkt angekommen, heisst es wieder eine Checkliste abarbeiten.

Dann stehen wir auf der Runway, bereit abzuheben. Ich bin nervös, obwohl ich das nun schon so oft in der Ausbildung gemacht habe, Endlich aber ist es nun ein realer Flug und kein Trainingsflug mehr.

Kapitän Larrson schaut mich an und lächelt. Ich erwiedere es etwas schüchtern.

"Sie haben einen weiten Weg zurückgelegt, seit damals. Bernd, ihr Vater,  ist sehr stolz auf sie. Bereit?".

Ich schaue ihn mit großen Augen an, er hat mich also doch wiedererkannt.

"Ja, bereit.", antworte ich.

Erneut lächelt er und nickt.

"You have Control."

Ich bin kurz sprachlos, ich soll diesen Flug durchführen? Schnell antworte ich mit einem lächeln:

"I have control" . Dann umfasse ich mein Steuerhorn und schiebe die Gashebel auf Startleistung, Der Jet reagiert leicht verzögert, dann stürmt er los.

"80 knots", höre ichKapitän Larrson kurz daruf sagen, ich schaue auf meine Geschwindigkeitsanzeige und sie zeigt das Gleiche an. Ich bestätige:

"80 knots, check".

"V1", kommt die nächste Ansage.

Nun haben wir eine Geschwindigkeit erreicht, wo ein Startabbruch unmöglich ist.

"V2....Rotate".

Rotate, mein Zeichen das Steuerhorn zu mir zu ziehen und abzuheben.

Es fühlt sich so gut an in den Sitz gepresst zu werden.

"Airborn."

Das Zeichen dafür, dass wir fliegen und auch steigen.

"Gear up.", sage ich

"Gear up, ........three green", bestätigt Kapitän Larrson das einfahren und Verriegeln des Fahrwerkes.

Ich lege den Jet nach links und verlasse den Flughafenbereich, steuere unsere vorgeschriebe Luftstrasse an.

Nun beginnt meine Reise erst richtig. Nach dem langen Weg durch die Ausbildung sitzte ich endlich da, wo ich immer habe hinwollen.

Im Cockpit eines Airliners, unter mir die Erde, der Himmel über mir ist grenzenlos. Ich bin glücklich.

Mein beruflicher Traum ist nun real und wenn ich kurz an Melanie denken, scheint sich auch hier ein Traum zu erfüllen, die Zukunft wird es zeigen.


-ENDE-



Nur der Himmel ist die GrenzeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt