Zum Glück blieb der große Ansturm nach dem Spiel aus. Auch wenn ohnehin kaum einer mehr im Fitzgeralds Platz gefunden hätte, hätten sich die Hornets Fans bestimmt nicht daran gestört. Jack hatte ich zum Glück nicht mehr gesehen. Kurz nach unserem Gespräch war er gegangen, doch seine Kollegen waren noch immer da und feierten den Sieg ihrer Basketballmannschaft mittlerweile ausgelassen. Dave sprach mich kein einziges Mal mehr an. Ich hatte sogar den Eindruck, dass er meinen Blicken auswich, wenn ich an ihrem Tisch erschien. Ich wusste nicht, was Jack ihm gesagt hatte, doch es hatte offensichtlich Früchte getragen. Aber im Grunde war mir das total egal, als wenn dieser Halbstarke mir Angst machen würde. Es amüsierte mich eher ein wenig.
Ich beendete meine Schicht im Fitzgeralds spät in der Nacht und freute mich nur noch auf mein Bett. In Gedanken ging ich den nächsten Tag durch. Ich hatte nicht viel Schlaf vor mir, da ich morgen früh bereits wieder im Starbucks arbeiten musste. Ich seufzte. Ein Tag, wie jeder andere.
Mein Heimweg führte mich am Kandys vorbei. Eine Traube Menschen hatte sich vor dem Club versammelt. Zuerst dachte ich, dass sie warten würden, um den Club betreten zu können, doch als ich näher kam, erkannte ich, dass sie einen Kreis gebildet hatten.
»Hör auf, Jonathan!«, hörte ich eine schrille weibliche Stimme, die sich beinahe überschlug. Die meisten der Anwesenden feuerten jemanden an, der sich in der Mitte der Menschenmasse befand. Was war denn hier los? Von Neugier getrieben, bahnte ich mir meinen Weg durch die Menschen, bis ich schließlich erkannte, was dort vor sich ging.
Zwei Männer, die beide Anzüge trugen, lieferten sich eine wilde Schlägerei. Neben ihnen stand Penny, die wild auf die Männer einredete, um sie zum Aufhören zu bewegen. Erfolglos.
»Penny?«, rief ich ihr entgeistert und fragend entgegen. Der Mascara der Blondine hatte sich großzügig über ihre Wangen verteilt. Die Tränen liefen ihr noch immer herunter und mir entging nicht, dass ihr kurzes, pinkfarbenes Paillettenkleid an der linken Schulter zerrissen war. Offensichtlich war auch die Blondine in den Streit verwickelt gewesen, den die beiden Männern nun hier zu Ende bringen wollten.
»Kate! O mein Gott, Kate!« Penny eilte auf mich zu und schloss mich in die Arme. »Es ist so furchtbar!«
Etwas überrumpelt und überfordert mit der Situation brauchte ich ein paar Sekunden, bevor ich die Blondine ebenfalls in die Arme schloss. »Geht's dir gut?«, fragte ich unsicher, während ich sie etwas von mir schob.
»Jonathan«, brachte sie unter Tränen hervor und schüttelte den Kopf.
Wer zum Henker ist Jonathan?, dachte ich. Es war schon manchmal nicht so einfach, bei Pennys Männern den Faden zu behalten. Doch ich versuchte ihren Erklärungen zu folgen. Jonathan war offensichtlich der blonde Schönling, der sich noch immer mit dem anderen Mann schlug. Ihr Ex, wenn man ein One-Night-Stand überhaupt als Ex bezeichnen konnte. Der andere Mann, der im Kampf unterlegen schien, war offensichtlich ihr Date, von dem sie mir am Morgen erzählt hatte. Langsam begriff ich.
Jonathan hatte sie vor zwei Wochen kennengelernt, aber außer einer gemeinsamen Nacht wäre es nichts für sie gewesen. Er sah das offensichtlich anders und sei ausgerastet, als er sie mit dem Neuen gesehen hatte.
»Penny«, gab ich mit rollenden Augen und einem vorwurfsvollen Ton von mir, denn das so etwas passiert war bei der Fülle ihrer Männergeschichten nur eine Frage der Zeit gewesen.
Plötzlich fuhr ein Polizeiwagen vor. Die Menge machte den beiden Polizisten platz, welche die Streithähne auseinanderzogen. Jonathan war mit seinem Gegner aber offensichtlich noch nicht fertig und versuchte sich wieder und wieder von dem Griff des Polizisten zu lösen, was dazu führte, dass beide Männer ihn festhalten mussten. Erst als man ihm mit Handschellen drohte, versuchte er sich zu beruhigen. Pennys Date war aber nicht besser. Er provozierte Jonathan weiter, indem er ihm wüste Beleidigungen entgegenrief. Als sich zwei weitere Männer einmischten, die wie Penny mir erklärte Freunde von Jonathan waren, eskalierte die Situation erneut. Irgendjemand warf eine Flasche. Ein Mann ging zu Boden und augenblicklich brach eine erneute Schlägerei aus. Und während ein Polizist zum Auto rannte und Verstärkung anforderte, nutzte Jonathan die Lage, um sich der Aufmerksamkeit der Polizei zu entziehen.
Er kam, die Hände zu Fäusten geballt, direkt auf uns zu. Als sein Blick auf Penny fiel, konnte ich Wut in seinen Augen erkennen. Er lockerte die Krawatte, dessen Knoten sich ohnehin längst gelöst hatte, und warf sie frustriert auf den Boden.
Als er uns erreicht hatte, ergriff er Penny am Arm und wollte sie mit sich ziehen. »Wir verschwinden, Baby.«
Sie riss sich sofort los. »Lass mich in Ruhe, Jonathan!«
»Ich prügel mich nicht für dich, wenn du mich nicht im Nachgang dafür entschädigst! Du kommst jetzt mit mir!«, brüllte er sie an.
Was ein Arschloch, ging es mir durch den Kopf.
»Wird sie nicht«, sagte ich mit einem ruhigen Ton und schob Penny hinter mich. Der Kerl hatte vielleicht Nerven.
»Du hältst dich da raus, Schlampe!«
»Nein, ich halte mich nicht raus und du wirst jetzt gehen, oder es bereuen.«
Der Typ verstand meine Drohung nicht. Er packte mich an der Schulter und wollte mich von Penny fortziehen, doch dazu sollte es nicht kommen.
Ich war schnell. Er sah nicht, was ich vorhatte - so hatte ich es gelernt. Ich griff nach seiner Hand, drehte sie um und ignorierte sein Aufschreien, während ich ihm auf die Brust schlug. Ein Schlag, ausgeführt mit der flachen Hand, doch wirkungsvoller als jeder Faustschlag es hätte sein können. Es war ein Reflex und noch ehe ich begriff, was ich gerade getan hatte, lag er auch schon auf dem Boden.
»Kate!«, rief Penny mit einer Mischung aus Überraschung und Empörung aus.
Ich ignorierte sie und schaute auf den Mann herab, dessen schmerzverzerrtes Gesicht mir nur ein Schmunzeln entlockte. Ist ja nun nicht so, dass ich ihn nicht gewarnt hätte.
»Du verdammtes ...«, brachte er keuchend hervor und erhob sich langsam. Noch immer die Hände zu Fäusten geballt schien er kurz zu überlegen, ob er mich erneut angreifen sollte. Nach wenigen Sekunden siegte seine Dummheit. Er versuchte mich mit einem Faustschlag im Gesicht zu treffen. Ich wich aus. Den nächsten Schlag blockte ich. Mit einer flüssigen Bewegung verdrehte ich seinen Arm und trat ihm mit voller Wucht gegen diesen. Ein lautes Knacken ertönte und Jonathan brach erneut zusammen.
Sein Schrei erweckte wohl auch wieder die Aufmerksamkeit der Polizei. Mittlerweile waren weitere Polizisten eingetroffen, die den Tumult vor den Club zu schlichten versuchten. Hier und dort klickten Handschellen. Einige, die an der Schlägerei Anteil gehabt hatten, wurden festgenommen. Und ehe ich mich versah, stand ein Polizist hinter mir und legte auch mir Handschellen an.
»Was soll der Mist? Ich habe mich nur verteidigt«, fuhr ich den Polizisten an, doch der interessierte sich nicht für meinen Protest. Ich widerstand dem Drang, ihn niederzutreten, und ließ mich widerwillig von ihm abführen.
Er schob mich auf die Rückbank eines Polizeiwagens und schloss die Tür. Der Lärm wurde dumpf und langsam begriff ich, was ich getan hatte. Ja, dieses Arschloch hatte es verdient, aber ich hätte mich nicht so hinreißen lassen sollen. Seit drei Jahren war mir das nicht mehr passiert und es ging mir gut. Ein Ausrutscher und jetzt saß ich in einem Polizeiwagen - schlimmer ging es nicht. Auf der Fahrt zum Revier redete ich mir ein, dass ich es für Penny getan hatte. Sie wäre nicht in der Lage gewesen sich gegen ihn zu wehren. Ja, aber ich hätte es auch anders - und vor allem - unauffälliger lösen können. Irgendwas in meinem Kopf hatte ausgesetzt, dabei hatte ich gedacht, dass das nie wieder passieren würde.
»Kate verdammt!«, verfluchte ich mich selbst. »Wie blöd bist du eigentlich?«

DU LIEST GERADE
HIS RULES
Romansa»Ich gebe niemals auf! Ich teile nicht und ich lasse nicht zu, dass irgendjemand meinem Mädchen etwas antut!« Das waren Jacks goldene Regeln, die er niemals brach, was ich schneller als mir lieb war am eigenen Leib erfahren sollte. Dabei führte ich...