Schnell weg

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Anscheinend bin ich dann ja letzte Nacht doch noch einmal eingeschlafen. So bin ich jetzt aufgewacht. Es ist halb acht morgens und ich bemerke, dass mein schwarzes Kopfkissen komplett nass vom weinen ist. Na toll, wenn das meine Eltern mitbekommen, aber egal die interessieren sich doch eh nen scheiß für mich.

Langsam stehe ich vom Bett auf und schleiche ins Badezimmer, denn ich bin heute eine Stunde früher aufgestanden als ich eigentlich sollte. Ich putze mir schnell die Zähne und kämme meine langen, dunkelbraunen Haare, bevor ich merke, dass ich nicht alleine im Bad bin. Mein kleiner ach so nerviger aber trotzdem süßer 9-jähriger Bruder Tim sitzt nämlich zusammen gekrümmt auf dem Fußboden. "Was machst du hier? Geh weg, du hast hier noch nichts zu suchen." Er starrt mich so komisch mit einem versteinerten Blick an. Ich frage mich, was wohl mit ihm los ist, traue mich aber nicht ihn zu fragen, denn er hat genauso wie ich komplett verweinte Augen. "Lulu, ich habe Angst" kommt leicht zögernd aus im heraus. Und ja, er nennt mich immer Lulu und nein ich heiße nicht wirklich so, sondern Luisa, aber das ist halt sein Spitzname für mich. Ich frage ihn wovor er denn so Angst hätte und er meint, dass ich mal genau hinhören solle, was da unten in der Küche passiert.

Es sind meine Eltern, die sich mal wieder streiten, na toll. Und worum geht es diesmal? Genau, um irgendwelche Kleinigkeiten wie zum Beispiel, dass wir Kinder ja eh nichts wert sind und nur am nerven sind, oder darum ob heute meine Mutter oder mein Vater kocht. Aber mir war von vorne herein klar, dass heute wieder keiner von den beiden sich  an den Herd stellen wird. so wie jeden Tag...

Ich nehme meinen kleinen Bruder ganz fest in den Arm und erzähle in eine schöne, kurze Geschichte um ihn von all dem abzulenken. Er lächelt mich an: "Danke, Lulu. Ich hab dich lieb."

Schnell mache ich mich noch zu ende fertig, indem ich mich leicht schminke und mir schnell meinen schwarzen, kurzes Kapuzenshirt überziehe und irgendeine kurze Hose. Mit meinem Bruder an der Hand, schleiche ich mich wieder in mein Zimmer und schnappe mir schnell meinen Rucksack und mein Skateboard. Da im moment Sommerferien sind, brauche ich auch zum Glück nichts an Büchern mitschleppen oder auch nur irgendeinen von den Schwachmaten, aus dem schrecklichen Ort namens Schule, sehen. Zusammen rennen Tim und ich jetzt so schnell wir können die Treppe runter, nehmen uns unsere Schuhe und stürmen aus der Tür heraus ohne, dass unsere Eltern auch nur irgendwas mitbekommen. "Du bleibst heute bei deinem besten Freund Felix, ok?" frage ich ihn. Er nickt nur und ich bringe ihn schnell zu seinem Freund, damit er meine Eltern durch die Haustür nicht weiter schreien hören muss.

Ich fahre mit dem Skateboard zum Bahnhof und höre währenddessen Musik über meine Kopfhörer, denn so kann ich die vorbei laufenden Menschen einfach ignorieren. Meine Haare wehen im Fahrtwind hin und her und wenigstens jetzt, für einen kurzen Moment fühlt es sich so an, als wäre ich endlich mal frei. Frei von Sorgen, Ängsten und Verpflichtungen.

Im Schatten der RealitätWo Geschichten leben. Entdecke jetzt