Endlich am Bahnhof angekommen, setze ich mich auf eine der unzähligen kalten, silbernen Bänke auf dem Bahnsteig. Wieso sitze ich eigentlich hier, ich habe keinen noch so geringen Grund, um mit dem Zug irgendwo hinzufahren. Ich starre auf die vorbei fahrenden Züge, als wären sie etwas ganz besonderes, was sie in meinen Augen auch sind. Denn für mich können sie das Tor zur Welt sein.
Etwa eine halbe Stunde später stehe ich von der Bank auf, da ich mich irgendwie sehr beobachtet fühle. Mit dem Skateboard unter den Füßen und einem der Kopfhörer im Ohr, fahre ich nun zum Skatepark um viel der talentiertesten Skater der Stadt zu beobachten.
Ich werde immer schneller und schneller, es ist als würde ich vor etwas fliehen. Fliehen vor dem Gefühl beobachtet zu werden.
Plötzlich höre ich eine tiefe Stimme: "Luisa, jetzt bleib doch mal stehen. Ich will doch nur mit dir reden." Erschrocken springe ich von meinem Board und drehe mich langsam um. Es ist Yoshi. "Na toll, den kann ich ja jetzt echt nicht auch noch gebrauchen." Murmel ich vor mich hin, aber anscheinend nicht leise genug, denn Yoshi zieht seinen dichten Augenbrauen hoch, sodass man seine dunkel braunen Augen noch besser erkennen kann. "Es tut mir leid, ich wollte dir nicht weh tun, geschweige denn mit dir Schluss machen, aber es war das einzig Richtige." sagt er mit einer leicht traurigen aber irgendwie auch ironischen Stimme. Soll ich ihm jetzt glauben oder nicht? Nein! Dank ihm konnte ich schließlich letzte Nacht nicht schlafen und bin mit verweinten Augen, von Albträumen geplagt, aufgewacht. "Geh endlich weg, ich will nichts mehr von dir wissen, du abartiger Lügner!"
Langsam dreht er sich wieder um und läuft davon, als wäre einfach überhaupt nichts geschehen. Also stelle auch ich mich wieder aufs Board und fahre davon, in der Hoffnung, dass es in meinem Kopf endlich leise wird und meine Gedanken endlich ruhig werden. Aber Fehlanzeige. Stattdessen, dass ich an Garnichts denke, bringt unsere Begegnung, mich gerade vollkommen um den Verstand.
Es ist mittlerweile drei Uhr und ich kann den Park schon langsam erkennen. Normalerweise brauche ich garnicht so lange bis hier, aber heute anscheinend schon.
Dort setze ich mich auf eine kleine Mauer und beobachte die skatenden Jugendlichen sowie die Profis unserer Stadt. Hier kann ich frei sein, einfach nur zu sehen und ich muss endlich mal niemanden auch nur irgendwas erklären. Das sieht einfach so befreiend und leicht aus, wie alle von Rampe zu Rampe springen. Manchmal sieht es sogar so aus, als würden die jenigen fliegen.
Vorsichtig kommt ein Junge mit blonden, etwas längeren Haaren zu mir. Er setzt sich neben mich und macht sich einen kleinen süßen Zopf. Außerdem bemerke ich, dass er in meine Parallelklasse geht und ich ihn daher schon ein wenig kenne. "Hey, ich bin Drake. Hab dich hier schon mehrfach gesehen." meint er mit einer unglaublich symphatischen Stimme. "Ja, das stimmt, ich komme hier öfters her. Ahja und ich bin außerdem Luisa."
Wir sprechen noch eine ganze Weile und tauschen unsere Handynummern aus. "Komm, hast du nicht Lust, zusammen mit mir nach Hause zu gehen?" Fragt er mich wieder einmal sehr freundlich. "Ich weiß nicht so Recht, möchte nicht anhänglich sein." Gleichzeitig denke ich mir aber auch, es wäre vermutlich eine gute Ablenkung von Yoshi und meinen Eltern.
Wir gehen zusammen mit den Boards unter den Armen zu ihm nach Hause. Vorbei an meinem Haus, einem kleinen Wald, meiner Schule und genau ans andere Ende der Stadt. Momentan ist es für meinen Geschmack zwar leicht unheimlich hier, aber dennoch fühle ich mich bestens beschüzt.
DU LIEST GERADE
Im Schatten der Realität
Teen FictionIch bin doch auch nur ein normales 16-jähriges Mädchen... wieso passiert mit dann immer so ein Mist? Es ist wie ein schlechter Traum: alle wichtigen Personen verschwinden aus meinem Leben und ich habe einfach niemanden mehr. Ich bin am Boden. Aber w...