{3} only ten days

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Die grauhaarige Frau griff nach meiner Hand und schaute in meine Richtung.

"Ich habe eine besondere Gabe und weiß was du denkst. Das hier ist kein Traum Amalea, dies hier ist dein neues Leben", sprach sie in einem ernsten Ton.

Mein Mund stand einen Spalt weit offen und als sie begann das Haus zu betreten, blieb ich stehen. Was meinte sie? Es war unmöglich, dass sie meine Gedanken lesen konnte und genauso konnte es nicht stimmen, dass dies hier die Realität war. Ich war Amy Swan und nicht Amalea und ich war hier nur in einer mysteriösen Traumwelt gefangen.

"Na komm mein Kind." Sie winkte mich in ihre Richtung und ich beschloss ihr trotz meiner Zweifel zu folgen.

Wenn dies kein Traum war, dann wurde ich entführt. Mein Herz begann zu rasen und ich versuchte großen Abstand zu der Frau zu halten. Was hatte sie mit mir vor? Möchte sie mich umbringen? Ich sah nach links und rechts, aber dort waren nur zwei dicke Wände. Keine Flucht, kein Ausweg. Weit und breit. Nein, wenn sie mich umbringen wollte, dann hätte sie dies schon längst getan, oder?

"Versuch nicht einmal zu fliehen Amalea, das hier ist deine Heimat und kein Ort vor dem du Angst haben musst", sprach die Frau auf einmal mit monotoner Stimme und ich erstarrte für einen kleinen Moment. Sie konnte wirklich meine Gedanken lesen.

"Wieso bin ich hier? Wieso haben Sie mich entführt und wann lassen Sie mich gehen? Meine Mom macht sich bestimmt ernsthafte Sorgen, es ist sicherlich schon spät in der Nacht und ich müsste schon lange zu Hause sein und- und ich will auch schon lange zu Hause sein, also bitte bringen sie mich zurück zu diesem Flugzeug und lassen Sie mich nach Hause fliegen." Ich sprach schneller, als ich es sollte, was die Fremde dazu brachte abrupt stehen zu bleiben. Mit ernstem Blick drehte sie sich in meine Richtung und packte mich an den Armen.

"Du bist 17, sie wusste, dass du gehen wirst, wenn du 17 bist. Die Reise nach Kruxton hat 33 Tage angedauert und mittlerweile wird deine Mutter, wie du sie nennst, schon längst Abschied von dir genommen haben." Nach ihrem Satz folgte erneut dieses unangenehme Lächeln von ihr und meine Sprachlosigkeit.

Ich verstand gar nichts mehr. Ich wusste nicht wieso ich hier war und wieso meine Mutter mit mir abgeschlossen haben sollte.

"Wieso sollte sie Abschied von mir nehmen? Ich bin ihre Tochter und Sie sind irgendeine kranke Entführerin." Ich verschränkte meine Arme. Weshalb belog mich diese Frau? Ich konnte unmöglich 33 Tage geschlafen haben und meine Mutter konnte mich bestimmt nicht so leicht aufgeben. In und auswendig kannte ich sie und meinen Vater und ich wusste aus voller Gewissheit, dass sie niemals aufhören würden um mich zu kämpfen.

"Du wirst jetzt deine wahren Eltern kennenlernen Amalea, deine wahre Familie." Sie presste ihre Lippen fest aufeinander und packte mich grob am Arm. Ohne Reaktion lies ich mich von ihr in die Richtung einer enorm großen Tür ziehen. Sie klopfte daran und mindestens genauso schnell klopfte mein Herz. Ich war in die Hände einer Psychophatin geraten. Wie sollte ich mich von hier befreien? Wie konnte ich wieder zurück zu meinen Eltern kommen?

Die Tür öffnete sich und ich stand in einem riesigen Raum. Wir waren umgeben von einer Wand voller Spiegel. Der Raum duftete nach Rosen, so wie es auch der Garten getan hatte.
Das Zimmer war so groß, dass meines zu Hause mindestens zwanzig Mal hineinpassen würde, doch alles was sich in diesem Raum befand war ein rosafarbenen Teppich. Ein rosafarbener Teppich, der zu zwei Stühlen führte.

Zwei Menschen befanden sich auf diesen. Die Frau, die links saß, hatte ein warmes Lächeln auf den Lippen. Ihre blonden Haare trug sie offen und sie sind geschmückt mit einem Diadem. Der ebenfalls blonde Mann, der sich neben ihr aufhielt, sah starr in meine Richtung, seine Mundwinkel waren nicht einmal einen Millimeter in die Höhe geneigt und mir wurde es mulmig zumute.

Ich drehte mich um, damit ich die grauhaarige Frau fragen konnte, wer diese Personen waren, aber sie war bereits verschwunden.

"Amy, komm zu uns." Die Stimme der Frau, die auf dem riesigen Stuhl saß, hörte sich an wie die eines Engels. Allein durch diese Worte hatte sie mich in einen Bann gezogen, der mich automatisch in ihre Richtung gehen ließ. Ihre Stimme umhüllte mich mit einer unfassbaren Ruhe und ich blieb erst stehen, als ich mich direkt vor ihr befand.

"Du bist so groß geworden." Ihre rosa geschminkten Lippen zückte sie in die Höhe und sie erhob sich von ihrem Thron, "ich weiß noch, als ich dich das letzte Mal in meinen Armen hielt, du warst ein Baby, zehn Tage alt. Nur zehn Tage konnte ich dich bei mir haben."

Mein Blick wanderte über die zierliche Frau. So sehr ich versuchte mich daran zu erinnern, ich konnte mich nicht an sie erinnern. Die Frau strich sich ihr langes Kleid zurecht und kam dann einen Schritt näher auf mich zu.

Ich sollte Angst haben, denn ihre Dienerin oder was auch immer sie war, hatte mich entführt. Jedoch stand ich nur dort, still und steif und ließ zu, dass mich die Fremde in den Arm nahm. Sie strich mir über den Rücken und zog mich näher an sich und ich ließ es über mich ergehen. Ich ließ über mich ergehen, wie eine Fremde mich beinahe zerquetschte und ich hatte keine Ahnung wieso ich es tat.

Die Frau begab sich zurück auf ihren Platz und ich blieb stehen. Der Mann allerdings sah mich noch immer finster an und ich fragte mich, wieso er so schlecht gelaunt war. Ich war diejenige die entführt wurde.

Wieso rastete ich nicht aus? Wieso war ich in dieser Situation so unglaublich ruhig? Eigentlich sollte ich schreien und versuchen wegzurennen, stattdessen machte ich gar nichts. Gab es etwa auch das besondere Talent einen Menschen zu beruhigen?

"Ich bin Königin Amurana Kru und das ist mein Mann Mikason Kru. Du kannst uns aber auch Amara und Mike nennen. Und du meine geliebte Tochter befindest dich auf deinem Heimatplanten Kruxton, ich weiß es ist alles ein wenig viel auf einmal, aber es ist wichtig das du hier bei uns bist, jetzt zu dieser Zeit ist es wichtig, außerdem ist es wichtig, dass du entspannt bleibst", erklärte sie mir.

Ich war ruhig, bewegte mich nicht und brachte kein einziges Wort von meinen Lippen. Es war fast so, als war es mir egal, dass diese Menschen mir sagen wollten, dass ich mein ganzes Leben lang mit einer Lüge gelebt hatte. Wieso interessierte es mich nicht, dass Mom und Dad vielleicht nicht meine wahren Eltern waren? Wieso tat ich nichts?

"Unsere Leute haben uns bereits zu deiner Geburt gesagt, dass wir nur noch wenige Jahre auf unserem Planeten leben können. Unsere Nahrung und unsere Luft zum Atmen geht aus, wir schaffen es vielleicht nur noch wenige Monate zu überleben. Dein Vater und Ich wussten, dass wir dir dieses Leben nicht antun wollten. Deswegen haben wir dich als Baby auf die Erde geschickt, zu einer Familie, die wir über Jahre beobachtet haben. Wir wollten dir ein besseres Leben ermöglichen, ein längeres und vorallem glücklicheres, denn wir wussten, dass wir es nicht ertragen würden unsere eigene Tochter sterben zu sehen. Allerdings hat deinen Vater und mich der Egoismus eingeholt, denn die Sehnsucht nach unserem eigenen Fleisch und Blut ist einfach zu groß gewesen. Wir wollen dich kennenlernen, bevor wir sterben werden, denn du bist die einzige Tochter, die wir haben."

Sie stand auf, griff nach meinen Händen und sah mir tief in die Augen. "Du wirst unsere Geschichte nicht widerfragen, denn dies ist die Wahrheit und du wirst uns die Chance geben deine Eltern zu sein, okay Amalea?", flüsterte sie.

"Ja", wisperte ich. Ohne auch nur einen Moment zu zweifeln.

Torn between planetsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt