{24} sharp like a knive

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"Sie- sie bringen sie um", wisperte ich, während meine Augen weit aufgerissen waren. Ich bekam nur noch halb mit, wie mich jemand am Arm packte und in die Richtung der Limousine, die uns vorher hergebracht hatte zog.

Ich hörte keine Schreie mehr. Es war nur noch diese unheimliche Stille in meinem Kopf. Doch wenn ich ehrlich war, dann war die Stille schlimmer, als die Schreie, die ich vorhin gehört hatte. Denn wenn ich daran dachte, dass diese Stille bedeutete, dass die Menschen, die nur für einen Moment mutig sein wollten, nie wieder ein Wort über die Lippen bringen konnten, dann verschlug es mir für einen Moment den Atem.

Jetzt war ich mir sicher, dass meine Mutter etwas mit den Schreien im Schloss zu tun hatte. Ich war mir nun zu hundert Prozent sicher. Die Wachen, die die Protestanten mitgenommen hatten, arbeiteten auf ihren Befehl. Sie hatte es befohlen. Ganz alleine sie. Vielleicht hatte sie die Wachen sogar manipuliert, damit sich ihr niemand widersetzte. Denn welcher normale Mensch oder Kruxtaner, würde einen anderen umbringen, weil dieser Angst um sein Leben hatte und eine Veränderung anstrebte?

Ohne blassen Schimmer, wie ich es geschafft hatte, bemerkte ich, dass ich mittlerweile in der Space-Limo saß. Mein Blick fiel auf meine Hände, die enorm am Zittern waren. Ich hatte Angst. Pure Angst. Meine Mutter war der Teufel und ich konnte nichts dagegen unternehmen, denn vielleicht gab es noch eine andere Person auf diesem Planeten, die die gleiche Fähigkeit besaß. Und eventuell würde diese dann bald meine hören. Aber konnte ich mein Leben über das Leben anderer stellen? Ich hatte die Macht etwas zu ändern, ich war schließlich die Prinzessin. Doch trotzdem war dort wieder diese Angst. Die Angst, die mich davon abhielt meine Mutter anzuschreien und sie zu fragen, warum sie das getan hatte. Wieso sie unschuldigen Kruxtanern das Leben genommen hatte, nur weil diese nicht alles taten was sie wollte.

Mir fielen wieder die Forschungen ein, von denen Tanya mir erzählt hatte. Sie musste mich bald in ihr Team einweihen, denn ich konnte nicht mehr tatenlos zusehen, wie meine Mutter ihr Volk belog. Ich musste den ganzen unschuldigen Einwohnern helfen, die am Hungern waren, aber nichts dagegen unternehmen konnten. Das war meine Aufgabe. Vielleicht wollte das Schicksal mich deshalb zu diesem Zeitpunkt auf den Planeten holen, eventuell sollte ich die Menschen aus dieser Monarchie befreien. Selbst wenn Kruxton nicht mehr lange Zeit hatte, in dieser letzten Zeit verdienten die Kruxtaner mehr. Da war ich mir sicher. Jedes Lebewesen verdiente Glück.

Gegenüber von mir saß Troy. Seine Augenbrauen waren zusammengezogen und er starrte in meine Richtung. Ich sah, wie er mit seinem Lippen zwei Worte formte. Ich vermutete, dass er mich fragte was los war aber ich wollte nicht mit ihm reden. Tanya hatte Recht. Er war loyal zu meiner Mutter. Als ich ihm die Geschichte erzählt hatte, die meine Mutter mir aufgetischt hatte, hatte er ihr sofort geglaubt ohne sie auch nur für eine einzige Sekunde zu hinterfragen. Wenn ich ihm jetzt von den Schreien erzählen würde, dann hätte er bestimmt auch wieder eine Vermutung bereit, die die Schuld von meiner Mutter nahm.

Ich sah hinüber zu Tanya. Sie verschränkte die Arme vor ihrer flachen Brust und ihre linke Augenbraue war weit nach oben gezogenen. Ihre rot geschminkten Lippen waren fest aufeinander gepresst und an ihrer Stirn kam eine Ader zum Vorschein. Man konnte ihr stark ansehen, dass sie wütend war. Das war ich auch. Allerdings durfte ich mir das nicht anmerken lassen.

Ich sah aus dem Fenster des Wagens und konnte erkennen, wie einzelne Kruxtaner durch die Straßen liefen. Ob einer von ihnen vorher auch überlegt hatte sich bei dem winzigen Aufstand einzumischen und jetzt froh ist, dass er es doch nicht gemacht hatte? Ich war froh, dass es nur vier Leute waren, die protestiert hatten. Es waren vier Leben zu viel, die heute verloren wurden. Vier Schüsse zu viel. Vier Schrei zu viel und vier Mal zu viel Stille. Doch jede Revolution begann klein. Es musste nur eine Person anfangen und schon bald würden mehr folgen. Ob es bei der nächsten Rede schon zehn waren? Bei der nächsten dann hundert? Einer musste den ersten Stein werfen und in diesem Fall waren es diese vier Menschen, die mit ihrem Mut ihr Leben verloren hatten.

Torn between planetsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt