Kapitel 46

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„Es geht dich nichts an! Akzeptier das einfach!" Schrie ich schon hysterisch. Wieso konnte er es nicht einfach lassen?

„Und ob mich das was angeht! Du tauchst hier auf und erwartest von uns, dass wir das einfach so hinnehmen ohne einmal den Grund zu kennen!"

„Ja, wenn es euch was angehen würde hätte ich es euch schon längst gesagt!"

„Wir haben ein Recht es zu wissen!"

„Und ich habe ein Recht zu schweigen! Du denkst doch nicht ernsthaft dass ich dir gehorche und anfange mit dir zu reden! Du bist nicht mein Bruder und wirst es auch niemals sein, Lukas! Also lass mich einfach in Ruhe!", schrie ich zynisch und rannte aus dem Zimmer in den Flur um mir in Windeseile meine Jacke anzuziehen um dann, das Haus zu verlassen.

Er griff nach meinem Arm und zog mich zurück. „Du gehst nirgendwo wo hin! Verstanden!"

„Fick dich doch!", schrie ich und entriss ihm meinem Arm.

Keine Sekunde später riss ich die Haustür auf und rannte in die Dunkelheit. Ich wusste das er mir Oberkörperfrei nicht folgen würde. Es regnete in strömen und kalt war es auch noch. Was war das nur für ein März der nicht mal einen Lichtschein durch die grauen Wolken ließ an den Stunden wo es hell sein sollte? Doch die dunklen Wolken welche sich wie eine dichte Decke vor die Sonne legten, verhinderten dies immer und immer wieder.

Ich rannte so schnell wie nie zuvor. Ohne ein Ziel zu haben rannte ich. Das einzige was den Weg erleuchtete waren die Laternen die alle paar Meter ein bisschen Licht schenkten. Wie der Regen auf mich herab prasselte und alles an mir den Regen aufsaugte. Von den Haar zu den Fußspitzen ich spürte ihn überall. Wie er meine Körpertemperatur runterkühlte obwohl ich die ganze Zeit durch die Straßen rannte ohne zu wissen wohin mich meine Beine trugen. Ich hielt diese ganze Fragen nicht mehr aus. Wie ich als weißer Engel unter den Laternen durchrannte nur um wieder von der Dunkelheit verschluckt zu werden. Wie befreiend es sich anfühlte einfach zu ziehen. Einfach mal loszulassen.

Völlig erschöpft blieb ich allerdings im Park stehen, wenigstens wusste ich wo ich war. Meine Kleidung klebte völlig durchnässt an meinem Körper und jagte mir eine Gänsehaut über den Rücken.

Mir liefen leise, Tränen über die Wangen. Ich fühlte im Moment kaum noch was, es tat einfach nur noch weh.

Die Vergangenheit mit der ich abschließen wollte verfolgte mich immer noch und brachte mich immer wieder dazu an mir und meinem Leben zu zweifeln.

Wieso mussten die alten Wunden immer wieder aufgerissen werden und größere Schmerzen hinterlassen? War es etwa lustig mir beim weinen zu zusehen? Zusehen wie mich meine Vergangenheit zerstörte. Zusehen wie schwach und kaputt ich doch eigentlich war. Machte es etwa Spaß mich so zusehen?

Diese Momente zeigten mir immer wieder das mein Leben kein Leben war. Niemand würde mit mir tauschen wollen. Keiner möchte das Spüren was ich spüren musste und trotzdem kann mich keiner verstehen. Keiner würde mich verstehen, weil ihr die Schmerzen nicht aushalten musstest. Die Demütigung die man jeden Tag gespürt hat und diese Hilflosigkeit die Gewissheit das dir keiner helfen kann nicht mal du selbst. Das alles lässt dich innerhalb von kürzester Zeit kaputt gehen. Nach und nach, aber aufhalten kann es niemand mehr wenn es erst mal begonnen hat.

Ich wischte mir die Tränen weg. Es fühlte sich einfach nur schrecklich an. Einfach wie vor zwei Jahren. Ich dachte ich wäre stark genug um damit alleine fertig zu werden. Doch das war ich nicht und ich würde es auch niemals sein.

Ich ließ mich auf eine Bank sinken und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Meine nassen Haare klebten in meinem ebenso nassen Nacken.

Ich hatte schon lange das Gefühl gehabt das sich alles wieder so anfühlen kann wie früher und genau das geschah. Dieses verminderte Selbstwertgefühl konnte ich wieder spüren. Keiner konnte verstehen was ich meinte da man den Schmerz nicht in Worte fassen konnte.

Fight for Breath Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt