Isak lehnte lässig an der Wand und musste unwillkürlich lachen.
„Greta? Wirklich?“, fragte er. Jonas nickte, sah jedoch aus, als könne er es selbst nicht glauben.
Er hielt Isak den Joint hin, aber dieser hatte genug und winkte ab. Sein Husten sagte schon alles.
„Ich konnte es selbst kaum glauben. Sie sieht gar nicht so leicht zu haben aus“ Neben Jonas schüttelte Elias neidisch den Kopf.
„Shit“, sagte er nur. In Isak ging Vieles vor, aber es wäre ihm nie eingefallen, es Jonas zu erzählen. Um seine Gedanken abzuschütteln, hustete er noch einmal künstlich und richtete sich etwas mehr auf.
„Ich glaube, ich gehe langsam“ Enttäuscht schaute Magnus ihn an.
„Bleib doch noch kurz“
„Wieso?“
Jonas lachte: „Es war noch gar kein Drama da. So lange musst du noch bleiben.“
Isak schmunzelte und stieß sich von der Wand des schmalen Badezimmers ab.
„Nope“ Drama war ja schön und gut, aber Jonas hatte Sex in Aussicht oder mindestens ein Hook-Up und das musste er nicht sehen. Also hob er die Hand zum Abschied. Gerade wollte er die Tür aufmachen, da öffnete sie sich schon von allein. Magnus‘ Augen weiteten sich zu Tellern. Shit. Emma. Sie war wunderschön, hatte dunkles, kurzes Haar, aber von Nahem sah sie doch sehr feminin aus. Vielleicht lag es auch eng anliegenden Outfit. Skinny-Jeans, wie sie jeder trug und ein schlichtes rotes Top. Sie ging ungerührt an den Jungs vorbei zum Waschschrank von Evas Mutter und wühlte darin herum. Mit Jonas Blick war alles gesagt. Schon seit Längerem dachten die Jungs, Isak stehe auf sie. Sie war ja auch…hübsch. Dennoch: Sogar seine Jungs glaubten, sie sei eine Nummer zu groß für ihn. Aber wenn er jetzt nichts tat…Was sollten sie denken? Dass er schwul sei? Das überzeugte sein Inneres.
„Hey!“, versuchte es Isak. Er wollte erstmal nur ihre Aufmerksamkeit. Sie drehte sich um, der gedämpfte Partylärm saß ihm im Rücken, aber im Badezimmer war es mucksmäuschenstill. Sogar Magnus hielt dicht. Emma hielt etwas verwirrt inne. „Meinst du mich?“
„Ja“, meinte Isak nur und wartete einige Sekunden. Er spielte etwas nervös mit dem Pillentütchen in seiner Tasche. Was jetzt?
„Weißt du, wie du aussiehst?“
Sogar die Jungs glaubten, es zu wissen. Auch sie. Jeder in der Schule fand, sie sähe aus wie Natalie Portman. Die Ähnlichkeit war nicht zu übersehen.
Sie nickte und wirkte plötzlich etwas gelangweilt. Das konnte er also nicht mehr sagen. Sein Charme musste ran. Isak holte extra tief Luft und schloss die Tür wieder.
„Der kleine Junge…von Stranger Things“ Von seiner Gruppe kam ein lautes Auflachen, aber die Situation war ja noch nicht vorbei. Jetzt hatte er ihre ungeteilte Aufmerksamkeit. Von Elias‘ Gesicht konnte man nur „Das hast du richtig verkackt“ ablesen, Jonas musste immer noch lachen. Emma schien beleidigt, aber keineswegs komplett angeekelt oder so etwas.
„Das war echt nicht nett“, raunte Magnus ihm zu.
„Naja, er ist doch ganz süß…wenn man auf 10-jährige Jungs steht“ Jetzt konnte sich Jonas nicht mehr halten.
Isak entschuldigte sich grinsend und wechselte abrupt das Thema: „Was suchst du?“
Zuerst schien das Mädchen verwirrt. Sie hatte vollkommen vergessen, warum sie überhaupt hier war. Er nutzte den Moment, um näher an sie heranzutreten und einen Blick auf die Packung in ihrer Hand zu werfen. „Allergietabletten“; las er vor und schmunzelte. „Wozu brauchst du die denn? Die machen nur müde“ Ihm fiel die Pille wieder ein.
„Willst du was, was wirklich drauf macht?“ Emma war immer noch verwirrt, aber erwachte aus ihrer Starre. Langsam nickte sie und warf das erste Mal einen richtigen Blick zuerst auf die Gang und dann auf Isak. Sie musterte ihn von oben bis unten und biss sich auf die Unterlippe. Ohne sie aus den Augen zu lassen, holte er das Tütchen aus seiner Hosentasche. Geschickt öffnete er es, holte eine Pille heraus und…
Legte sie sich selbst auf die Zunge. Emma verstand. Die Jungs staunten. Und zwar, als Emma einen Schritt auf Isak zu machte, ihn zu sich heranzog und die Pille nicht nur von der ausgestreckten Zunge nahm, sondern es auch noch mit ihrem Mund machte. Als die beiden miteinander beschäftigt waren, war das für Jonas, Elias und Magnus ein Zeichen. Sie verließen leise fluchend vor Anerkennung den Raum. Und Isak machte einen Fehler. Er öffnete kurz die Augen und schaute Jonas nach. Jonas, der jetzt zu Greta verschwand, während er auch eine Andere küsste. Von der er nicht einmal etwas wollte. Bis er die Augen geöffnet hatte, konnte er noch den Gedanken verdrängen, wer sie war, aber jetzt sah er sie. Zu allem Überfluss wollte sie ihm auch noch an den Gürtel. Mit einem verlegenen Lachen zog er sie hoch und versuchte, die Situation zu überspielen, indem er sich wieder auf ihren Mund konzentrierte.
Beim zweiten Mal konnte er nichts mehr überspielen. Ihre Lippen wanderten an seinem Oberkörper immer weiter hinunter. Kurz spielte Isak mit dem Gedanken, es einfach geschehen zu lassen, aber dann trat er zurück. Sein ganzer Körper verkrampfte sich. Abgesehen davon, dass er nicht irgendwie, irgendwo von irgendeinem Mädchen einen haben wollte, würde sie bemerken, dass er „nicht bereit“ war. Unangenehme Stille füllte den Raum, als er sich gegen die Wand lehnte und hörbar Luft ausstieß. Er wollte gerade etwas sagen, um die Sache zu retten, als jemand hineingestürmt kam.
„Die Bullen sind da!“, brüllte Mahdi in den Raum. Dieser hatte es etwa genauso eilig wie Isak. 1000 Kronen Gras brannten in seiner Tasche. „Shit!“, stieß er hervor. In seinem Kopf dröhnte die Musik.
Fuck the Police comin‘ straight from the underground..
Irgendwo musste er das Zeug loswerden. Emma war wenigstens weg, gleichzeitig kroch eine neue Panik in seinen Körper. Das war nicht das erste Mal, dass die Polizei eine Party dieser Art auflöste, aber sicherlich das erste Mal, während Isak Gras in der Tasche hatte und selbst etwas davon genommen hatte. „Fuck, fuck, fuck“, murmelte er und bahnte sich den Weg durch die Partygäste, die nochmal richtig einen draufmachten. Eva war zu sehr mit Chris beschäftigt, um zu merken, wie Isak unauffällig ein ganzes Tütchen Gras in einer leeren Vase versenkte. Niemand schien es bemerkt zu haben. Erleichterung durchströmte ihn, als er sich auf den Weg zur Tür machte. Polizisten machten ihm einen Strich durch die Rechnung. Am Gartentor kontrollierten ein halbes Dutzend von ihnen jeden Teenager, der das Grundstück verließ. Mahdi hob gerade abwehrend die Hände, aber jeder hatte bemerkt, dass er was genommen hatte. Dabei hatte er nicht annähernd so viel geraucht wie Isak, der fieberhaft nach einer Lösung suchte. Er war oft genug bei Eva gewesen, um zu wissen, dass die Hecke rechts herum ein Loch hatte. Im Schutz der Dunkelheit ging er zielstrebig auf diese Stelle zu und sprang hindurch. Kurz dachte er, jetzt wäre er sicher vor den Bullen, aber natürlich: Eine Polizistin hatte ihn gesehen.
„Hey, warte!“, rief sie ihm hinterher. Isak tat ahnungslos und drehte sich bereitwillig um, wenn auch etwas benebelt. „Wo wolltest du denn hin?“
„Äh, nach Hause“, antwortete er zögerlich. Er kratzte sich am Nacken und schaute sich nervös um.
„Wie heißt du denn?“, fragte die Beamtin, den Block schon gezückt.
„Markus…Johansson“
„Warte kurz“, meinte die Frau und widmete sich einer Rangelei am Gartentor. Genau in diesem Moment der Unachtsamkeit bemerkte Isak Jonas, der ein paar Meter entfernt abfahrbereit auf der Straße stand mit einem Fahrrad. Blitzschnell reagierte er und rannte zu ihm. Ehe die Frau sich versah, waren die beiden Freunde schon um die nächste Straßenecke verschwunden. Der Fahrtwind zerzauste Isaks blondes Haar. Das war knapp.
DU LIEST GERADE
Evak ❤ (OneShots)
Teen FictionNur ein paar sehr abgewandelte Ausschnitte aus Isaks Leben🙂 Betonung auf sehr (!) Aber an wird erkennen, was ich meine, wenn ihr es lest :)