1. Kapitel

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Die Eichenholztür vor mir lässt mein Herz wie wild hüpfen. Unentschlossen starre ich auf die Musterung.

Komm schon Elena, gib dir einen Ruck.

Ich atme tief durch und klopfe dreimal. Ich habe sie ewig nicht gesehen. Wahrscheinlich habe ich deshalb auch so große Angst. Es kann alles Mögliche passieren, sobald sich diese Tür öffnet.

Die Tür geht auf und ich finde mich einem großen, dunkelblonden Mann gegenüber. Überrascht, aber nicht unfreundlich, sieht er mich an. „Kann ich dir helfen?"

Ich nicke. „Entschuldigen Sie die Störung, ich bin Elena Gilbert. Ich suche Jenna."

Ein Ausdruck der Erkenntnis huscht über sein Gesicht.

„Jenna-Liebes, du hast Besuch.", ruft er ins Innere des Hauses. Ich höre es laut scheppern, gefolgt von einem seufzenden Aufstöhnen. Ich muss das leichte Lächeln zurückhalten. Schon früher hat Jenna immer alles fallen gelassen, sobald sie durch irgendetwas oder jemanden unterbrochen wurde. Das hat sich scheinbar nicht verändert.

Eine schlanke blonde Frau erscheint neben dem Mann. An ihren Augen kann ich sehen, dass sie mich sofort erkennt.

„Elena? Was tust du denn hier?"

Ich lächle gezwungen. Sie sieht es sofort. „Komm rein Kleines. Kaffee?"

Jenna ist nicht viel älter als ich. Sie ist die um einiges jüngere Schwester meiner Mutter und hat, als sich ihr die Chance bot, ihre Koffer gepackt und ist aus Mystic Fall verschwunden. Niemand kann ihr das verübeln. Nur meine Eltern tun es. Sie verurteilen Jenna, quittieren ihren Neuanfang in Venice sogar als Familienverrat. Darüber kann ich nur die Augen verdrehen. Sie ist die Einzige, die ihrem Wunsch nach mehr nachgegeben hat. So wie ich jetzt auch.

Jenna und ihr Freund, der sich mir als Alaric Saltzman vorstellt, sitzen mir in ihrem im Landhausstil gehaltenen Wohnzimmer gegenüber. Vor uns stehen drei dampfende Tassen mit Kaffee.

„Wie geht es meiner Schwester?", fragt Jenna vorsichtig. Sie hat meine Mutter immer geliebt, hat versucht Kontakt aufzunehmen und schickte uns sogar Briefe. Aber nichts hat geholfen. All die Briefe sind ungeöffnet im prasselnden Kaminfeuer gelandet. Aber das sage ich lieber nicht. Jenna war immer die Sensiblere der Beiden. Ihr jetzt zu offenbaren, dass meine Mutter ohne mit der Wimper zu zucken alle Versuche einfach vernichtet hat, würde alles nur noch beschissener machen.

Ich zucke mit den Schultern. „Sie ist wütend. Aber das kennen wir ja schon. Jetzt gibt es zwei ausgestoßene Familienmitglieder. Dich und mich." Ich deute nacheinander auf sie und mich.

Irritiert sieht Jenna mich an. „Was ist passiert? Du bist ihre Tochter. Warum sollte sie dich hassen?"

Ich umklammere die strahlendweiße Keramiktasse in meiner Hand. Meine Fingerknöchel treten deutlich hervor. „Ich habe Mystic Falls verlassen."

Beinahe spuckt Jenna ihren Kaffee über den Kaffeetisch. „Du hast was?"

Ich nicke mit bebender Lippe. „Mich hält dort nichts mehr."

Aufmerksam betrachtet meine Tante mich. Ich hingegen sehe mich in ihrem Wohnzimmer um. Ihr stechender Blick erinnert mich zu sehr an das, was ich ihr gleich noch erzählen muss. Ich brauche diese kurze Verschnaufpause, damit ich nicht vorher zusammenklappe. Gegenüber von mir ist eine breite Glastür, hinter der das offene Meer zu sehen ist. An den Wänden hängen Bilder von Jenna und Alaric: Wie sie in die Kamera grinsen während hinter ihnen die Sonne untergeht. Ein Partygruppenbild in einem Restaurant. Und sogar ein Familienfoto mit Mom, Dad, Jenna, Jeremy und mir vor einem Weihnachtsbaum.

Wenn es sich richtig anfühlt, kann es dann falsch sein?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt