Alternatives Ende.

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"Who cares if someones time runs out,
if a moment is all we are?"
- One More Light, Linkin Park (Könnte immer noch heulen)

Warnung: Feels ahead

~~~

"Warte. Wo ist Ardy?"
Bereits als die Worte meinen Mund verließen, kannte ich die Antwort. Vielleicht war es geschwisterliche Intuition, vielleicht lag es aber auch an der kleinen Frau, die sich offensichtlich Tränen aus dem Gesicht wischte, während der Notarzt mit dem Kopf schüttelte.
Ardian verblutete noch am Unfallort.

"Ich hab Angst, nicht richtig gelebt zu haben, bevor ich ins Graß beiße. Aber ehrlich gesagt, denke ich, dass ich das bereits habe. So komisch es sich anhören mag, aber ich liebe mein Leben. Deshalb ist's mir auch so ziemlich egal. Himmel. Hölle. Schwarz. Ich nehm's wie's kommt." 

 Ardy hatte keine Angst vor dem Tod. Das hatte er selbst gesagt. Es hätte eine Schmerzlinderung sein sollen. War es aber nicht. Ich konnte mich nicht verabschieden. Und das Schlimmste war, dass ich nie wieder die Möglichkeit dazu bekommen würde. Ich würde ihm nie sagen können, wie sehr ich ihm dankbar war. Nicht nur, dass er mich heute aus den Fängen eines kranken Soziopathen gerettet hatte, sondern auch einfach dafür, dass er mein Bruder war.

Manchmal dachte ich, ich hätte verlernt, wie man weint. Zumindest bis zu diesem Moment, als meine Beine unter mir nachgaben, so dass ich auf dem Boden aufgeschlagen wäre, hätte Luna mich nicht festgehalten. Wie auch immer sie es geschafft hatte mehr oder weniger die Fassung zu bewahren, während aus meiner Kehle ununterbrochen Schmerzensschreie entwichen.

Es schien eine Ewigkeit zu dauern, um mich wieder halbwegs zu beruhigen. Eine Ewigkeit, in der mir Luna unentwegt über den Rücken strich und mir beruhigende Worte ins Ohr flüsterte, von denen ich kein Einziges hörte. Jetzt taten meine Augen weh. Es war mir nicht mehr möglich zu weinen. Der Knoten in meinem Bauch schien sich jedoch nie mehr lösen zu können.
"Geht's?", flüsterte Luna, während sie krampfhaft versuchte ihre starke Fassade aufrecht zu erhalten.
Ich nickte, aber ihre Augen hatten sich bereits auf einen Punkt hinter mir fixiert.
"Ich lasse euch beide mal alleine."
Sie half mir noch kurz auf die Füße, bevor ich mich umdrehte und seit der Hiobsbotschaft das erste Mal wieder Taddl gegenüber stand. Seine Augen waren mindestens genauso rot wie meine. Auch er hatte geweint. Es war keine Premiere, dass er seinen besten Freund verlor, aber diesmal war es endgültig. Und das war auch Thaddeus Tjarks nicht gewohnt.
"Es tut mir leid", flüsterte er mit gebrochener Stimme. Ich antwortete nicht, starrte stattdessen auf den Beton. Mir war nicht danach mit ihm zu reden. Er realisierte das schnell.
"Bitte sag etwas."
"Das Gefühl einen Bruder zu haben, dass da jemand in der Familie ist, dem du doch nicht egal bist, war das beste, was mir je passieren konnte. Und jetzt", ich atmete tief ein, um die Wahrheit auszusprechen, "ist Ardy tot. Mein Bruder ist heute gestorben. Dein bester Freund, Taddl, und ich kann niemand anderem die Schuld dafür geben als dir. Weil es immer nur um dich ging. Nur dich. Erst als du realisiert hast, dass du alleine bist, hast du angefangen zu verstehen", ich versuchte seinem Blick standzuhalten, während ihm stumm die Tränen über das Gesicht liefen. Auch wenn es mir das Herz brach, "Und ich habe eins gelernt: Dein Ego ist so groß, dass es in deinem Leben nur Platz für einen Menschen gibt. Und das bist du selbst.
So leid es mir tut, Thaddeus, ich will und kann damit nicht leben.
Bitte bau' keine Scheiße. Ich gehe in die eine Richtung, du in die andere. Bring dich nicht in Gefahr und hau' hier ab."
Ich hatte keine Ahnung, wie ich es schaffte meine Stimme ruhig zu halten. Ich schrie nicht. Ich weinte nicht. Meine Stimme klang einfach unendlich nur traurig.
Mein Gegenüber schloss die Augen und presste die Lippen aufeinander, um einen Schluchzer zu unterdrücken. Ich überwand die Distanz zwischen uns, nahm seine Hände in meine, so dass er mich ansah, die blauen Augen voller Schmerz und Reue.
"Ich liebe dich. Aber das ist für mich kein Grund mehr um zu bleiben."
Ich küsste ihn ein letztes Mal, bevor ich mich umdrehte und mich von ihm entfernte.
Er schluchzte. Mir liefen die Tränen.
Ich drehte mich nicht um. Er lief mir nicht nach.
Ich ging in die eine Richtung. Er in die andere.

Vik und Luna standen zusammen mit Marley bei meiner Mutter vor einem der Rettungswagen. Als sie mich sahen unterbrachen sie ihr Gespräch, Vik legte einen Arm um mich und flüsterte: "Alles in Ordnung?"
Ich nickte nur, da ich nicht wusste, ob es mir möglich war zu reden, ohne gleich wieder in Tränen auszubrechen.
"Charleen, ich weiß, das ist nicht im Geringsten eine Wiedergutmachung, aber ich möchte dir das hier geben", sagte meine Mutter, während sie mir einen Schlüssel hinhielt. "Ihr solltet so schnell wie möglich hier verschwinden. "Der Schlüssel ist für ein ziemlich abgelegenes aus im Norden. Direkt am Meer. Ihr könnt es benutzen."
Meine Hände schlossen sich um das Metall - und gaben es ihr so schnell wie möglich wieder zurück.
"Ich will deine Hilfe nicht. Jetzt und für immer. Das Einzige, was du für mich tun kannst, ist schnellstmöglich aus meinem Leben zu verschwinden."
Sie nickte traurig. "Das muss ich wohl akzeptieren. Lebe wohl, Charleen."
Ich tat nichts, außer stumpf zu nicken. Ich hatte keine Abschiedsworte.
Nachdem sie gegangen war, wandte ich mich meinen Freunden zu.
"Ich kann euch zu nichts zwingen. Falls ihr bei Taddl bleiben wollt, kann ich das verstehen, ich bin euch auf keinen Fall böse. Aber ich würde mich freuen, wenn ihr mich begleitet. Wohin auch immer."
Luna nahm meine Hand und drückte sie leicht. Sie würde bleiben.
Auch Vik und Mary lächelten mir aufmunternd zu.
"Also, wo soll's denn hingehen, jetzt wo uns die Welt offensteht?", versuchte Marley die Stimmung aufzuheitern.
Ich zwang mich zu einem Lächeln, bevor ich antwortete.

"Wie wär's mit 'nem Roadtrip?"

Criminal Mind ||Taddl||Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt