5.

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Ich lief durch einen Tunnel. Es war stockdunkel, doch am Ende des Tunnels - ganz weit entfernt - war ein Licht zu sehen.

  Plötzlich hörte ich ein Schreien. Es erschütterte mich bis ins Mark.

  Ich lief schneller. Schneller in Richtung Licht, von wo die Schreie kamen.

  Mein Herz pochte und die Muskeln hatten immer weniger Kraft - ich lief seit einer Ewigkeit.

  Das Schreien wurde immer mehr zu einem Wimmern und jedes Geräusch, was der Junge von sich gab, ließ mein Herz zerreißen.

  Als ich ihn dann endlich sah, gaben meine Beine nach. Mein Herz blieb stehen und ich bekam keine Luft mehr.

  Nun war ich es, die schrie und ich konnte nicht verhindern, dass mir die Tränen in Strömen aus den Augen flossen.

  Vor mir saß ein todtrauriger, verletzter und depressiver Jungkook und ich wusste, dass ich der Grund für seine Trauer war...

~

  Ich schreckte hoch und rang mühsam nach Luft. Ich keuchte und war nass geschwitzt. Wo war ich? Ich sah mich suchend um. Ein Tunnel! Ich bekam Panik und meine Atmung wurde noch hecktischer. Doch dann gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit und ich erkannte ein Zimmer.

  Ich atmete erleichtert auf und beruhigte mich, als ich begriff, dass ich mich in meiner Wohnung in Seoul befand.

  Ich stand auf und schaltete das Licht ein. Ich wurde sofort etwas ruhiger, doch meine Kehle brannte, als hätte ich Tage in der Wüste verbracht - ohne Wasser - und um Hilfe geschrien.

  Ich stürzte mich hustend in die Küche und trank eine ganze Flasche Wasser.

  Anschließend war ich so hellwach, dass an Schlaf nicht mehr zu denken war. Ich sah auf die Uhr, die zwei Uhr anzeigte.

  Super. Was mache ich jetzt - wach, mitten in der Nacht?

  Ich entschied mich, den Fernseher einzuschalten und wollte mich gerade zwischen die Sofakissen quetschen, als ich plötzlich von dem Klingeln meiner Wohnungstür erschreckt wurde. Wer war das?

  Ich ging zur Tür - unentschlossen, ob ich öffnen sollte oder nicht. Ich war zu neugierig und machte sie dann mit zitternden Fingern auf.

  Ich blickte in zwei braune Augen.

  ,,Tae?'', fragte ich verwundert. ,,Was machst du hier?''

  ,,Dich fragen was los ist, vielleicht?'', knurrte er verschlafen und verschränkte die Arme vor der Brust.

  ,,Huh?", machte ich und sah ihn verwirrt an. Wovon sprach er?

  ,, Du hast geschrien.", murmelte er zerknirscht und fügte dann hinzu: ,,Ich habe mir Sorgen gemacht."

  Sorgen? Um mich?

  Er schluckte und sah mir in die Augen. Ich verfing mich wieder in seinen und obwohl es recht dunkel war, leuchteten sie wie Sterne. Mit diesem hellen Funkeln in den dunkelbraunen Augen, was durch die Dunkelheit schien, sah er fast schon mysterisch aus.

  Mysterisch gut.

  ,,Tut mir leid.", nuschelte ich. ,,Ich habe schlecht geträumt." Ich lächelte ihn leicht traurig an.

  ,,Willst du drüber reden?", fragte er - immer noch besorgt.

  Warum machte er sich Sorgen um mich?

  ,,Naja. Es ist kompliziert." Ich zuckte scheinbar gleichgültig mit den Schultern.

  ,,Darf ich dich wenigstens ablenken?", zwinkerte Tae mir zu und behielt dabei eine komplett ernste Miene.

  Ablenken? Wie meinte er das?

  Ich sah anscheinend sehr verwirrt aus, denn er lachte und sagte: ,,Wir könnten zum Beispiel bei mir Tischkicker spielen, Ich weiß, es klingt komisch, aber es ist eine Ablenkung und macht Spaß." Er hielt kurz inne. ,,Wir können aber natürlich auch etwas Anderes machen...", grinste er vielsagend und fing sich einen leichten Boxer von mir ein.

  ,,Pabo!", lachte ich amüsiert. ,,Da nehm' ich lieber den Tischkicker."

  Er tat so, als würde er schmollem. ,,Schade..."

  Er lachte und ich fiel mit ein, während ich den Kopf schüttelte. Er grinste und ich folgte ihm in seine Wohnung.

~

,,Gewonnen!", lachte ich etwas später. ,,Schon wieder? Du mogelst!", lachte Tae und raufte sich die Haare.

  ,,Nein, ich bin einfach besser als du!", grinste ich und deutete auf den Punktestand.

  ,,Das ist unmöglich.", schüttelte er den Kopf.

  Ich ließ mich erschöpft auf sein Sofa fallen.

  ,,Puh...", seufzte ich müde und sah Tae an.

  ,,Schon müde, Nu?", lächelte er schief und setzte sich neben mich. Ich sah auf meine Uhr.

  ,,Es ist schon fünf Uhr morgens."

  Er zuckte grinsend mit den Schultern. ,,Wie die Zeit so dahinfließt, wie der Schweiß guter Tischkicker-Spieler."

  Ich musste wieder lachen. Ihm fiel auch echt in jeder Situation ein passender Spruch ein.

  Ich betrachtete ihn nun genauer als je zuvor. Warum ist er nur so unnormal schön?

Ich seufzte aus Versehen.

  ,,Hmm?", fragte er und sah mir suchend in die Augen.

  Ich komme noch immer nicht auf seine Augen klar...

Wie peinlich musste ich nur auf ihn wirken?

  Ich räusperte mich und zwang meine Augen ihn nicht anzusehen, um mich nicht wieder in seinen Augen zu verlieren.

  ,,Alles gut.", antwortete ich dann und fügte hinzu: ,,Ich bin nur langsam müde."

,,Dann geh schlafen, Nu.", sagte er und es klang fast schon nach einem Befehl. Ich gähnte bestätigend und stand vom Sofa auf.

,,Danke, Tae.", bedankte ich mich. Er hatte es echt schon zum zweiten mal geschafft, mich abzulenken.

,,Dafür doch nicht.", lächelte er. ,,Und jetzt schlaf gut." Er zwinkerte mir zu.

Wir standen ein paar Sekunden unschlüssig rum, bevor wir uns dann zum Abschied umarmten.

Es war das erste mal, dass ich ihn berührte und ich bekam sofort eine Gänsehaut und mein ganzer Körper begann zu kribbeln. Ich versuchte diese Tatsache zu verdrängen und beschloss es zu vergessen. Ich löste mich schnell von ihm und verließ fluchtartig seine Wohnung.

Mr. Right  // FF xTaehyungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt