Sechsunddreißigstes Kapitel

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Ich sah aus dem Fenster meinen Zimmers auf den Hof hinunter. Nur ein Stallbursche, der die Pferd, die auf der Weide gestanden hatten, reinholte, war zu sehen.

Als das Licht in der Boxengasse ausging, blickte ich immer noch aus dem Fenster. Verschiedene Gedanken schwirrten in meinem Kopf umher, an Schlaf war nicht zu denken.

Ich war über meine Gedanken leicht eingedöst nun weckte mich einpolterndes Geräusch. Ich schreckte auf, meinen Blick sofort auf den Stall gerichtet. Bis bald... Diese Stimme kannte ich nur zu gut aber sie hatte einen unwirklichen Unterton. Er konnte es nicht sein, doch dann sah ich Fire, wie er den Weg zum Wald entlang schoss. Kein Pferd konnte ihn einholen, aber eine Maschine war durchaus fähig dazu. Mein Motorrad! Viel es mir siedend heiß ein. Ich packte meine Lederjacke und jagte auf den Hof. Ich fuhr langsam an, um nicht den ganzen Hof zu wecken. Diese Angelegenheit betraf nur Fire und mich, ein anderer wäre hier fehl am Platz.

Sobald ich den Waldweg erreicht hatte, gab ich Gas. Es nieselte leicht und der Waldboden war feucht, gut für mich, schlecht für Fire, denn in dem Sandboden waren seine Spuren deutlich zu erkennen.

Die Maschine wirbelte Sand auf als sie in voller Geschwindigkeit daherraste. Zum Glück war Fire nicht in den Wald gelaufen, dort hätte ich ihn kaum finden können. Jetzt verließ ich den Waldweg und bog auf einen harten Feldweg ein. Hier war die Spurensuche schwieriger, der Weg war hart und festgetreten, nur hier und da war ein leichter Abdruck seiner Hufe zu finden.

Bald darauf sah ich einen kleinen schwarzen Punkt am Horizont laufen. Ich beschleunigte auf die höchste Geschwindigkeit und holte Stück für Stück auf. Fire hatte mich schon längst entdeckt, aber meinem Tempo konnte er auf keine Weise standhalten.

Ich erreichte ihn und griff nach dem Halfter, was er immer trug. Doch er war nicht auf den Kopf gefallen. Sofort wich er aus und stieg, versuchte die Maschine zu zerstören. Ich ließ den Motor aufheulen, direkt hob Fire erschrocken den Kopf. Diesen Moment der Verwirrung nutze ich, um das Halfter zu ergreifen. Kaum spürte er den Druck auf seinem Nasenbein, sprang er blitzschnell zur Seite. Überrascht von dieser ruckartigen Bewegung verlor ich das Gleichgewicht. Sobald der Hengst meine Unsicherheit spürte, rannte er los. Ich wurde von der noch laufenden Maschine gerissen und über den Boden geschliffen. Ich ließ nicht los, sondern hängte mich mit meinem ganzen Gewicht an das Halfter. Fire riss den Kopf hoch und rannte schneller, doch loslassen konnte ich nicht mehr. Ich spürte meinen Arm nicht, in einer Verkrampfung, die ich nicht lösen konnte, umschloss meine Hand das Halfter. Ich spürte den Boden unter mir dahinziehen und meine Haut blieb in Fetzten an den Steinen hängen. Für Schmerz blieb keine Zeit, weiterhin versuchte ich Fire zum Halten zu bringen, doch er lief weiter.

Er war langsamer geworden doch immer noch lief er unbeirrt Richtung Osten. Was er da wollte, wusste ich nicht, aber er lief und lief.

Ich hob angestrengt den Kopf und sah eine Rennbahn. Wir waren zu Charlys Gehöft gekommen. Fire raste an Traningspferden und Paddocks vorbei, mit mir im Schlepptau, als wäre ich ein ungewolltes Gepäckstück, das man loszuwerden versuchte.

Die Stallburschen versuchten, uns aufzuhalten, was ihnen nicht gelang. Ich spürte wie die Kraft aus meinem Körper wich. Ich erspähte einen niedrigen Zaun, betete das Fire anhalten würde. Schier unaufhaltsam galoppierte der Hengst darauf zu und ich machte mich schon bereit, dagegen geschleudert zu werden, doch kurz davor, stemmte er alle vier Beine in den Boden und hielt an. 

Ich versuchte aufzustehen, sank aber wieder zurück. Meine Hand, wundgescheuert vom rauen Stoff des Halfters, löste sich von diesem und viel taub zu Boden.

Fire beschnupperte mein Gesicht. Der warme Atem des Hengstes tröstete mich und es schien mir plötzlich, als wäre er wieder der Alte.


Ich nahm kaum noch wahr, wie ein Kranken wagen vorfuhr. Ein Arzt beugte sich über mich: "Hallo? Können sie mich hören?" Ich öffnete die Augen ein kleines Stück, dann übermannte mich eine schwarze Welle des Unbewusstseins. 

Fire DevilWo Geschichten leben. Entdecke jetzt