POV Luke
Ich war mitten in einem Telefonat mit dem Dolmetscher eines Bosses der größten Versicherungsfirma in gesamt Ostasien, als mich ein zögerliches Klopfen an meiner Bürotür für eine kurze Sekunde aus dem Konzept brachte, meine sonst so sicheren Worte haspelnd und sich überschlagend.
Gekonnt die Störung und mein Worthänger überspielend und ignorierend, diskutierte ich weiter über die geplante Vergrößerung meines Konzernes über den Ozean und die Verbindung der zwei Großfirmen, die angespannte Falte zwischen meinen Augenbrauen tiefer und tiefer werdend, während meine Finger sich fester um den Hörer schlossen.
Man möge meinen, dass ich nach all den Jahren und einer lebenslangen Erziehung meines Vaters, der keine Art von Unprofessionalitäten auch nur in geringster Weise in unserem Haus geduldet hatte, immun gegen Auseinandersetzungen und dem Druck, der mit solchen Entscheidungen kam, geworden wäre, doch leider spürte ich jetzt schon ein annähernden Kopfschmerz in meiner Schläfe klopfen.
Es blieb kurz still, die für mich gesichtslose Stimme am anderen Ende der Leitung hatte mich in die Warteschleife gesetzt, um wahrscheinlich seine nächsten Argumentationsschritte mit den an deren Führern seines Unternehmens zu beraten.
Diese Stille wurde allerdings durch ein erneutes, dieses mal etwas ungeduldigeres, Klopfen unterbrochen, gefolgt von einem dumpfen Ton, der einem Schuh glich, der gegen lackiertes Holz traf.
Mit einem gereizten Schnaufen, erhob ich mich aus meinem Sessel, der schon klare Anzeichen von seinem täglichen Gebrauch zeigte, den ich allerdings für nichts in der Welt ersetzen würde, auch wenn mein Vater das verschlissene Leder wohl als höchst unangebracht für das Büro des Firmenchefs halten würde. Dann vergewisserte ich mich, dass die Leitung meines Telefonats immer noch unterbrochen war, und trat mit langen Schritten zu der Tür.
Normalerweise verstanden meine Mitarbeiten den Wink mit dem Zaunpfahl, wenn sie nicht direkt rein gebeten wurden und ließen mich in Ruhe.
Schwungvoll riss ich die große, einladende Tür auf und wollte mich gerade über die Störung beschweren, wenn doch jeder wusste, dass das Gespräch, das ich gerade führte, ein Wichtiges für die Zukunft des Unternehmens war, als mein Blick sich mit einem mir scheinbar unbekannten Jungen kreuzte.
Versucht ordentlich gestyltes, kupferfarbenes Haar, dass dennoch seinen klar natürlichen struppigen Charakter nicht verlieren konnte, eine sportliche Figur, in ein einfaches Hemd und Anzughosen gesteckt, die ihm zwar ausgezeichnet standen, aber ebenfalls wohl weniger seinem natürlichen Style entsprachen und ein verblüffendes Paar von grauen Augen, die in meinem Hinterkopf irgendeine Erinnerung aufflackern ließen.
Die Erinnerung eines schlaksigen Jungen, der mit seinen Freunden lachte und sich wild hin und her schubste.
Allerdings lachte der Junge vor mir nicht. Ganz im Gegenteil, sein Blick war eine Mischung aus Wut und klarer Genervtheit, die mir plötzlich klar machte, dass ich wohl irgendetwas vergessen hatte.
„Ehm, kann ich ihnen irgendwie helfen, oder treten sie einfach in ihrer Freizeit gerne als Hobby Türen ein?" fragte ich, der kleine Ansatz an Humor, der selbst mich überraschte, da ich selten für Leute, die mich unterbrachen so eine Geduld hatte, wurde allerdings von der Schärfe meines Tones zerbrochen.
Der Junge vor mir, kniff seine Augen zu kleinen Schlitzen, ehe er sich trotz seinem um einiges kleineren Körpers aufbaute, seine Schultern straffte und unbeeindruckt mit einem ähnlichen Biss in der Stimme zurück schoss:„Ich hoffe doch sehr, dass sie mir helfen können. Ich habe nämlich hoffentlich nicht umsonst eine Stunde vor ihrem sche- vor ihrem Gebäude hier in der Kälte gewartet, nachdem sie mich um diese Zeit hier hin bestellt und mich dann einfach anscheinend vergessen haben."
Verdutzt starrte ich auf den Typen herab, meine Erinnerungen an ihn sich langsam in meinem Gedächtnis wieder miteinander verbindend.
Etwas hilflos hob ich den Blick, welcher die meiner Mitarbeiter traf, deren Augen sich ertappt, schnell wieder auf ihre Computerbildschirme hefteten.
„Oh die Unannehmlichkeit tut mir doch sehr leid, Mr. Krehling. Das hat natürlich alles seine Gründe. Musste erstmal testen, ob sie das Praktikum wirklich wollen, oder einfach nach Hause gehen. Ein kleiner Test, wissen sie." Lachte ich etwas unbeholfen, ehe ich mit einem schnellen Blick auf meine Kollegen überprüfte, ob sie mein Missgeschick hinterschaut hatten, oder mir die in meinem Kopf in diesem Moment komplett logisch erscheinende Erklärung geglaubt hatten und griff den etwas verwirrt aber nicht minder entrüsteten Jungen am Oberarm in mein Büro, die Tür hinter ihm behutsam schließend.
Ich atmete einmal tief ein und aus, die Hand noch für einen Moment auf der Türklinke verruhend. Warum in aller Welt hatte ich mich nicht noch einmal bei der Lehrerin dieser Klasse gemeldet und mich mit übertriebenen Entschuldigungen abgemeldet, dass ein Praktikum leider doch nicht möglich war?
Was sollte ich jetzt bitte mit diesem Kind in meinem Weg eines Deals, ohne Probleme mit der Schule zu bekommen, sobald sie erfuhr, dass ich einen ihrer Schüler für Stunden in eine der Toiletten eingesperrt hatte?
Mit einem Seufzen drehte ich mich auf dem Ansatz um und fixierte mich auf den Jungen, der mit großen Augen in der Mitte des großen, durch die großen Fenster mit natürlichen Licht erleuchteten Raum stand, und sich ehrfurchtsvoll umsah, der wütende Ausdruck von vor wenigen Sekunden komplett aus seinem Gesicht verschwunden und stattdessen durch kindliches, ehrliches Interesse ersetzt, während er einige Schritte näher an die Glaswand trat und hinab über ganz London starrte, das ihm nun hier im obersten Stock zu Füßen lag.
„Oh wow." stieß der Junge voller Überwältigung aus, die Hände gegen das kalte Glas pressend und ich unterdrückte das Kommentar, dass er so Flecken auf dem Glas hinterlassen würde, als mich seine Worte aus der Starre gerissen hatte, in der mein Blick unverwandt auf dem Jungen vor mir gefesselt war.
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Not a Business Thing
General FictionAls Max bei einem Schulausflug den jungen CEO Luke fasziniert und dieser sich abwesend dazu überreden lässt, diesen als Praktikanten für zwei Wochen zu beschäftigen, beginnt das ganze nicht besonders angenehm für beide. Doch wie wird es Enden?