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POV Max

Mein Kopf schwirrte den Rest der Führung und ich bekam noch weniger mit als vorher. Was wollte dieser Typ denn jetzt von mir?

Je mehr wir uns dem Ende näherten, desto stärker wurde das ungute Gefühl in meiner Bauchgegend und ich hätte mich wortwörtlich übergeben können, als sich Mr Jones mit den Worten „So, hier wären wir nun am Ende. Ich hoffe ihr konntet heute wenigstens ein wenig mitnehmen und ich konnte eure Fragen zur Genüge beantworten. Auf Wiedersehen.", verabschiedete und mich danach mit einem Kopfnicken zu sich winkte.

„So. Mr." , erwartungsvoll sah er mich an und ich nannte ihm meinen Nachnamen. „Krehling", stammelte ich schnell und er nickte. „Mr. Krehling, ihre Lehrerin hat mich gebeten einen von euch Schülern als Praktikant für einen gewissen Zeitraum aufzunehmen und die Wahl ist auf Sie gefallen. Ich hoffe Sie stellen sich besser an als bei der Führung. Ich erwarte Sie kommenden Montag um 7:30 Uhr hier vor dem Gebäude. Einen schönen Tag noch."

Mit diesen Worten und einem weiteren Nicken drehte Mr Jones sich auf dem Absatz um und steuerte auf den Aufzug zu, der direkt in sein Büro führte und für den nur er und seine Assistentin einen Schlüssel besaßen.

Verdattert stand ich für einen Moment noch weiterhin in der Eingangshalle, bevor ich mich umdrehte und mich beeilte meine Klasse einzuholen, welche natürlich nicht gewartet sondern bereits den Weg zur Bahn oder den Bussen angetreten hatte. Genervt und verwirrt schloss ich mich ein paar Jungs an, welche das gar nicht wirklich mitbekamen und mich zum Glück auch nicht darauf ansprachen. Ich war viel zu sehr in meinen eigenen Gedanken versunken und vor allem sauer, weil ich wusste dass ich jetzt erstens so nem blöden Typen für zwei Wochen Kaffee machen musste und zweitens weil das während der Schulzeit war und ich den ganzen Stoff zusätzlich alleine nachholen durfte. Die nächsten Klausuren konnte ich damit schon mal abhaken, ich wusste genau, dass ich nicht ordentlich nachholen sondern absolut gar nichts machen würde wenn kein Lehrer mich dazu zwingt.

Wieso hatte mich denn eigentlich keiner gefragt ob ich das überhaupt machen wollte? Schon klar ich bin ja nur ein Schüler mich braucht man nicht fragen. Ich find mit 17 darf ich ja wohl selbst entscheiden ob ich nem blöden Arsch seine Papiere hinterher tragen will oder nicht. Naja offensichtlich sehen meine Lehrerin und Mr ach-so-erfolgreich das anders.

Als ich nach Hause kam warf ich vielleicht ein bisschen zu aggressiv meinen Schlüssel auf die Ablage über dem Schuhschrank und pfefferte meine Schuhe eher weniger ordentlich in die Ecke. Meine Eltern waren noch arbeiten und meine kleine Schwester blieb heute bei ihrer Freundin, also hatte ich meine Ruhe fürs erste.

Meine Tasche stellte ich auf dem Schreibtischstuhl ab und mit einem seufzen ließ ich mich in meinen Sessel sinken. Ich wusste nicht was ich von diesem Tag halten sollte. Ich wollte das Praktikum eigentlich nicht machen aber drum rum kam ich jetzt bestimmt nicht mehr. Außer ich stellte mich krank. Aber wie sollte ich mich ganze zwei Wochen krank stellen ohne auch nur Anzeichen von einer Erkältung zu haben? Das nahm mir niemand ab. Und dann noch dieser hochnäsige Firmenleiter. Mit dem werd ich ja noch Spaß haben. Man bemerke die Ironie. Dieser Typ war doch mal wieder das komplette Gegenteil von mir. Zielstrebig, arrogant und wahrscheinlich absolut humorlos. Ein Workaholic.

Das konnte ich von mir nicht unbedingt behaupten, da ich meiner Wii und Playstation von früher immer noch sehr treu war und viel Zeit vor beiden verbrachte, wodurch ich an Arbeit eigentlich fast gar nichts schaffte. Außer kurz vor den Klausuren oder für meine Lieblingsfächer, denn auch wenn ich kein fleißiger Mensch war, ich nahm meine Noten und die damit zusammenhängende Zukunft sehr wohl ernst. Nur wahrscheinlich weniger als es sich meine Eltern oder manchmal auch ich wüschen würden. Trotzdem kam ich mit einem guten zweier Schnitt ganz gut über die Runden.

In Gedanken scrollte ich durch Instagram, danach durch Snapchat und zum Schluss beantwortete ich noch meine Whatsapp Nachrichten. Manchmal war dieses Social Media Zeug echt ermüdend. Ich wollte eigentlich gar nicht immer auf dem neusten Stand von allem sein und doch wurde es irgendwie von einem erwartet und sind wir mal ehrlich, ich ließ mich auch viel zu leicht ablenken.

Meine Hausaufgaben erledigte ich dann doch tatsächlich noch und als würden meine Eltern es wittern, dass ich fertig war mit meinen Aufgaben, kamen sie fröhlich plappernd in dem Moment die Haustür rein, in dem ich meinen Block zuschlug.

Meine Eltern waren süß zusammen, wenn man das so über seine Eltern überhaupt sagen konnte. Man merkte, dass sie immer noch verliebt waren und mein Vater holte meine Mutter jeden Tag von der Arbeit ab, sodass sie zusammen nach Hause fahren konnten. Ich lächelte. So etwas wollte ich später auch haben. Auch nach 23 Jahren Beziehung diese Art von Zusammenhalt und Liebe spüren.

Ächzend erhob ich mich aus meinem Sessel, denn warum sollte man seine Hausaufgaben auch am Schreibtisch machen wenn es überall anders viel bequemer ist, und begab mich Richtung Küche. Wenn die beiden schon zu Hause waren, hieß das, dass Lily auch bald gebracht werden würde und demnach würden wir bald anfangen zu kochen.

Das war so eine Art Tradition in unserer Familie, dass wir so oft wie möglich zusammen kochten. Ich mochte es, sogar sehr. Es gab mir immer ein Gefühl der Geborgenheit und die Illusion das alles gut war. Abschalten würde mir gut tun. Nachdenken über blöde Praktika und arrogante Chefs hatte ich für heute eindeutig genug.

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